Die Argumente im SABS-Streit

Von Thorsten Gütling
Über ein halbes Jahr hat der Hollfelder Stadtrat über Sinn und Unsinn wiederkehrender Beiträge zum Straßenausbau gestritten. Jetzt wurde eine Entscheidung bis zum nächsten Bauprojekt vertagt. Archivfoto: Gerhard Leikam Foto: red

Mit 19 zu zwei Stimmen hat der Stadtrat Hollfeld entschieden, dass er sich bis auf weiteres nicht mehr mit wiederkehrenden Beiträgen beim Straßenausbau beschäftigen will. Das sind die Argumente:

 
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Seit zwei Jahren hat Hollfeld eine Straßenausbaubeitragssatzung. Diese regelt, dass die Anwohner an den Kosten beteiligt werden, wenn eine Straße vor ihrem Haus ausgebaut wird. Seit vergangenem Jahr gibt es ein Gesetz, das erlaubt, dass sich an Stelle weniger Anwohner ein ganzes Viertel an den Kosten beteiligt. Mit geringeren Beiträgen, über viele Jahre gezahlt. In Hollfeld haben die Fraktionen von CSU und WG-Land über ein halbes Jahr für diese neue Lösung gekämpft. Jetzt sind sie, vorerst, gescheitert. Denn entgegen des Vorschlags der beiden Fraktionen haben sich am Ende 19 Stadträte, darunter auch fast alle Mitglieder von CSU und WG-Land, dafür ausgesprochen, die Entscheidung zu vertagen.

Und zwar solange, bis das nächste Mal in Hollfeld eine Straße ausgebaut wird, an deren Kosten sich die Bürger beteiligen sollen. Nach Meinung der Verwaltung ist das erst in einigen Jahren der Fall. Für das Umdenken der Mitglieder von CSU und WG-Land sorgte eine Drohung von Hartmut Stern, Fraktionssprecher des Bürgerforums: „Wenn der Antrag jetzt scheitert, bin ich dagegen, später noch einmal darüber abzustimmen.“ Und das waren die weiteren Argumente:

Bürgermeisterin Karin Barwisch (Bürgerforum):

Die Bürgermeisterin ist gegen die Einführung wiederkehrender Beiträge. Sie argumentiert, dass die Belastung für die Bürger höher sein könnte, als gedacht. Weil von den zu bildenden Abrechnungseinheiten nämlich all die Haushalte ausgeschlossen werden müssten, die in den vergangenen 20 Jahren schon einmal für die Erschließung ihrer Grundstücke oder den Ausbau einer Straße gezahlt hätten. So lange ist man danach nämlich von einer nochmaligen Belastung befreit. Dazu kommt: In den vergangenen Jahren hat die Stadt all ihre Außenorte an den Kanal angeschlossen und viele Straßen dadurch überhaupt erst aufgebaut. In den nächsten Jahren stünde daher kein Straßenausbau an, den die Anwohner bezahlen müssten.

In den nächsten Jahren würden drei große Straßen wichtig werden, nämlich die von Höfen nach Tiefenlesau, von Pilgerndorf nach Wohnsdorf und von Krögelstein nach Feulersdorf. Alles Gemeindeverbindungsstraßen, die nicht umgelegt werden könnten.

Barwisch sagt auch, dass kleinere Ortsteile eine eigene Abrechnungseinheiten bilden müssten. Dort, wo weniger Menschen lebten, müssten Einzelne daher auch mehr Geld für den Ausbau einer Straße zahlen, was Barwisch zufolge ungerecht wäre. Das Bilden von Einheiten bezeichnet Barwisch auch deshalb als schwierig, weil die darin für den Straßenausbau zahlenden Bürger einen „signifikant höheren Nutzen“ von der ausgebauten Straße haben müssen, als die Allgemeinheit. „Die wiederkehrenden Beiträge dürfen nicht zu eine Straßensteuer verkommen“, sagt die Bürgermeisterin. Dazu komme: Der Hauptvorteil der wiederkehrenden Beiträge, nämlich die Stückelung größerer Beträge durch Ratenzahlung, Stundung oder Verrentung, sei auch jetzt schon möglich.

Manfred Neumeister (Grüne):

Signifikante Vorteile haben im der Kernstadt wegen der dort ansässigen Schulen, Ärzte und Apotheken alle Einwohner, nicht nur die, die im Kernort für die Straßen bezahlen sollen. Neumeister nennt das System der wiederkehrenden Beiträge daher „eine Ungerechtigkeit ohne Gleichen“. Neumeister ist neben Georg Röhm (CSU) der einzige Stadtrat, der gegen eine Vertagung der Entscheidung stimmt und er kündigt an: „Sollten die wiederkehrenden Beiträge in Hollfeld kommen, bin ich der erste, der dagegen klagt.“ Neumeister sagt außerdem: Weil die Satzung in den nächsten Jahren sowieso nicht zur Anwendung komme, nehme man nachfolgenden Stadträten eine Entscheidung vorweg.

Markus Seidler (WG Hollfeld-Land):

Mag sein, dass es stark vereinfacht war, im Internet mit  Abrechnungseinheiten von 800 Häusern und dadurch sehr niedrigen Beiträgen zu kalkulieren. Genauso illegitim sei es aber, Informationen kompliziert zu halten und sie den Bürgern dadurch vorzuenthalten. Seidlers Ziel sei es gewesen, der Verwaltung frühzeitig ein Zeichen zu geben, ob auf sie in Zukunft die Berechnung wiederkehrender Beiträge zukommt oder nicht.  Seidler sagt: „Das System der Einmalbeiträge ist krank und ungerecht, das andere ist nur kompliziert.“ Zu einem Umdenken gebe es laut Seidler nur eine Alternative: Den Leuten, die tausende von Euro an Einmalbeiträgen für den Straßenausbau berappen müssten, ins Gesicht zu sagen: Das finden wir gerecht.

Michael Schatz (CSU):

Hätte es im vergangenen Jahr beim Kanalbau in Schönfeld bereits wiederkehrende Beiträge gegeben, hätte die Stadt dort einen Gehsteig bauen können, ohne die Bürger übermäßig zu belasten, sagt der Fraktionssprecher der CSU. Warum Schatz für wiederkehrende Beiträge ist, erklärt er auch am Hollfelder Hirtenberg. Dort stünden acht Häuser, vier davon würden von Bürgern mit geringem Einkommen bewohnt. Und Schatz fragt: „Wer soll dort bezahlen, wenn die Straße einmal ausgebaut wird?“

Thomas Appel (Heimatliste):

„Ich bin nicht generell gegen wiederkehrende Beiträge, aber ich verstehe den Zeitpunkt nicht.“ Zu den Überlegungen des Gemeinderates Plankenfels, wiederkehrende Beiträge einzuführen, sagt Appel. „Lassen wir die das einführen und schauen wir zu, wie es läuft.“

Harald Stern (Bürgerforum):

Der Sprecher des Bürgerforums sagt, sowohl zu kleine, als auch zu große Abrechnungseinheiten wären ein Problem. Während bei kleinen Einheiten die Bürger immer noch hohe Beträge schultern müssten, müssten sie in großen Einheiten teils jahrzehntelang für Straßen bezahlen, bevor sie zum ersten Mal tatsächlich etwas davon hätten.

Rudi Arnold (WG Hollfeld-Land):

„Wir haben nichts in der Hand. Keine Zahlen, keine Einheiten, keine Angaben zum Verwaltungsaufwand. Ich stimme zu, dass es zur Zeit keinen Anlass für diese Diskussion gibt.“

Günther Bienfang (Verwaltungsleiter):

Die Verwaltung sei gegen wiederkehrende Beiträge, sagt der Verwaltungsleiter. Statt einiger weniger Bescheide wären künftig einige Hundert nötig, dazu jeden Bescheid zweimal, nämlich im Voraus und am Schluss. Dazu würde Personal nötig zur Bearbeitung  von Zahlungseingängen, Stundungsanträgen und Mahnungen. Bienfang sagt: „Das wird mit dem vorhandenen Personal nicht gehen.“

Matthias Nogly (Kämmerer):

„Gerecht ist, was den Bürger am wenigsten kostet“, sagt der neue Kämmerer der Stadt, Matthias Nogly. Der Anteil der Kosten, den die Stadt auf ihre Bürger umlegen könne, bleibe bei beiden Abrechnungssystemen gleich. Unterschiedlich sei aber die Höhe des Verwaltungsaufwands. Nogly spricht im Falle wiederkehrender Beiträge von „enormen Verwaltungskosten“, die sich die Stadt über eine Anhebung von Grund- oder Gewerbesteuer zurückholen müsse.