Der deutsche Meister kommt aus Ungarn

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Auch Blecharbeiten gehören zum Alltag des deutschen Meisters Balazs Kis. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Im Sport kennt man das ja – ohne ausländische Spitzenspieler sind große Titel kaum zu gewinnen. Aber im Leistungswettbewerb des deutschen Handwerks? Balazs Kis jedenfalls ist Ungar, hat bei der Firma F. K. Isoliermontage (FKI) in Kirchahorn gelernt – und ist deutscher Meister der Isolierer-Gesellen.

 
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Das nennt man wohl souverän. Fragt man Balazs Kis, ob er nervös gewesen sei beim zweitägigen Bundesentscheid in Sigmaringen, dann lächelt er und sagt: „Nein, ich weiß ja, was ich gelernt habe. Und als ich dann die Aufgabe gesehen habe, habe ich gewusst, dass das machbar ist.“ Sein Chef Helmut Fuchs, der das Unternehmen zusammen mit seiner Tochter Elke Rieß leitet, dagegen betont, „dass das schon ganz schön anspruchsvoll war“. Schließlich mussten in 17 Stunden gleich drei verschiedene Techniken angewandt und mehrere Meter verzweigte Rohre isoliert werden. Nur zwei der Landessieger aus ganz Deutschland lösten die Aufgabe komplett. Kis war bereits eine Stunde vor Ablauf fertig – und hatte da dem einen oder anderen Konkurrenten noch Tipps gegeben, sich aber bei einem Problem auch selber Hilfe geholt. „Es war eine kollegiale Atmosphäre, auch wenn natürlich jeder gewinnen wollte“, sagt er.

„Deutsch lernen ist schon schwer“

Der 26-Jährige spricht mit sanfter Stimme, sucht manchmal nach dem richtigen Wort. „Er ist ein Perfektionist, auch bei der Sprache, will immer alles richtig machen“, sagt Elke Rieß. Als er vor rund drei Jahren ins Ahorntal kam, konnte er kein Wort Deutsch. Für die ersten drei Monate engagierte die Firma eine Lehrerin, dann ging es mit einem Kurs in der Berufsschule weiter. „Außerdem lernt man von den Kollegen. Und wenn ich etwas nicht verstanden habe, habe ich versucht, es mir abends selber beizubringen – übers Internet“, sagt der junge Ungar, und: „Deutsch lernen ist schon schwer.“

65 Mitarbeiter

Mittlerweile versteht er auch Fränkisch oder das Sächsisch des einen oder anderen Kollegen. Aber auch Ungarisch kann er weiter reden, denn bei FKI mit seinen 65 Beschäftigten arbeiten einige Landsleute. Zwar gibt es den Beruf des Isolierers in dem osteuropäischen Land gar nicht, „aber eine Tradition guter Metall- und Blechverarbeiter, und da gibt es Parallelen“, sagt Helmut Fuchs, der auch angesichts der Probleme, heimische Fachkräfte zu finden, gerne auf Ungarn zurückgreift.

Landessieger und Zweiter aus einem Unternehmen

„Da empfiehlt einer den anderen“, sagt Elke Rieß, und genau so lief es auch bei Balazs Kis. Sein Freund Istvan Kocsis, der selber gerade angefangen hatte, bei FKI zu lernen, erzählte ihm vor drei Jahren von den Möglichkeiten im fernen Oberfranken. Kis fackelte nicht lange, unterbrach sein Studium der Gebäudemechatronik, heuerte in Kirchahorn an – und schnappte Kocsis dieses Jahr mit den bayernweit besten Noten in Theorie und Praxis (Gesamtnote 1,5) den Landessieg und damit die Qualifikation zum Bundesentscheid knapp vor der Nase weg.

Eine Motivation sind für Kis die Verdienstmöglichkeiten. „Ich bekomme hier jetzt schon mehr als doppelt so viel, wie ich in Ungarn mit abgeschlossenem Studium verdienen könnte. Da bleibt viel übrig zum Sparen“, sagt er. Und dass er oft auf Montage unterwegs ist? „Kein Problem, da sieht und erlebt man viel. Ich bin doch jung.“

Elf Stunden Fahrt in die Heimat

Hat er kein Heimweh? „Eigentlich nicht“, sagt Kis. Außerdem fahre er alle vier Wochen mit dem Auto die rund elf Stunden in seine kleine Heimatstadt Kunhegyes rund 150 Kilometer östlich von Budapest. Ein paar Tage Erholung? „Wie man’s nimmt. Meistens helfe ich dann in der Landwirtschaft der Familie meiner Freundin.“

Jetzt ist der Meister dran

Mindestens ein paar Jahre wird das noch so bleiben, denn Kis will bald den Meister in Angriff nehmen. Was seinen Chef freut, „denn oft werden uns gute Leute schnell abgeworben. Wir bilden aus, dann kommen die Großen der Branche“, sagt Fuchs, der das aber auch als Auszeichnung sieht: „Wir sind so etwas wie eine Kaderschmiede für Isolierer.“ Deutscher Meister inklusive.

Das Unternehmen

F. K. Isoliermontage (FKI) wurde 1994 von Helmut Fuchs gegründet und hat seinen Sitz in Kirchahorn. Mittlerweile ist auch seine Tochter in der Geschäftsleitung, sein Sohn macht erste Schritte im Unternehmen. Obwohl es bundesweit deutlich größere Konkurrenten gibt, ist FKI laut Fuchs der größte Anbieter in Nordbayern für Wärme- und Kältedämmung sowie Schall- und Brandschutz.

Jeweils 40 Prozent des Jahresumsatzes von rund sechs Millionen Euro macht FKI mit Projekten in der Industrie (vor allem Pharma und Lebensmittel) und mit Haustechnik für große Gebäude, der Rest sind Nischen. Die Kunden finden sich vor allem in Süd- und Mitteldeutschland, aber auch in Österreich, der Schweiz und Polen. Einzelprojekte gab es aber auch schon in Griechenland, Tansania oder der Ukraine. Dabei geht es um Dämmung und Isolierung von Kesseln, Kälteanlagen, großen Kühltunneln oder auch Trocknungsanlagen unter anderem bei großen Pharmaunternehmen wie Boehringer oder Rentschler, Brauereien wie Paulaner aber auch Krug, großen Milchhöfen wie etwa in Bayreuth oder in der Papierindustrie.

Bis zu 100 Baustellen laufen parallel, wenn auch nicht immer gleichzeitig. Die FKI-Monteure sind dabei von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten vor Ort. Hinzu kommen Dauerwartungsverträge etwa mit Boehringer, wo immer jemand von FKI präsent ist.

Blechverkleidungen werden in Kirchahorn vorproduziert und dann vor Ort montiert, das Dämmmaterial wird zugekauft. Und der ländliche Standort? „Wurscht“, sagt Fuchs: „Seit gut drei Jahren haben wir schnelles Internet. Damit können wir alles gut von hier aus regeln.“

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