Feuerwehr geht in die Luft

Von Andreas Gewinner
Selbstfliegendes Auge im Himmel: Philipp Wanninger, Kommandant der Warmensteinacher Feuerwehr, hat eine Drohne konstruiert, die im Ernstfall das Einsatzgeschehen revolutionieren kann. Die Drohne ist nicht das einzige interessante Projekt bei den Blauröcken vom Steinachtal.Foto: Andreas Gewinner Foto: red

Freiwillige Feuerwehrleute sind oft auch versierte Handwerker. Die unbezahlt nicht nur Feuer löschen und Menschen retten, sondern oft auch ihre Ausstattung optimieren und reparieren, ohne dass es die Kommune etwas kostet. Aber wenn sich gutes altes Handwerk mit digitaler Kompetenz mischt, dann stößt der Brandschutz auf dem flachen Land in neue Dimensionen vor. Wie in Warmensteinach. Hier gehen die Brandschützer bald in die Luft. Und „Feuerwehr 4.0“ ist hier längst Realität.

 
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Die Drohne: Philipp Wanninger ist Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Warmensteinach. Der 31-Jährige hat an der Fachhochschule Hof Angewandte Informatik studiert. Sein jüngstes Projekt: eine maßgeschneiderte Drohne, ein Einzelstück, an dem er seit einem Jahr tüftelt, und das kurz vor der Einsatzreife steht.

Drohnen gibt es bei anderen Feuerwehren auch, „aber ich habe gesagt: Wenn schon, dann richtig.“ „Richtig“ heißt: Die Drohne hat eine Kamera und eine Wärmebildkamera. Mit der können aus sicherer Entfernung Brand- und Glutnester identifiziert werden, was sonst nur unter Einsatz von Menschen in brennenden, verrauchten oder einsturzgefährdeten Gebäuden möglich wäre. Löschangriffe können dank dem Blick von oben zielgenauer stattfinden. Die Wärmebildkamera kann auch zur Suche Vermisster eingesetzt werden. Die Drohne kann dann mit GPS-Daten programmiert werden und selbstständig ein vorgegebenes Areal absuchen.

Ein Hochleistungsakku sorgt für bis zu 45 Minuten Flugzeit. Bei der Auswahl der Teile hat Philipp Wanninger auf Leichtbau gesetzt, so sind die Haube und die Blätter der sechs Propeller aus Karbon. Die sechs Propeller entwickeln zwölf Kilo Schubkraft. Ein Lasthaken an der Unterseite kann bis zu fünf Kilo heben.

Wie viele Stunden Wanninger an dem Customgerät getüftelt hat, hat er nicht mitgezählt. Auch nicht, was die Einzelteile gekostet haben, die er aus eigener Tasche für das Unikat zusammengekauft hat. „Aber eine fertige Drohne, die all das kann, würde ungefähr 20.000 Euro kosten“, schätzt Wanninger.

Feuerwehr 4.0: Wer in Warmensteinach zu einem Einsatz alarmiert wird und am Gerätehaus eintrifft, der muss an einem senkrechten Metallpanel einen Kippschalter neben seinem Namen umlegen, ein Licht springt von Grün auf Rot um. Das Besondere der von mehreren Aktiven selbst gebauten scheinbar analogen Anlage ist ihr digitales Herz. Werden die Feuerwehrleute von der Integrierten Leitstelle alarmiert, geschieht dies wie bei anderen Wehren auch über den Funkwecker. Zusätzlich verschickt die ILS eine SMS an ein Handy der Warmensteinacher Wehr. Das Handy hat eine von Philipp Wanninger geschriebene Software, die den SMS-Inhalt auswerten kann, entscheidet, welche Leute für das beschriebene Einsatzszenario gebraucht werden und dann selbstständig SMS an Aktive verschickt.

Die Anlage hat einen Rückkanal. Die angeschriebenen Feuerwehrleute antworten, ob sie kommen können oder nicht. Die Rückmeldungen werden in eine Statusmeldung übersetzt, die auf Tafeln neben den Toren des Gerätehauses angezeigt wird: Der Kommandant weiß, mit wie viel und welchen Leuten er ausrücken kann, lange bevor sie am Gerätehaus eingetroffen sind. Das Meldepanel hat eine USB-Schnittstelle, an der sich der Kommandant das Protokoll als Exceldatei runterladen kann. Ein Teil der Schreibarbeit nach einem Einsatz ist damit schon erledigt.

Die variable Seilwinde: Eines der großen Fahrzeuge der Feuerwehr Warmensteinach hat eine Seilwinde am Bug. Ein Gerät, über das sonst nur Wägen größerer Wehren verfügen. Doch das Besondere in Warmensteinach ist nicht, dass die dortigen Floriansjünger eine Seilwinde haben. Sondern dass sie sie auch in kürzester Zeit an eines ihrer anderen Fahrzeuge ummontieren können. Und nicht automatisch mit dem großen HLF 20 ausrücken müssen, wenn eine Winde nötig sein könnte. „Zum Beispiel, wenn es gilt, einen verunfallten Wagen an einer Böschung gegen Abrutschen zu sichern“, erläutert Wanninger.

Das Besondere an der Winde ist ihr Träger für die variable Montage. Der Träger kann mit den Schäkeln (ringähnliche Ösen) und dem Zugmaul der Warmensteinacher Fahrzeuge verbunden werden, die diese ab Werk haben. Ein massives Eisenstück, konstruiert von Wanninger und aus rund einem Dutzend Einzelteilen von einem Fachmann zusammengeschweißt. Zuvor hatte ein anderer Fachmann Wanningers Berechnungen überprüft. Und dann musste das Unikat technisch abgenommen werden, um beispielsweise auszuschließen, dass die Winde im Einsatz den Rahmen des Fahrzeugs verbiegt. „Die Genehmigung war aufwendiger als die Konstruktion und der Bau“, blickt Wanninger zurück.

Und das Tüfteln geht weiter bei der Warmensteinacher Wehr. In Arbeit ist ein Gerät, „um schneller ablöschen zu können“ – mehr will Philipp Wanninger gegenwärtig noch nicht sagen.

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