Der Grüne Faden Zwischen Dichtungen und Tanzbein

Von Anne Müller

BAYREUTH. Beruflich ist er viel auf Achse, privat dagegen schätzt er Kontinuität: Seit 2009 ist er in der Bayreuther Tanzszene aktiv. Und weil ihm sein Hobby dermaßen viel Freude macht, ist er in die Organisationsarbeit eingestiegen: Lukas Maisel.

 
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Es war einmal ein kleiner Bub, der in Meyernberg in der Einflugschneise des Rettungshubschraubers wohnte und sich bei jeder Gelegenheit die Starts und Landungen der Hubschrauber am Klinikum anschaute. Mit großen Augen und offenem Mund hielt er sich an der Umzäunung des Landeplatzes fest, die Haare flogen ihm nur so um den Kopf, und in seinem Kopf festigte sich ein Wunsch: „Das will ich auch mal machen – so einen Rettungshubschrauber fliegen!“

Aus dem kleinen Buben wurde ein gestandener Wirtschaftsingenieur, der heute zwar auch viel unterwegs ist, aber nicht in der Luft, sondern auf der Straße. „Ich arbeite als Area Manager bei Frenzelit und bin für Mittel- und Süddeutschland, die Schweiz, Österreich und Ungarn zuständig.“

Böse Pollen

Er ist verantwortlich für den Verkauf und die technische Beratung im Bereich Dichtungen, und obwohl er die Stimmung und das Arbeitsklima bei Frenzelit sehr genießt, ist es doch ein anderer Aspekt an seinem Beruf, der ihm besonders gut gefällt: „Ich bin nicht nur am Schreibtisch, sondern sehe unglaublich viele schöne Panoramen und Aussichten auf meinen Dienstreisen – das fasziniert mich immer wieder, und ich freu’ mich schon beim Heimkommen auf die nächste Fahrt.“

Lukas Maisel kam 1989 in Bayreuth auf die Welt, wuchs zusammen mit seiner Schwester in Meyernberg auf und besuchte hier auch die Grundschule. Dann wechselte er aufs Wirtschaftswissenschaftliche Gymnasium, wo er auch Jakob Vonau kennenlernte, seinen Vorgänger beim Grünen Faden.

„Jakob war im Jahrgang meiner Schwester, und irgendwann kennt eh jeder jeden – vor allem, wenn dann noch der Sport dazukommt.“ Am WWG waren seine Lieblingsfächer die Naturwissenschaften, doch der Berufswunsch als Hubschrauberpilot stand immer noch im Vordergrund.

Heute kann Lukas Maisel darüber lachen, wie sich dieser Berufsplan zerschlagen hat, doch damals war es schon ein Schock. Er hatte sich darüber informiert, wie er sein Ziel am besten erreichen könnte, und erfuhr, dass das nur über eine Laufbahn bei der Bundeswehr oder bei der Bundespolizei möglich war. „Und bei der Bundeswehr wäre ich wegen meiner Allergien sofort ausgemustert worden – klar, was nützt es dem Arbeitgeber, wenn ich bei der kleinsten Feldübung sofort ausfalle, weil meine schlimmsten Feinde die bösen Gräserpollen sind?“

Studium in Hof

Ein Sechser im Lotto wäre also wahrscheinlicher gewesen als eine Pilotenlaufbahn, und so orientierte Lukas Maisel sich um. Bordingenieur wäre sein Plan B gewesen, schlussendlich wurde er Wirtschaftsingenieur.

Die ersten beiden Jahre studierte Lukas Maisel Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Chemnitz. Die Stadt und die Uni gefielen ihm schon, allerdings war das Studium für seine Vorstellungen zu theoretisch und zu wenig technisch. Über einen Freund, der an der Fachhochschule in Hof studierte, erfuhr er vom dortigen Studiengang und schaute sich sogleich in Hof um.

„Mein Kumpel meinte: Wir haben auch Wirtschaftsingenieurwesen. Und nach einem Tag voller Probevorlesungen war mir klar: Das ist meins, hier mach’ ich weiter.“ Er wechselte nach Hof, studierte vertieft Maschinenbau mit dem Spezialgebiet Mechatronik und kümmerte sich zuallererst darum, dass er die Leistungen, die er sich aus Chemnitz nicht anrechnen lassen konnte, in Hof nachholte.

„Ich fühlte mich sofort wohl dort, weil die Sichtweise auf mein Fachgebiet einfach ganz anders war und ich mich auch in viele freiwillige Vorlesungen setzen konnte, Medizintechnik zum Beispiel. Es war einfach klasse.“ 

Seit Juni 2015 arbeitet Lukas Maisel nun bei Frenzelit in Bad Berneck, und nach seiner Anfangszeit im Innendienst wurde er schon bald auf die Kundschaft im In- und Ausland losgelassen. An seiner Wohnzimmerwand hängt eine Weltkarte, und jeden Ort, den er schon einmal beruflich aufgesucht hat, ziert eine Stecknadel.

Die meisten Ortsnadeln stecken in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Ungarn. Dorthin ist er in schöner Regelmäßigkeit unterwegs, aber auch bis nach Indien führte ihn sein Beruf schon. Seine beruflichen Zukunftspläne würden ihn im Idealfall in eine verantwortungsvolle Führungsposition bringen. 

Das Schönste an seinem Beruf, meint Lukas Maisel, seien die Ausblicke, die er bisweilen genießen darf. „Ich erinnere mich so gern an die Bergpanoramen in der Schweiz und in Österreich: stahlblauer Himmel, Sonne, der Schnee glitzert auf den Berghängen – und ich wär am liebsten sofort da geblieben!“

Boogie-Formation

Wenn Lukas Maisel nicht für Frenzelit unterwegs ist und sich um Dichtungen kümmert, dann ist er meist in Tanzschuhen unterwegs. Seit dem Tanzkurs bei Helmut Jahn bildete er sich ständig fort, und nach dem Goldstar-Kurs gründete er mit seiner Clique aus dem WWG eine Boogie-Formation. „Ich selber habe schon beim Anfängerkurs gemerkt, dass Tanzen mein Sport ist. Du trainierst deine Muskeln und deine Koordination, aber genauso gefordert ist dein Kopf.“ 

Nach kurzer Zeit gründeten die Boogie-Tänzer das B-Team der Lateinformation, einige wechselten ins A-Team und tanzten schließlich auch auf Turnieren. Solche Auftritte, meint Lukas Maisel, seien zwar immer abhängig von den Urteilen der Wertungsrichter. „Aber als Ergebnis unserer Arbeit finde ich die Turnierauftritte einfach klasse.“

Schon zu Schulzeiten war Lukas Maisel als Tutor, als Klassensprecher, Schulsprecher und Kollegstufensprecher aktiv und hat in dieser Zeit viel organisiert, „zum Beispiel den Abiball, die Abifeier, den Abischerz und unzählige andere Sachen. Organisieren ist ein Feld, in dem ich mich wohlfühle, und das habe ich auch auf das Tanzen übertragen können.“ 

Maisel ist unter anderem im Vorstand der Bayreuther Tanzsportgemeinschaft, organisiert sein Formationsteam und auch Turniertanz-Veranstaltungen. Das nächste Großereignis, das er in Form bringt, ist das Abschlussturnier der Lateinformationen der bayerischen Ober- und Landesliga, das am 30. März in der Oberfrankenhalle stattfindet. „Jeder kann zuschauen und miterleben, was für ein toller und komplexer Sport Tanzen wirklich ist. Die Freude und der Spaß am Tanzen steht hier im Vordergrund – und den werden wir auf jeden Fall haben!“


Info: Lukas Maisel gibt den Grünen Faden weiter an Sebastian Baier, weil „mich sein Hobby Segelfliegen total fasziniert. Er und seine Mannschaftskollegen wurden schon mehrfach zur ,Mannschaft des Jahres‘ gewählt, und ich finde es einfach klasse, dass wir hier in Bayreuth solche Sportler haben, die international zu den Besten gehören.“



Der grüne Faden: Jeder Mensch hat eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden. Bayreuth hat über 75.000 davon. Mit unserer Serie möchten wir die Schicksale hinter den vielen Gesichtern aufzeigen, die uns täglich begegnen. Ob auf dem Marktplatz oder beim Metzger. Jeder Porträtierte wird anschließend gebeten, den symbolischen Grünen Faden an jemanden weiterzureichen, dessen Geschichte auch einmal erzählt werden sollte. So zieht sich der Grüne Faden durch die Stadt.

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