Ein Ruck geht durch Kulmbach

Von Roland Töpfer
 Foto: red

Die Stadt Kulmbach war lange Zeit von Bevölkerungsrückgang und einer eher pessimistischen Grundstimmung geprägt. Das ändert sich gerade. Kulmbach wird Uni-Standort, bekommt eine Außenstelle der Universität Bayreuth. Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU) im Interview mit dieser Zeitung: „Man spürt eine Aufbruchstimmung.“

 
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Kulmbach steht im Umbruch, wird Uni-Standort. Ein Glücksfall?

Henry Schramm: Ja, so kann man es sagen. Quasi ein Sechser im Lotto und eine Riesenchance, die wir nutzen wollen.

 

Was passiert in den nächsten Jahren?

Schramm: Seit dem einstimmigen Beschluss des bayerischen Kabinetts im Juni 2017 arbeiten wir in der Stadt gemeinsam mit der Universität Bayreuth auf Hochtouren daran, das Vorhaben, Uni-Standort zu werden, so schnell wie möglich umzusetzen.

 

Ihr Ziel?

Schramm: Ziel ist: Start des Forschungs- und Vorlesungsbetrieb im Herbst 2020. Parallel zum Aufbau des Uni-Campus müssen wir als Stadt natürlich einiges tun. Dazu gehören der Ausbau des Kinder- und Betreuungsangebotes, die Errichtung von neuem Wohnraum, in Verbindung mit der Ausweisung von neuen Baugebieten, die Optimierung der Verkehrsverbindungen und Weiterentwicklung der Geh- und Radwege, aber selbstverständlich auch die Verbesserung der Freizeitangebote und des Nachtlebens.

 

Was ist schon passiert?

Schramm: Wir sind als Stadt bereits enorm in Vorleistung getreten. Grundstücke wurden gekauft, dem Aufbaustab der Uni Bayreuth haben wir Büroflächen zur Verfügung gestellt, ein städtebaulicher Rahmenplan wird erstellt und vieles mehr ist bereits geschehen. Jetzt gilt es, die Finanzierung durch den Freistaat Bayern zu klären.

 

Ihre Strategie?

Schramm: Hartnäckigkeit, Lösungen erarbeiten, Wege aufzeigen und eben auch in Vorleistung treten.

 

Die wichtigsten Meilensteine?

Schramm: In Bezug auf den Uni-Campus sind die wesentlichen Meilensteine der Nachtragshaushalt 2018 – da werden wir Dank der Bayerischen Staatsregierung berücksichtigt - und der kommende Doppelhaushalt 2019/2020. Die Finanzierung muss stehen.

 

Durch Kulmbach geht ein Ruck?

Schramm: Auf jeden Fall. In Kulmbach deutet sich durch die Entscheidung des Kabinetts, einen Campus aufzubauen, aber auch wegen der zahlreichen Behördenverlagerungen der vergangenen Jahre eine Trendwende an. Man spürt eine Aufbruchstimmung.

 

Inwiefern?

Schramm: Die Nachfrage zum Beispiel nach Wohnungen und Kinderbetreuungsplätzen steigt. Aber was noch wichtiger ist: Die Stimmung der Menschen in unserer Stadt hat sich verändert. Ein neuer Optimismus hat in vielen Lebensbereichen, nicht zuletzt in der Wirtschaft, Einzug gehalten. Die Menschen verfolgen mit großem Interesse, wie es mit dem Projekt Campus vorwärts geht.

 

Wie viele Studenten, wie viele Professoren kommen?

Schramm: Geplant wird mit circa 1000 Studenten und mit 400 wissenschaftlichen und nicht wissenschaftlichen Mitarbeitern. Selbstverständlich werden nicht von Beginn an 1000 Studenten in Kulmbach studieren. Das wird eine Entwicklung von mehreren Jahren sein. 

 

Was wird gelehrt?

Schramm: Am Campus Kulmbach wird sich alles um das Thema Ernährung, Lebensmittel und Gesundheit drehen. Dementsprechend wird auch das Lehrangebot ausgerichtet. Beginnen wird man mit dem Bachelorstudiengang „Lebensmittel und Gesundheitswissenschaften“ sowie dem Masterstudiengang „Lebensmittelqualität und Sicherheit“.

 

Kulmbach schärft sein Profil als Kompetenzzentrum Gesundheit/Ernährung/Lebensmittel?

Schramm: Wir in Kulmbach sind mit dem Max-Rubner Institut, dem Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn), der Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, dem Institut für Sicherheit und Qualität bei Fleisch, dem Internationalen Kompetenzzentrum für Fleisch, dem aufzubauenden Nationalen Referenzzentrum für die Echtheit und Integrität der Lebensmittelkette, dem Bayerischen Brauerei- und Bäckereimuseum, dem deutschen Gewürzmuseum, den Big Playern in der Lebensmittelbranche Ireks, Raps und Kulmbacher Brauerei aber auch mit all unseren Brauern, Metzgern, Bäckern, Gastwirtschaften breit aufgestellt. Mit dem Campus bekommen wir nun auch den notwendigen wissenschaftlichen Überbau. Ziel ist es, Synergien zu schaffen, die letztlich allen nutzen. Kulmbach ist Lebensmittelstadt.

 

Was hat die Stadt davon?

Schramm: Ich bin guter Dinge, dass wir so dem demografischen Wandel trotzen können. Junge Menschen sind ein Geschenk für eine Stadt. Kulmbach wird sich bestimmt in vielen Bereichen positiv verändern. Alteingesessene Bewohner unserer Stadt mit frischer Tatkraft und Neubürger - gemeinsam werden sie Kulmbach spürbar beleben.

 

Die Menschen ziehen mit?

Schramm: Mein Ziel ist es, möglichst alle Kulmbacherinnen und Kulmbacher bei der Entwicklung mitzunehmen. Emotional aber auch ganz konkret. Bisher mussten junge Menschen unsere Stadt immer verlassen, wenn sie studieren wollten. Das wird in Zukunft anders sein. Auch für ehemalige Kulmbacher wird eine Rückkehr zunehmend interessanter. Die Stadt ergreift jetzt ihre Chance. Davon werden die Wirtschaft, die Vereine, der Einzelhandel profitieren. Das kulturelle Angebot wird sich weiterentwickeln.  Kulmbach ist und wird auch in Zukunft familienfreundlich bleiben - mit einer großen Zukunftsperspektive.

 

Es wird viele neue Wohnungen geben?

Schramm: Der Wohnungsmarkt in Kulmbach wird sich klar verändern. Der Stadtverwaltung liegen schon jetzt Anfragen von potenziellen Investoren für den Bau von rund 1000 Wohneinheiten vor: Vom Studentenapartment bis zur Großraumwohnung und dem eigenen Häuschen. Davon wird sicher nicht alles realisiert werden können, aber es zeigt, dass der Standort Kulmbach gerade attraktiv wird.

 

Kulmbach wird teurer?

Schramm: Da bin ich kein Experte, aber in manchen Bereichen wird man schon damit rechnen müssen. Beim Wohnungsangebot wollen wir das zumindest durch eigene Wohnungsbauprojekte abfedern, damit auch Menschen mit kleinerem Geldbeutel bei uns gute Möglichkeiten zum Wohnen haben. Andererseits werden davon dann zum Beispiel die Eigenheimbesitzer profitieren. Ich denke, dass alles in allem aber die positiven Aspekte bei weitem überwiegen werden.

 

Es gibt schon kritische Stimmen?

Schramm: Wenn etwas Neues kommt, gibt es natürlich auch oftmals Vorbehalte. Das kann ich verstehen. Gerade deshalb versuchen wir auch, die Menschen so gut es geht mitzunehmen.

 

Der Bevölkerungsrückgang kann gestoppt werden?

Schramm: Wir können hier eine Trendwende feststellen. Zum Ende des vergangenen Jahres sah es hier seit Jahren erstmals wieder besser aus.

 

Wo sehen Sie Kulmbach in fünf, in zehn Jahren?

Schramm: In fünf oder zehn Jahren sehe ich Kulmbach als Universitätsstadt. Ziel ist es, so schnell wie möglich den Campus und die dazugehörige Infrastruktur aufzubauen. Dafür sind die Bayerischen Staatsregierung und die Universität Bayreuth maßgeblich. Ein Jahrhundertprojekt für Kulmbach wurde vom Kabinett einstimmig beschlossen. Dafür sind die Menschen in dieser Stadt unendlich dankbar. Sie vertrauen nun darauf, dass die Staatsregierung schnell die nächsten Schritte in die Wege leitet. Was wir dazu beitragen können, werden wir tun.

 

 Wo kommt das Geld her?

Schramm: Die Finanzierung läuft über den bayerischen Staatshaushalt. Unser Augenmerk liegt hier auf dem kommenden Doppelhaushalt 2019/2020. Hier müssen Gelder für den Campusbetrieb und auch für dessen bauliche Umsetzung eingestellt werden, damit es zügig weitergehen kann. Natürlich bringen wir uns auch als Stadt Kulmbach finanziell ein. Das Ziel rechtfertigt jeden einzelnen Euro.

 

Über wie viel Geld reden wir?

Schramm: Das kann noch nicht beziffert werden.

 

Sie gelten als effektiver Fördermittel-Beschaffer. Auch in diesem Fall?

Schramm: Ich werde mich zumindest jeden Tag mit aller Kraft dafür einsetzen, dass dieses Projekt für Kulmbach gelingt.

 

Sie sind noch bis 2020 Oberbürgermeister. Dann wird neu gewählt. Treten Sie wieder an? 

Schramm: Schau mer mal.

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