Eilmeldung

Feuerwehr muss bei Alarmierung tricksen

Von Renate Allwicher
Die Feuerwehr soll kommen - schnell. Damit das klappt, muss die Alarmierung funkionieren. Klassischerweise läuft das über die Sirene oder Funkempfänger, die Nicky Hahn, Kommandant der Geseeser Feuerwehr in seiner rechten Hand hält. Praktisch müssen die Feuerwehren zurzeit oft Mut zu einer inoffiziellen Lösung beweisen. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Wenn es brennt, kommt die Feuerwehr. Schnell. Laut den Feuerwehrrichtlinien soll gewährleistet sein, dass die Wehren zehn Minuten nach der Alarmierung vor Ort sind. Damit das klappt, muss die Alarmierung einwandfrei funktionieren. Dazu gibt es zwei offizielle Wege. Und einen Inoffiziellen.

 
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Es gibt laut dem Bayerischem Feuerwehrgesetz zwei offiziell anerkannte Methoden der Alarmierung: Die laute Sirene und die stille Alarmierung, bei der die Feuerwehrleute über ihren Funkempfänger zum Einsatz gerufen werden. Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile.

Die Sirene: unüberhörbar und nervtötend

Die Sirene ist unüberhörbar – aber nur für die Feuerwehrleute, die vor Ort sind. Wer woanders arbeitet, hört sie genauso wenig, wie jemand, der in einem zur Gemeinde gehörenden Weiler hinter der nächsten Hügelkuppe wohnt. Vor Ort hören sie dafür alle Menschen – und sind darüber nicht immer erfreut.

Funkempfänger: Technik, in die niemand mehr investieren möchte

Die Funkempfänger informieren sicher und zielgenau die Feuerwehrleute und (mit wenigen Funkloch-Ausnahmen) egal, wo diese sind. Allerdings müssen sie immer mitgeführt werden, was vor allem bei kleinen Wehren, die im Jahr nur einen oder zwei Einsätze haben, viel Disziplin verlangt. Und es muss genug davon geben. Dies ist zurzeit nicht überall der Fall. Denn in Zeiten, in denen die Umstellung auf digitale Modelle in Sichtweite ist, will niemand Geld in bald überholte Technik stecken. Ein Standardmodell des klassischen Piepsers koste inklusive Programmierung um die 450 Euro, erklärt Uwe Engelbrecht von der Bindlacher Firma Ludwig, die Feuerwehren ausstattet. Digitale Geräte sind noch nicht auf dem Markt: Der digitale Sprechfunk funktioniere zwar inzwischen flächendeckend, die Entwicklung digitaler Alarmierungsgeräte stecke aber noch in den Kinderschuhen.

Für kleine Wehren sind Funkempfänger unpraktisch

Die Feuerwehr in Zips (Pegnitz) ist eine der Wehren, die nur wenige Einsätze hat. Deshalb seien die Funkwecker bei ihnen unpraktisch, sagt Kommandant Holger Rabenstein. „Kurz nachdem was los war, hat die Dinger wieder jeder dabei. Aber nach einer Weile lässt das nach“, sagt er. Aus diesem Grund wünschen sich die Zipser eine Sirene. Erstmals beantragt haben sie die im Jahr 1986 und halten auch daran fest. Zurzeit allerdings sei der Bau nicht sinnvoll, sagt Rabenstein – zunächst gelte es, die Umstellung auf die digitale Alarmierung abzuwarten. Das werde in etwa zwei Jahren soweit sein, schätzt er. Deshalb gehört die Zipser Feuerwehr zu der Riege an Wehren, die zurzeit eine dritte – inoffizielle -  Möglichkeit der Alarmierung nutzen: per SMS. „Wir haben in Pegnitz seit fast fünf Jahren ein Alarmierungsgerät. Die Leitstelle schreibt den Alarmierungstext an die Zentrale im Pegnitzer Rathaus, von dort geht dann die SMS zu uns raus“, erklärt Rabenstein. So recht zufrieden ist er damit aber nicht: „Es hat schon Ausfälle gegeben.“ Bei einem Brand sei die Zipser Wehr gar nicht alarmiert worden, obwohl sie als Reservekraft hinzugezogen werden sollte. Auch bei einer Großübung habe die Alarmierung nicht funktioniert. Deshalb setzt er seine Hoffnung weiterhin auf die Sirene: „Für uns ist das das Richtige.“

SMS-Alarmierung als Alternative für den Feuerwehrnachwuchs

Die Feuerwehr in Spänfleck hat auch keine Sirene. Und wollte nie eine. Denn zum Feuerwehrbereich gehören die Ortsteile Eichenreuth, Hohenfichten und Spänfleck. „Damit jeder die Sirene hört, müsste man in jeden Ortsteil eine stellen“, sagt Kommandant Nicky Hahn: „Das ist ein finanzieller Aufwand, den man sich sparen kann.“ Deshalb lief in Spänfleck die erste Alarmierung seit jeher über Funkempfänger. „Da aber keiner weiß, wann der digitale Funkmeldeempfänger kommt, lohnt es sich auch nicht, neue anzuschaffen“, sagt Hahn. In Spänfleck gebe es zurzeit nur noch einen Mindestbestand an Funkmeldeempfängern für die Kameraden. Deshalb habe die Geseeser Feuerwehr, zu der Spänfleck gehört, eine für die Kommune kostengünstige Variante gesucht. Eine, mit deren Hilfe alle Feuerwehrleute, auch die jungen, neu hinzukommenden, alarmiert werden können. Und nutzt seit einem Dreivierteljahr zusätzlich die SMS-Alarmierung. Die in anderen Bundesländern als Alarmierung offiziell anerkannt sei, berichtet Hahn.

"Mit dem Handy erreichst du alle."

Seine Erfahrungen damit seien in jeder Beziehung  gut: „Mit dem Handy erreichst du alle. Gerade die Jungen haben ihr Telefon immer dabei. Da wird öfter draufgeschaut und das wird weniger leicht vergessen als ein Piepser. Und sie hat bislang tadellos funktioniert“, sagt Hahn. Die Kommune musste dafür eine einmalige Einrichtungsgebühr zahlen, anschließend kostet nur noch jede Alarmierung. Zehn Cent pro SMS mit höchster Priorität, fünf Cent pro SMS bei Übungen, erklärt der Anbieter aus dem Raum Oberbayern, der den Auftrag der Geseeser Feuerwehr hat. Die Einrichtungsgebühr variiere je nachdem, wie groß der Verteiler sei. Seinen Namen möchte er in der Zeitung nicht nennen – er sei überlastet, könne keinerlei Werbung gebrauchen.

 Überlastete Handynetze bei Großschadenslagen

„Es gibt einfach verschiedene Philosophien“, sagt Heinrich Schmidt, Kommandant der Feuerwehr Weidenberg. Alle zehn Feuerwehren aus seinem Bereich haben eine Sirene, alarmiert wird aber in vielen Fällen still über die in ausreichender Zahl vorhandenen Funkmeldeempfänger. „Nur bei Katastrophenlagen oder Großschadensereignissen, wenn wir sehr viele Leute brauchen und das sofort, lassen wir die Sirene gleich mitlaufen.“ Die Sirene sorge in der Regel dafür, dass mehr Feuerwehrleute zum Einsatz kommen. Von der SMS-Alarmierung oder auch einer Whats-App-Alarmierung hält er nichts, die sei nicht gesichert und funktioniere oftmals nicht. Gerade bei einer Großschadenslage seien die Handynetze erfahrungsgemäß überlastet.

"SMS kann man allenfalls zusätzlich benutzen."

Auch die Goldkronacher Feuerwehr muss zurzeit ohne Sirene auskommen. Die Sirene funktioniert zwar, ihr Empfangsteil ist aber kaputt (der Kurier berichtete). „Ein neues würde etwa Tausend Euro kosten – und in zwei Jahren könnten wir es quasi wegschmeißen“, sagt Kommandant Klaus-Dieter Löwel. Auch er rechnet damit, dass dies der Zeitrahmen für die Einführung der digitalen Alarmierung ist. In Goldkronach sei die fehlende Sirene zurzeit aber kein Problem: „Nahezu jeder Aktive hat einen Funkmeldempfänger.“ Die SMS-Alarmierung sei nicht eingerichtet und Löwel ist kein Freund davon: „Das ist mir zu unzuverlässig. Man kann das allenfalls zusätzlich zur regulären Alarmierung benutzen. Für Leute, die keinen Funkwecker haben, und vielleicht sowieso weiter weg wohnen, wo es auf fünf Minuten nicht ankommt.“ Erfahrungen damit habe er, weil die zu Goldkronach gehörende Dressendorfer Ortsfeuerwehr die SMS-Alarmierung eingerichtet hat. Weil es dort – ähnlich wie in Spänfleck – Lagen gebe, wo die Sirene nicht gehört wird.

Kreisbrandrat: Die SMS-Alarmierung ist keine Alarmierung

Die SMS-Alarmierung ist eigentlich keine Alarmierung, betont Kreisbrandrat Hermann Schreck. Offiziell zählen nur die Sirene und die stille Alarmierung per Funkmeldeempfänger. Wenn keine Sirenenalarmierung da ist, sollte jeder einen Funkmeldeempfänger haben. Die SMS könne nur ein Zusatz sein. Weder der Kreisbrandrat noch die vier Kreisbrandinspektoren führen darüber Buch, auf welche Weise die einzelnen Feuerwehren alarmiert werden. Die entsprechenden Datensätze aller 320 Feuerwehren im Kreis liegen nur der Rettungsleitstelle Bayreuth-Kulmbach vor, aber auch dort wurde noch nie ausgezählt, wie viele Wehren per Sirene, still oder zusätzlich mit Hilfe von SMS alarmiert werden. Letztlich zählt sowieso nur eines: Dass die Feuerwehr kommt.

 

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