Eskapaden pflastern "Kill Bills“ Weg

Von Dino Reisner
Prominenter Trainer hinter der Dresdner Bande: William „Bill“ Stewart führte schon Adler Mannheim zur deutschen Meisterschaft. Foto: Eibner/imago Foto: red

Bei den Dresdner Eislöwen, am Sonntag (18.30 Uhr) zu Gast beim EHC Bayreuth, steht der Star hinter der Bande. Der kanadische Trainer William „Bill“ Stewart ist eine der schillerndsten, aber auch exzentrischsten Persönlichkeiten in der neueren Geschichte des deutschen Eishockeys. Im Januar dieses Jahres heuerte der ehemalige Meistertrainer der Adler Mannheim (2001) überraschend bei den Sachsen an, die aktuell nicht weniger überraschend das Tabellenende der DEL 2 zierten.

 
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Mannheim, Hamburg Freezers, Kölner Haie – der 59-Jährige war schon bei Branchenriesen im deutschen Eishockey tätig, darüber hinaus trainierte er in der DEL die Krefeld Pinguine, in der Schweiz den Lausanne Hockey Club, in Österreich die Graz 99ers und Black Wings Linz sowie in der NHL kurzzeitig die New York Islanders. Nirgendwo ging es ohne Eskapaden ab. „Manchmal muss man eben ungewöhnliche Sachen probieren, um erfolgreich zu sein“, beschrieb Stewart einst seine Maxime.

Legendär, wie er sich im Playoff-Viertelfinale der Saison 2000/01 zwischen den Mannschaftsbänken eine Schlägerei mit seinem Berliner Trainerkollegen Pavel Gross (heute Wolfsburg) lieferte. Stewart trug ein blaues Auge davon und wurde von der DEL für zwei Partien gesperrt. Später dann, im vierten Spiel der Finalserie gegen München, täuschte er einen Kreislauf-Kollaps vor und ließ sich minutenlang von Sanitätern behandeln. Kurz zuvor waren die Kufen von Jan Alston zu Bruch gegangen, nun hatte der Torjäger Zeit, neue Schlittschuhe einzufahren.

Mit der Flasche die Scheibe des Mannschaftsbusses zerschlagen

Nach einem 0:5-Debakel gegen Nürnberg schloss Stewart seine Spieler mal eine Stunde lang in der Kabine ein und stellte jeden einzelnen vor versammelter Mannschaft zur Rede. Ein anderes Mal schleuderte er vor Wut eine Flasche durch den Mannschaftsbus, so dass dessen Frontscheibe zu Bruch ging. Wegen seiner rüden Methoden wurde ihm der Spitzname „Kill Bill“ verpasst.

Als aktiver Spieler war Stewart Spitzenklasse. 273 Spiele absolvierte der Mann aus Toronto zwischen 1977 und 1986 in der NHL, der besten Liga der Welt. 435 Strafminuten sind für einen Verteidiger nicht sonderlich verhaltensauffällig. Hinter der Bande schlug sein Temperament aber dann regelmäßig in Übermut um.

Als Trainer des kanadischen Juniorenteams Barrie Colts versuchte er einst, einen ukrainischen Nachwuchsspieler im Kofferraum des Mannschaftsbusses über die Grenze zu einer Partie in die USA zu schmuggeln. Stewart wurde erwischt, ein jahrelanges Einreise- und Berufsverbot waren die Folge.

"Alle wollen Kill Bill sehen"

Den österreichischen Erstligisten Linz verließ er im November 2006 trotz laufenden Vertrags mit der Begründung, familiäre Probleme in seiner kanadischen Heimat lösen zu müssen. Stattdessen reiste er jedoch nach Hamburg und heuerte bei den Freezers an. Auch dort geriet er schnell in die Schlagzeilen: Als nach einer Niederlagenserie auch Straftraining keine Wende zum Guten brachte, drohte er seinen Spielern mit Gehaltskürzungen von 20 Prozent (was arbeitsrechtlich natürlich nicht durchzusetzen war). „Alle wollen Kill Bill sehen. Er ist zurück“, sagte er damals über sich selbst.

Inzwischen, mit nunmehr 59 Jahren, scheint der einstige Heißsporn gelassener geworden zu sein. „Man muss aus seinen Fehlern lernen. Das habe ich getan. Als junger Trainer denkst du, dass du alles beherrschst. Wenn man älter wird, weiß man, dass man nicht nur mit seinen Emotionen, sondern auch mit seinem Verstand arbeiten muss“, sagte er gegenüber der örtlichen Tageszeitung im kanadischen Guelph, wo er vor seinem Engagement in Dresden sechs Jahre lang als Trainer des dortigen Juniorenteams arbeitete. Auch aus der sächsischen Landeshauptstadt sind noch keine Eskapaden Stewarts überliefert – und das, obwohl der Saisonstart richtig daneben ging.

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