Der Trend zur Briefwahl nimmt zu: Flut an Anträgen im Bayreuther Wahlamt - Schon fast 5000 Bürger haben sich gemeldet Lieber daheim Kreuzchen machen

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Sie haben momentan alle Hände voll zu tun: Tanja Mösch und Rosalie Seebauer tüten Wahlunterlagen ein. ⋌Foto: Andreas Harbach Foto: red

Bei der Bundestagswahl am 24. September wollen immer mehr Menschen lieber über die Briefwahl teilnehmen. Bayreuth hat bei diesem Trend bereits bei der letzten Bundestagswahl im September 2013 eine Vorreiterrolle gehabt. Jetzt zeichnet sich ab, dass noch einmal mehr Menschen die Briefwahlunterlagen beantragen, wie die Stadt auf Anfrage mitteilt.

 
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Hochbetrieb im Wahlamt der Stadt: „Stand Dienstag, 10 Uhr, haben wir bereits 4872 Anträge auf Briefwahl im Wahlamt vorliegen“, sagt Joachim Oppold, der Pressesprecher der Stadt Bayreuth, im Gespräch mit dem Kurier. Allein am Montag seien „rund 2300 Anträge im Wahlamt eingegangen. Dabei sind die Wahlbenachrichtigungen gerade erst rausgegangen“. Angesichts dieser Flut an Anträgen könne man „durchaus von einem Trend hin zur Briefwahl sprechen“, sagt Oppold.

Die Gründe für den Wunsch der Wähler, nicht im Wahllokal abzustimmen, könne man nur erahnen, sagt der Pressesprecher: „Möglicherweise fühlen sich die Menschen dann flexibler. Komfortabler ist es ja, wenn man zu Hause abstimmen und sich den Gang zum Wahllokal ersparen kann.“ Gleichwohl ist ein Briefwahl-Antrag nicht gleichbedeutend mit einer Stimmabgabe - oder einer gültigen Stimmabgabe: „Ein gewisser Schwund ist immer. Nicht jeder entschließt sich am Ende, sich an der Wahl zu beteiligen.“

Stadt hat genügend Wahlhelfer

Gab es im Vorfeld der jüngsten Wahlen größere Schwierigkeiten, die Reihen der Wahlhelfer zu schließen, ist dieses Problem für den 24. September offensichtlich vom Tisch: „Alle 650 Wahlhelfer sind gesetzt. Wir haben auch eine gewisse Reserve, damit der eine oder andere, der ausfällt, ersetzt werden könnte“, sagt Oppold. Das Wahlamt könne „auf einen gewissen Stamm an Wahlhelfern zurückgreifen, ein großer Teil kommt aus den Reihen der Stadtverwaltung“. Für die rund 57.200 Wahlberechtigten stehen 71 Wahllokale zur Verfügung, dazu kommen 19 Briefwahlbezirke.

Parallel zum Versand der Briefwahlunterlagen laufen nach Oppolds Angaben die Vorbereitungen für den Wahlabend am 24. September: Das Rathaus wird wieder geöffnet sein, im Foyer im zweiten Stock werden die Hochrechnungen und ersten Ergebnisse der Auszählungen zu verfolgen sein. „Wir werden auch wieder online informieren“, sagt Oppold. Armin Ambros, der Leiter des Wahlamts, rechnet Oppold zufolge mit ersten Ergebnissen „gegen 18.30 bis 18.45 Uhr. Das vorläufige Endergebnis für den Wahlkreis Bayreuth, der sich aus Stadt, Landkreis und einigen Gemeinden aus dem Kreis Forchheim zusammensetzt, wird gegen 22 Uhr erwartet“. Die Auszählung der Urnen- und der Briefwahl laufe „parallel und zeitgleich, alle ab 18 Uhr“.

Fast jeder dritte Wähler stimmt per Brief ab

Die Prognose, dass bei der Bundestagswahl fast jeder dritte Wähler seine Stimme per Briefwahlabgeben will, sehen Experten kritisch. Laut einer Umfrage des Instituts Insa für die „Bild“-Zeitung wollen 30 Prozent der Befragten, die sich an der Wahl beteiligen möchten, per Brief abstimmen. Bei der Bundestagswahl 2013 hatte der Anteil der Briefwähler noch 24,6 Prozent betragen, meldet die Deutsche Presse-Agentur (dpa).

Kritik an der wachsenden Zahl von Briefwählern habe der Staatsrechtler Ulrich Battis der Agentur zufolge geäußert. Battis wird mit dem Satz zitiert: „Bei mehr als 25 Prozent Briefwählern wird es problematisch.“ Eine frühe Entscheidung finde unter anderen Bedingungen statt als die Stimmabgabe am Wahltag. Es sei ein Unterschied, ob man seine Stimme Wochen vor der Wahl unter dem Eindruck von Umfragen abgebe oder während der demografischen Ruhephase am Wahltag.

Ein Zeichen zunehmender Mobilität

Andreas Kögel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für politische Soziologie der Uni Bayreuth sieht das auf Nachfrage anders: „Eine Verzerrung der Statistik gebe es aus seiner Sicht nur dann, wenn „bestimmte Gruppen von Wahlberechtigten systematisch von der Wahl abgehalten werden“. Diese Gefahr, teilt Kögel mit, „kann ich bei der Briefwahl nicht sehen“. Vielmehr hätten durch die Briefwahl mehr Wahlberechtigte die Möglichkeit, an einer Briefwahl teilzunehmen - „gerade in einer Unistadt während der Semesterferien“. Aus den genannten Gründen „wäre eine Verzerrung des Ergebnisses gerade ohne Briefwahl zu erwarten“, sagt Kögel. Briefwahl sei „in erster Linie ein Zeichen der zunehmend mobilen Gesellschaft“, die sich unter Umständen auch in einer „gewissen Bequemlichkeit“ spiegle.

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