Ein kleines Kissen als Tötungswerkzeug?

Von Manfred Scherer
Das Bayreuther Schwurgericht prüft zurzeit die Frage: Hat eine Frau aus Bindlach versucht ihre Schwiegermutter mit einem Kissen zu ersticken? Foto: Britta Pedersen dpa-Archiv Foto: red

Im Prozess gegen eine Frau, die versucht haben soll ihre betagte Schwiegermutter zu töten, sind weitere Belastungszeugen befragt worden. Die juristische Auseinandersetzung um die Frage des Tötungsvorsatzes in diesem Fall könnte spannend werden.

 
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Wie berichtet, ist die 59-jährige Frau aus einem Bindlacher Ortsteil angeklagt, im Frühjahr 2015 ihre heute 89-jährige Schwiegermutter zu Boden geworfen, sich auf ihre Brust gekniet und versucht zu haben sie mit einem Kissen zu ersticken. Dabei soll die Angeklagte gesagt haben: „Stirb endlich“.

Der Vorfall wurde erst zwei Jahre später bekannt, als die Angeklagte und ihre Schwiegermutter vor Gericht um eine Geldrente stritten. Die Forderung der seit Herbst 2015 ins Altenheim gezogenen Greisin sei nur berechtigt, wenn sie nachweisen könne, dass sie einen triftigen Grund hatte, ins Altenheim zu ziehen.

Ihre Enkelin berichtete am Dienstag als Zeugin vor dem Schwurgericht, dass ihre Oma dann vor dem Zivilgericht von dem Kissen-Überfall berichtet habe. In der Familie sei die Attacke schon länger bekannt gewesen, die Oma habe jedoch nicht gewünscht, zur Polizei zu gehen.

Ein Vorwurf wandert durch drei Gerichte

Der Zivilstreit um die Geldrente hing damit zusammen, dass die Seniorin die Schwiegertochter als Alleinerbin eingesetzt hatte.

Die Aussage aus dem Zivilstreit wurde an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, die leitete ein Strafverfahren ein. Ursprünglich ging die Anklage davon aus, dass die 59-Jährige bei der Kissenattacke von einem Tötungsvorsatz zurückgetreten sei – es schien lebensnaher, dass es ein leichtes gewesen wäre, die herzkranke Greisin zu töten, falls eine Täterin diesen Willen unbedingt hätte durchsetzen wollen.

In einem ersten Strafprozess vor dem Schöffengericht aber ergaben sich Indizien, die für einen Tötungsvorsatz sprachen, so dass der Fall ans Schwurgericht abgegeben wurde. Auch hier berichtete die Greisin, das Kissen auf ihrem Gesicht sei so klein gewesen, dass sie durch Hin- und Herwerfen ihres Kopfes nach Luft habe schnappen können. Und sie zitierte die Angreiferin, die zuletzt zu ihr sagte: „Ich hätte nie gedacht, dass du noch solche Kraft hast.“

Eine Nachbarin sah damals eine auffällige Schürfung an der Nase der alten Frau und fragte nach den Hintergründen – die Seniorin erzählte ihr schließlich von der Kissenattacke.

Die Angeklagte bestreitet bislang

Vor dem Schwurgericht bestritt die Angeklagte die Vorwürfe, sie habe ein gutes Verhältnis zur Mutter ihres 2014 gestorbenen Mannes gehabt und sich auch stets um sie gekümmert.

Dem widersprach ein pensionierter Beamter, der sich in dem Bindlacher Heim um den komplizierten Verwaltungsaufwand in Sachen Kranken- und Pflegekasse alter Leute kümmert. Im Fall der 89-Jährigen habe er finanzielle Unregelmäßigkeiten festgestellt. Die Angeklagte, die eine Vollmacht für das Konto der Schwiegermutter hatte, habe Geld abgezweigt. Und sie sei „sehr aggressiv“ geworden, als er ihr dies vorhielt und sei ihm mit ihrem Auto beinahe über die Füße gefahren.

Bei der Zeugenbefragung des Hausarztes der Greisin ergab sich, dass eine Arzthelferin im fraglichen Tatzeitraum die Schürfung an der Nase der Seniorin gesehen habe – sie soll am Freitag aussagen und wäre die zweite Zeugin für die abgeschürfte Nase.

Möglicherweise wird sich die Angeklagte dann noch einmal äußern: Ihr Verteidiger Wolfgang Schwemmer hat angekündigt, er werde eine Erklärung vorbereiten.

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