Wie ein Nadelöhr
Die Flüchtlinge, die aus allen möglichen Kriegsgebieten kommen, waren in Libyen im Gefängnis, erzählt er weiter. „Das ist wie ein Nadelöhr“, so Neubauer. Teilweise sind sie bis zu einem Jahr im Knast. „Es ist die Hölle“, haben viele erzählt. Durch Schlepper und viel Geld, das sie zahlen, gelangen sie dann auf ein kleines Boot und versuchen die Flucht über das Mittelmeer. Manche schaffen es nicht und gehen über Bord oder aber das Boot sinkt. Leichen im Wasser hat Hannes Neubauer bei seinen Einsätzen noch nicht gesehen. „Die müssten wir auch im Meer treiben lassen, denn wir haben auf unserem Schiff gar nicht die Kühlmöglichkeiten, um Tote zu transportieren“, sagt er.
Aus privaten Spendengeldern
Die Rettungseinsätze, die Hannes Neubauer und seine Mitstreiter absolvieren laufen unterschiedlich ab. Manchmal gibt es kein Flüchtlingsboot zu retten, ein andermal sind es zehn. Die Helfer arbeiten alle ehrenamtlich, die Aktionen finanzieren sich ausschließlich aus privaten Spendengeldern. Die Flüge zum Einsatzort und wieder zurück zahlen alle selbst. „Man kann so einen Einsatz nur machen, wenn man alle Emotionen ausschaltet“, sagt Hannes Neubauer. Danach kommen oft die Bilder. Aber sie sprechen in der Mannschaft viel miteinander, die Organisation bietet bei Bedarf professionelle psychologische Hilfe an. „Das Crewleben ist sehr intensiv“, beschreibt es der 38-Jährige. Da kann es auch zu Spannungen kommen, die aber sofort wieder gelöst werden.
Keine Zusammenarbeit mit Schleppern
Die Brüder ärgert es, dass die Seenotretter oft kriminalisiert werden. „Sogar führende Politiker scheuen sich nicht davor, uns eine Zusammenarbeit mit libyschen Schleppern anzudichten“, sagt Hannes Neubauer. Oft werden sie auch für das Sterben im Mittelmeer verantwortlich gemacht. „Vor allem das es keine andere Möglichkeit für die Flüchtenden gibt, beispielsweise über legale Fluchtwege, zwingt die Menschen über das Bürgerkriegsland Libyen auf das offne Meer“, betont er.
Aktuell wird dem Rettungsschiff Liveline – auf dem Martin Neubauer zurzeit im Einsatz ist – von Malta das Anlegen verwehrt. Erst vergangene Woche war dem Rettungsschiff Aquarius von Italien die Einfahrt verboten worden. Mittlerweile durfte die Aquarius in Spanien anlegen.
Info: Weitere Informationen über die Seenotrettungsaktionen gibt es unter www.,mission-lifeline.de.