Die Stunde des Markus Söder

Von Roland Töpfer
21.09.2017, Bayreuth, Sudpfanne, CSU, Markus Söder, Foto: Andreas Harbach Foto: red

Die Krise ist die Zeit des Umbruchs. In Bayern, wo die CSU nach ihrem beispiellosen Debakel bei der Bundestagswahl ihre Wunden leckt, könnte nun die Stunde des Markus Söder kommen. Die Gelegenheit scheint günstig, sich als Mann der Zukunft für das Land und die Partei zu positionieren, auch wenn es noch nicht danach aussieht. Denn zunächst muss die Berliner Koalition stehen, dann kommt Bayern.

 
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Der CSU-Chef und sein Spitzenkandidat sind kläglich gescheitert. Horst Seehofer und Joachim Herrmann haben der AfD zu viel Raum gegeben, der Kanzlerin zu wenig Widerstand geleistet. Wer CSU wählt, wählt Merkel und ihre Flüchtlingspolitik - diese Logik hat die Menschen in Scharen von den Christsozialen weggetrieben. Jetzt kämpft Seehofer um sein politisches Überleben.

Zeit für Söder, es zu wagen

Söder formuliert griffig, polarisiert gern, nimmt schnell Stimmungen auf. Solidität und Seriosität sind nicht seine Stärken, am staatsmännischen Auftritt versucht er sich noch. Bei der CSU ist Feuer unterm Dach, die alten Löschkapitäne scheinen überfordert zu sein.

Zeit für einen Neuen also, der das konservative Profil der Partei wieder schärft, die Wechselwähler von der AfD zurückholt. Zeit für Söder, es zu wagen. Wenn Seehofer tatsächlich gehen muss, wäre auch der bayerische Brückenkopf für Karl-Theodor zu Guttenberg geschwächt. Dass Guttenberg Landespolitiker werden will, ist unwahrscheinlich.

Ob man sich auf einen Franken einigen kann?

Söder, für den Guttenberg eine ständige politische Bedrohung darstellt, die Seehofer mit Freude aufrechterhält, könnte mit einem Machtwechsel neue Fakten schaffen. Dass Seehofer nicht nur aus Franken und der Oberpfalz, sondern auch aus Südbayern offen angegriffen wird, ist ein Indiz für den Wechselwillen in Teilen der CSU.

Doch ob man sich auf einen Franken einigen kann oder vielleicht doch lieber CSU-Vize Manfred Weber ermuntern möchte? Die nächsten Wochen und Monate werden Klarheit bringen. Der Machtkampf in Bayern strebt seinem Höhepunkt zu.

Die Obergrenze steht im Zentrum

Seehofer kämpft nicht nur an der Heimatfront, sondern auch in Berlin. Mit einer extrem geschwächten CSU in Koalitionsverhandlungen für ein Jamaika-Bündnis zu gehen, ist eine denkbar schlechte Voraussetzung. Ein Scheitern in Berlin, ein weiteres Aufweichen traditioneller CSU-Positionen kann sich Seehofer nicht leisten, will er seine Chance auf eine Kandidatur in Bayern 2018 bewahren.

Die Obergrenze, die Seehofer ultimativ einforderte, später aber wieder relativierte, steht im Zentrum der Überlegungen. Das im Grundgesetz Artikel 16a verankerte Asylrecht kennt keine Obergrenze. Allerdings gilt dies allein für politische Flüchtlinge. Bei Einreise über einen sicheren Drittstaat ist eine Anerkennung ausgeschlossen. Ein Großteil des von Kanzlerin Angela Merkel geduldeten Flüchtlingsstroms erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Das hat viele Menschen zu Protestwählern gemacht.

Wird Söder seine Chance nutzen?

Söder hat oft auf diese Missstände hingewiesen, hat es aber nicht geschafft, die Partei auf klaren Kurs zu zwingen. Dazu braucht es die starke Kraft des Vorsitzenden, was in diesem Fall wegen der persönlichen Animositäten mit besonderer Problematik behaftet ist.

Wie auch immer: Söders Stunde scheint gekommen. Wird er sie nutzen? Oder mangelt es ihm doch an integrativen Kapazitäten? Die CSU spielt hohes Risiko. Das Eifern nach rechts ist für die Partei gefährlich. Wenn sie in der Mitte verliert und rechte Wähler lieber bei der AfD bleiben, dann ist der Traum vom neuen Aufstieg endgültig dahin.