Fichtelberg hat Geld verschenkt

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Personelle Engpässe im Rathaus Fichtelberg sind laut Bürgermeister Georg Ritter der Grund dafür, dass keine Fördermittel nach Fichtelberg flossen. Foto: Archiv/Karl Heinz Lammel Foto: red

Die Kasse ist leer und jetzt fließt nicht einmal mehr das Nötigste nach Fichtelberg. Wegen Problemen in der Verwaltung stockte es beim Einziehen der Gewerbesteuer und bei der staatlichen Stabilisierungshilfe. Das Landratsamt schlug bereits Alarm.

 
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Die Überraschung war groß bei einigen Geschäftsleuten in Fichtelberg. Teilweise seit 2015 hatte die Gemeinde keine Gewerbesteuer mehr erhoben. Jetzt flatterten die Bescheide ins Haus. Nicht nur die Steuern waren zu zahlen, sondern Zinsen obendrauf. „Ich sag’ gar nichts dazu“, heißt es in einem Unternehmen. Es ändere sich eh nichts. Das klingt nach Verärgerung. „Kein Kommentar.“

Tatsächlich sind die Gewerbesteuerbescheide viel später gekommen. Jahre später. „Aufgrund verwaltungsorganisatorischer und personeller Gründe kommt es wohl zu Verzögerungen bei der Veranlagung der Gewerbesteuer“, heißt es in einem Schreiben des Landratsamtes auf die Anfrage des Kuriers. Betroffen seien „endgültige Steuerfestsetzungen, für welche die Grundlagenbescheide des Finanzamtes ab dem Jahr 2015 ergangen sind“. Allerdings seien die Vorauszahlungen eingehoben worden. Auf Deutsch: Fichtelberg hatte die wesentliche Einkommensquelle einer Gemeinde nicht im Griff – die Steuer auf die Einnahmen der Unternehmen. An ihr Geld wird sie allerdings kommen, denn „eine Verjährungsproblematik besteht nach unseren Erkenntnissen bislang nicht“, schreibt das Landratsamt.

Personelle Engpässe im Rathaus

Bürgermeister Georg Ritter (CSU) gibt unumwunden zu, dass die Steuerbescheide liegen blieben. Und zwar eine geraume Zeit. „Auf jeden Fall eine Zeit, die nicht sein sollte.“ Es sei leider nicht anders machbar gewesen, aber „wir haben Rückstände, die dem zuzurechnen sind, dass wir einige Krankheitsfälle haben“. Seit einiger Zeit also hat er im Rathaus personelle Engpässe zu überwinden. „Die konnten erst nach und nach ersetzt werden“, sagt Ritter. Aber er sagt auch: „Wir haben die Aufgaben anders verteilt im Rathaus, dadurch können wir die Sachen in Angriff nehmen, die liegen bleiben mussten.“

Dem Landratsamt sind die Hände gebunden. „Die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Verwaltungsvollzugs ist eine vorrangige Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung“, heißt es in dem Schreiben an den Kurier. Die Aufgabe der Kommunalaufsicht bei derartigen Problemen sei vorrangig die Beratung der Kommune. Allerdings ist das Landratsamt bereits „rechtsaufsichtlich tätig“ geworden. Dies bestätigt auch Ritter. Er sprach von „Ratschlägen, wie wir die Probleme lösen“. Sanktionsmittel hat die Rechtsaufsichtsbehörde am Landratsamt also nicht. Nur einen ermahnenden Satz schreibt die Behörde der Gemeinde auf die Fahne: „Die Gemeinde ist grundsätzlich gehalten, ihre Einnahmemöglichkeiten vollumfänglich und rechtzeitig auszuschöpfen.“ Das ist keine gute Note für Fichtelberg.

Unternehmen müssen Zinsen zahlen

Allerdings ist es das Pech der Gemeinde, dass sie das Geld später bekommt. „Werden Realsteuern zeitverzögert eingehoben, stehen diese der Gemeinde auch erst verspätet zur Verfügung“, heißt es am Landratsamt lapidar. Alles, was im Haushalt drinsteht, kann eine Gemeinde zwar verplanen. Aber „sinnvollerweise schaut sie auf den Kontostand vorher“, sagt Ritter. Und da waren keine Steuern drauf. „Es kann sein, dass in dem einen oder anderen Fall der Gemeinde ein kleiner Verlust entsteht“, räumt Ritter ein. Aber das seien sehr kleine Summen.

Und der Ärger der Unternehmer ist auch zu verstehen. Denn sie müssen für die zu spät eingeforderten Steuern Zinsen zahlen. In der Abgabeordnung ist die Höhe festgeschrieben: 0,5 Prozent. Aber laut Ritter „läuft jetzt die Gewerbesteuer wieder“.

Gemeinde lässt sich Stabilisierungshilfe entgehen

Das ist aber zu spät für die Stabilisierungshilfen, die längst geflossen sind. Diese „Sozialhilfe“ für Gemeinden mit klammen Kassen kommt vom Freistaat Bayern – wenn man sie denn beantragt. „Wir haben sie nicht beantragt. Nächstes Jahr wieder“, sagt Ritter. Denn die Zahlen, die für die Anträge nötig sind, konnte Fichtelberg nicht liefern. Es wären genau die Zahlen gewesen, die auch für die Berechnung der Gewerbesteuer nötig gewesen wären. Und die gab es ja nicht. Vor zwei Jahren hatte die Gemeinde etwa 600 000 Euro erhalten, und sich jetzt einen hohen Betrag entgehen lassen. Insider sprechen von bis zu 800 000 Euro.

„Uns geht es mittlerweile besser“, sagt Ritter und verweist darauf, dass er zum dritten Mal in Folge einen Haushalt aufgestellt habe, der ohne Kreditaufnahme auskommt. Und je besser es einer Gemeinde geht, desto geringer fällt die Stabilisierungshilfe aus. Aber gekommen wäre sie. Andere Kommunen im Landkreis haben bis zu 1,8 Millionen Euro bekommen, die sie nie zurückzahlen müssen. Im nächsten Jahr will Ritter wieder eine Stabilisierungshilfe beantragen. Dann lägen die Zahlen alle vor. Die Umstrukturierung des Rathauses reiche aus. „Ich meine ja“, sagt Ritter.

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