Fortbildung zum Nulltarif

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Fortbildung kann anstrengend sein. Teuer muss sie aber nicht sein. Kleinen Firmen greift jetzt jedenfalls die Arbeitsagentur unter die Arme.⋌Foto: red Foto: red

Ohne Qualifizierung der eigenen Mitarbeiter drohen in vielen Betrieben Lücken. Das gilt auch in kleinen Firmen, denen eine neue 100-Prozent-Förderung der Arbeitsagentur helfen soll.

 
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Wenn von einer Entscheidung verschiedene Seiten profitieren, nennt man das gerne eine Win-Win-Situation. Birgit Obermaier fügt noch ein drittes „Win“ hinzu. Die Teamleiterin des Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit in Bayreuth spricht von eine Win-Win-Win-Situation. Ihrer Ansicht nach ziehen nämlich Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der gesamte Wirtschaftsraum ihren Nutzen aus neuen Fördermöglichkeiten bei der Weiterbildung von Beschäftigten: Seit 1. Januar kann die Agentur für Arbeit Qualifizierungen von Arbeitnehmern mit 100 Prozent fördern, wenn diese in Unternehmen mit weniger als zehn Vollzeitbeschäftigten arbeiten. Der Gesetzgeber will die Wettbewerbsfähigkeit von Kleinunternehmen stärken und sie als Arbeitgeber attraktiver machen.

Keine eigenen Bildungsabteilungen

Davon gibt es, wie Andrea Bachmann-Jung vom Arbeitgeber-Service Selb Marktredwitz betont, viele: Allein im Bereich der Arbeitsagentur Bayreuth-Hof sind es 9680, im Bereich der Agentur Bamberg-Coburg 12 372. Viele diese Firmen tun sich nach Einschätzung von Bachmann-Jung mit der Weiterbildung ihrer Beschäftigten schwer, denn sie haben anders als große Firmen oder auch als Konzerne keine eigene Bildungsabteilungen im Haus. Und ihnen fehlten oft auch die finanziellen Mittel für Weiterbildung. Denn so manche Qualifizierung könne mehrere Tausend Euro kosten. Der Gesetzgeber ermöglicht diese 100-Prozent-Förderung mit einer Neuregelung der sogenannten „WeGebAU“-Förderung; die Abkürzung steht für „Weiterbildung für geringqualifizierte Beschäftigte in Unternehmen“.

Mindestens 160 Stunden

„Für mich ist das typische Beispiel die freie Kfz-Werkstatt mit drei, vier Leuten“, sagt Birgit Obermaier. „Die hat einfach nicht die Logistik, um Fortbildungen wie große Konzerne anzubieten.“ Die neue Förderung steht für kleine Unternehmen in allen nur denkbaren Branchen offen: „Das kleine Busunternehmen sucht Fahrer, der IT-Dienstleister einen speziellen Programmierer, der Kurierdienst mit sieben Mitarbeitern Lkw-Fahrer, der Pflegedienst mit elf Teilzeitangestellten eine Geronto-Fachkraft“, listet Andrea Bachmann-Jung auf. Denkbar sei die Finanzierung des Lkw-Führerscheins ebenso wie der Business-Englisch-Kurs. Voraussetzung ist nur, dass der Betrieb eben unter der Marke von zehn Vollzeitbeschäftigen liegt und dass die Weiterbildung mindestens 160 Unterrichtsstunden umfasst. Zudem muss sie für die Förderung bei der Arbeitsagentur anerkannt sein.

Kein Selbstweck

Fortbildung ist aber kein Selbstzweck, sondern dringend notwendig. „In vielen Kleinbetrieben ist die Personalnot deutlich spürbar“, sagt Bachmann-Jung. Angesichts des demografischen Wandels fehle in vielen Berufen der Nachwuchs, dafür gebe es ältere Arbeitnehmer, die man weiterbilden könne: „Für unseren Raum ist die Weiterbildung enorm wichtig.“

Viel Bedarf im Pflegebereich

Das ist ein Aspekt, den auch der Sprecher der Arbeitsagentur Bamberg-Coburg, Matthias Klar, so sieht. Man habe bereits fünf Fortbildungen aus diesem Förderprogramm laufen – zum Beispiel für die Qualifizierung einer Betreuungskraft für Demenzkranke oder eines Beschäftigten in einer Physiotherapiepraxis für die Lymphdrainage. „Gerade im Pflegebereich gibt es ja viele kleinen Betriebe, die hier profitieren können.“ Aber die Fortbildung nützt auch den Beschäftigten. „Die Arbeitnehmer verbessern ihre Chancen auf Beschäftigung, auf ein höheres Einkommen und können sich besser vor Arbeitslosigkeit schützen“, betont Melanie Reißmann von der Arbeitsagentur in Coburg.

Handwerk freut sich

Positiv sieht das oberfränkische Handwerk die neuen Fördermöglichkeiten. „Für uns ist dieses Programm sehr interessant“, sagt Manfred Nöttling von der HWK: „Das ist eine Chance für die kleinen Betriebe. Wir überlegen, was wir anbieten können.“ Auf jeden Fall sei eine Informationsveranstaltung geplant.

 

  • INFO: Ansprechpartner für Kleinunternehmen, die ihren Mitarbeitern nach der „WeGebAU“-Förderung eine Weiterbildung ermöglichen wollen, können sich bei der Arbeitsagentur Bayreuth-Kulmbach-Pegnitz wenden an: Michael Schaffer unter Telefon 0921/887391.

 

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