Fichtelberg: Ewiges Eis statt ewiger Ruine

Von Andreas Gewinner
Der Tag, der in das Geschichtsbuch der Gemeinde Fichtelberg eingegangen ist: Am 12. Mai 2012 brannte die Kristall-Radon-Soletherme ab. Foto: Archiv/Martin Ritter Foto: red

Sechs Jahre nach dem Brand der Therme in Fichtelberg ist so gut wie ausgeschlossen, dass die Anlage in der alten Form wieder aufgebaut wird. Jedenfalls nicht mit dem Geld der Versicherung.

 
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„Ende 2017 haben beide Parteien (Gothaer und Kristall) eine einvernehmliche Lösung herbeigeführt, zu den Details dieser Lösung wurde Stillschweigen vereinbart. Der Fall ist für die Gothaer damit abgeschlossen“, so auf Nachfrage Martina Faßbender, Pressesprecherin der Gothaer Versicherung. Weitere Nachfragen beantwortet sie nicht.

Am 12. Mai 2012 – es war ein Samstag – geschah das Unfassbare: die Kristall-Radon-Soletherme brannte ab. Sechs Jahre und eine zusätzliche Therme (Weißenstadt) später liegt das Gelände immer noch in Trümmern. Aber es gibt auch einen Hoffnungsschimmer.

Hochzeit im Himmel

Als 2001 die Therme eingeweiht wurde, schien es eine Hochzeit im Himmel. Bürgermeister Jose-Ricardo Castro Riemenschneider hatte in Badbetreiber Heinz Steinhart einen Investor gefunden, der das betagte Hallenbad in Neubau zur Therme mit Saunalandschaft ausbaute. Doch schon lange vor dem Brand 2012 war Feuer unterm Dach. Steinhart hatte Pachtzahlungen aus einer Art Mietkaufvertrag eingestellt, weil die Therme in die roten Zahlen gerutscht war. Gemeinde und Kristall trafen sich vor Gericht, der Konflikt eskalierte und wurde zunehmend öffentlich ausgetragen.

Wenige Tage vor dem Brand war das Hallenbad so voll wie selten: Steinhart hatte die Fichtelberger eingeladen, um seine Sicht der Dinge vorzutragen. Bei vielen war vor allem eines von diesem Abend hängengeblieben: Steinharts Drohung, das Bad „plattzumachen“. Dass diese Ankündigung an bestimmte Bedingungen gebunden ware, die noch gar nicht eingetroffen waren, geriet nach dem Brand in Vergessenheit.

Merkwürdige Beobachtungen

Ein Nachbar will merkwürdige Beobachtungen gemacht haben, die Versicherung setzte einen privaten Ermittler auf die Sache an, lobte eine hohe Belohnung aus – ohne Erfolg. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben als Ursache glimmende Asche in einem Kunststoffeimer, der schließlich umgebendes Holz in Brand setzte. Bis heute gibt es Menschen in Fichtelberg, die überzeugt sind, dass Steinhart für den Brand verantwortlich war. 

Nach dem Brand ging die Schlammschlacht unvermindert weiter, begünstigt durch eine komplizierte Gemengelage: Die Gemeinde war formell noch Eigentümer des Bades, hatte aber die Versicherungspolice aus der Hand gegeben, Begünstigter war Steinhart. Filmreife Szenen während der Sicherungs- und Abrissarbeiten, der von Steinhart beauftragte Abrissunternehmer musste sich mit Polizisten auseinander setzen, die Castro gerufen hatte, der bizarre Streit gipfelte im Tauziehen um das verkohlte Kupferdach und seinen Schrottwert.

Beide verloren und gewannen

Direkt nach dem Brand hatte Castro die Devise ausgegeben: In spätestens zwei Jahren muss die Therme wieder stehen. Auch Steinhart († 2016) wartete schnell mit Neubauplänen auf. Derweil zog sich die vor dem Brand begonnene gerichtliche Auseinandersetzung in die Länge, das Ende vom Lied: Beide verloren und gewannen. Steinhart musste die ausstehenden Pachtraten an die Gemeinde zahlen, die wiederum ihre einseitige Kündigung des Vertrages mit Steinhart zurücknehmen musste.

Seit vier Jahren wird von der Gemeinde ein Projekt als Ergänzung oder Alternative für eine neue Therme verfolgt: eine Eishalle mit Eiskletterturm. Projektname: „Ewiges Eis“. Die Gemeinde führte viele Gespräche, Ergebnis: keine öffentlichen Zuschüsse für die Kommune. Bürgermeister Ritter erklärte das Projekt vor wenigen Wochen im Gemeinderat zum „privaten Projekt“, bei dem die Kommune nur eine Minderheitsrolle haben könne.

Blick hinter die Kulissen

Doch hinter den Kulissen wurde und wird es weiterverfolgt. Einen Blick hinter den Vorhang erlaubte zweiter Bürgermeister Karl-Heinz Glaser im Rahmen der CSU-Ortsversammlung vor wenigen Wochen. Gedacht ist an eine Kombination mit einer Wellnesseinrichtung in den noch stehenden Räumen des Saunatraktes über eine gemeinsame Energieversorgung.

Zurzeit liefen die Berechnungen zu den Energiekosten. Eine neue GmbH soll gegründet werden, in der die Eishalle sowie der Wellness- und Gastronomiebereich der Kristall AG vereint seien. Er hoffe auf die Zustimmung der Kristall AG, so Glaser. Die ließ entsprechende Anfragen des Kurier zuletzt unbeantwortet. Bürgermeister Ritter spricht von Verhandlungen zwischen Kristall und der Gemeinde, bei denen es noch kein Ergebnis gebe.

Auch der Diplom-Geograf Markus Epple sieht den Wiederaufbau der Therme in der alten Form als aussichtslos. Epple hatte vergangenes Jahr den touristischen Masterplan für die Ochsenkopfregion erstellt. Teil dieses Plans ist auch das „Ewige Eis“.

Epple sieht als Voraussetzung eine Machbarkeitsstudie. Die gibt es noch nicht, sagt auf Nachfrage Hans-Peter Reichenberger, CSU-Gemeinderat und Ideengeber für das „Ewige Eis“. Er spricht vielmehr von einer „Idee, noch nichts Greifbares“. Und fügt an: „Ich will, dass wir mal was vorwärtsbringen in Fichtelberg.“

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