Eva Wagner-Pasquier: Abschied mit Ansage

Von Florian Zinnecker
 Foto: red

Eine Überraschung sei es nicht gewesen, schreibt die „Welt“, Eva Wagner-Pasquier (68) sei schon seit längerer Zeit amtsmüde, in Insiderkreisen sei ihr Rückzug schon lange bekannt, auch Toni Schmid, Chef des Verwaltungsrats der Festspiele GmbH, sei schon länger informiert.

 
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Jetzt habe Eva die Konsequenzen gezogen, schreibt die „Frankfurter Allgemeine“, sei an die Öffentlichkeit gegangen und habe ihren freiwilligen Amtsverzicht erklärt – wohlkalkuliert ausgerechnet in der Woche, bevor das ZDF den Oliver-Berben-Film „Der Wagner-Clan“ zeigt. Und die Deutsche Presse-Agentur tickert: Schon monatelang sei über die Personalie spekuliert worden; „dass es für die glanzlose Eva Wagner-Pasquier keine Verlängerung ihres 2015 auslaufenden Vertrags geben werde“, sei so gut wie ausgemacht gewesen.

Das alles klingt gut und plausibel, es ist die Geschichte der müden Festspielleiterin, die 32 Jahre warten muss, bis sie ihr Amt antreten kann, den Großteil dieser Zeit glaubte sie selbst nicht mehr daran, und jetzt, nach sechs Jahren, hat sie keine Lust mehr. Weil sie aufgerieben ist von der quirligen, umtriebigen Katharina Wagner, die ihre Schwester ist und gerade vier Jahre älter als ihr Sohn. Also verzichtet sie.

Eine gute Geschichte, die da erzählt wird. Sie stimmt aber so nicht.

Denn weder ist Eva Wagner-Pasquier am Donnerstagabend an die Öffentlichkeit getreten, zu einem angeblich wohlkalkulierten Zeitpunkt (sie hat, von New York aus und mit einem Satz, bestätigt, was diese Zeitung in den Tagen zuvor recherchiert hatte). Noch ist ihr Amtsverzicht freiwillig, sie selbst war, dem Vernehmen nach, davon am meisten überrascht.

Zwei Versionen

Wie es wirklich gewesen ist – davon gibt es zwei Versionen.

Die eine, die offizielle Version erzählt Toni Schmid, der 2008 als Stiftungsratsvorsitzender der Richard-Wagner-Stiftung den Übergang der Festspielleitung von Wolfgang Wagner auf seine beiden Töchter dirigiert hatte, am Abend der dpa: „Sie hat uns mitgeteilt, nach 2015 für die Geschäftsleitung nicht mehr zur Verfügung zu stehen“. Die 68-Jährige habe aber angeboten, als Beraterin weiter für die Festspiele zu arbeiten. Er, Schmid, gehe davon aus, dass die Gesellschafter zu einer Zusammenarbeit mit Eva Wagner-Pasquier in reduziertem Umfang bereit seien. Als Beraterin könne sich die 68-Jährige verstärkt um die Wagner-Verbände kümmern – jene Organisationen, denen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier auf Beschluss des Verwaltungsrats 2012 die Festspielkarten-Kontingente streichen mussten, nach einer Rüge des Bundesrechnungshofs.

Die zweite Version beginnt mit einem Termin Eva Wagner-Pasquiers in München. Schmid habe zum Vier-Augen-Gespräch im Kunstministerium gebeten, schon im vergangenen Jahr, streng vertraulich. In diesem Gespräch habe Wagner-Pasquier erfahren, dass sie der Festspielleitung nur noch bis zur Festspielzeit 2015 angehören werde, danach nicht mehr. Sie selbst habe nicht aufhören wollen, heißt es. Aber sie erfuhr, dass sie aufhören werde.

Der Vorschlag zur Einigung: Ein Beratervertrag, wie auch Christian Thielemann einen hat.

Toni Schmid wollte sich zu den Verhandlungen auf Anfrage nicht äußern, Eva Wagner-Pasquier machte zu den Hintergründen keine Angaben.

In der vergangenen Woche, am Dienstag, war die Angelegenheit Thema im Verwaltungsrat – Toni Schmid als Vertreter des Freistaats, Günter Winands als Vertreter des Bundes, Brigitte Merk-Erbe und Carsten Hillgruber als Vertreter der Stadt Bayreuth, dazu einige andere, diskutierten das Thema Vertragsverlängerung.

Jeder der Gesellschafter muss sich nach eigenen Vorschriften richten, bevor im Frühjahr 2013 Heinz-Dieter Sense als kaufmännischer Geschäftsführer berufen wurde, musste erst der Bund eine neue Stelle im eigenen Stellenplan schaffen; man einigte sich auf ein Provisorium für zwei Jahre. Jetzt kam das Thema wieder auf den Tisch.

Katharina Wagner erklärte im Sommer im Kurier, sie stehe mit ihrer Schwester zusammen nach 2015 nur zur Verfügung, wenn es einen kaufmännischen Direktor gebe.

Am Freitagmorgen sagte sie, wenn es der Wunsch ihrer Schwester sei, die Festspielleitung abzugeben, lege sie großen Wert darauf, dass sie weiterhin eingebunden werde. Ihr eigener Vertragsabschluss, heißt es, ist nur noch eine Frage von einigen Formulierungen.

Merk-Erbe und Kunstminister Ludwig Spaenle würdigten gestern die Verdienste Wagner-Pasquiers für Qualität und Ansehen der Festspiele.

Die, immerhin, sind unbestritten.

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