Der beste Modellflieger weit und breit

Von Thorsten Gütling

Gerhard Grassers Sportgerät kostet soviel wie ein Kleinwagen. Damit umzugehen, ist in etwa so anspruchsvoll, wie einen Basketball auf der Fingerspitze zu balancieren. Ein Fehler kann tödlich enden, aber wenn Grasser damit umgeht, dann sieht es kinderleicht aus. Mit zwei Fingern steuert er es rasend schnell nur wenige Zentimeter über dem Boden entlang. Lässt es wie einen Kreisel aufsteigen und wie einen Stein vom Himmelfallen. Grasser ist Modellhubschrauberpilot und in seiner Klasse der zweitbeste in ganz Deutschland.

 
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Eigentlich war diese Saison großer Mist, sagt der Mann aus Breitenlesau. Denn soviele Modellhubschrauber wie in diesem Jahr sind ihm noch nie abgestürzt. Gleich drei Stück hat er „eingegraben“. Was zunächst übertrieben klingt, kommt dem Bild, das sich an Absturzstellen bietet, tatsächlich nahe. 6,4 Kilogramm schwer sind Grassers Modelle, mit 150 Stundenkilometern jagt er sie durch die Luft, die Rotorblätter aus Carbon sind scharf wie Messer. Treffen sie auf ein Hindernis, schlagen sie mit der Kraft einer halben Tonne darauf ein. „Wenn die dich treffen, ist es aus“, sagt Grasser. Armdicke Baumäste haben die Rotoren schon gekappt. Wenn so ein Modellhubschrauber abstürzt, dann hört und sieht man das. Der letzte, sagt Grasser, habe sich in der Luft plötzlich „aufgeschüttelt“ und sich die Rotorblätter selbst ins Gehäuse geschlagen.

Abstürze gleich Klasse

Aber dass Grasser in einem Jahr gleich drei seiner Modelle in den Boden eingegraben hat, spricht eben auch für seine Klasse. Grasser fliegt bei Wettbewerben nicht einfach nur mit, sondern will gewinnen. Will bei jedem Flug näher ran an die Grenze dessen, was technisch möglich ist - und geht das ein oder andere mal eben auch darüber hinaus. In diesem Jahr wurde Gerhard Grasser zweiter bei der Deutschen Meisterschaft im Hubschraubermodellflug. Geflogen wurde in drei Städten, unter anderem in Hollfeld. Im nächsten Jahr will den zweiten Platz verteidigen. Die Chancen stehen nicht schlecht.

Der Bundesadler auf dem Arm

Auf seinem Arm prangt der Bundesadler. Grasser ist Teil der Nationalmannschaft, nur sechs Piloten aus ganz Deutschland gehören dazu. Bei der Europameisterschaft in diesem Jahr belegte Deutschland den vierten Platz, in der Einzelwertung wurde Grasser 18.

Jetzt ist die Saison vorbei. Nach der Arbeit heißt es für den Anlagen- und Maschinenbauer jetzt nicht mehr jeden Tag stundenlang trainieren. Stattdessen geht es wieder in den Bastelkeller, das Fluggerät für die nächste Saison optimieren. Um den Hubschrauber mit kleinen Tricks schneller und stabiler zu machen, ohne die Gewichtsgrenze von 6,5 Kilogramm zu überschreiten. Denn das würde Disqualifikation bedeuten, vor jedem Wettkampf gibt es ein Wiegen wie vor einem Boxkampf.

Ein halbes Grad entscheidet über den Sieg

Im Frühjahr geht es dann wieder auf den Modellflugplatz Hollfeld. „Die Regelstrecke zwischen Hubschrauber und Augen so kurz wie möglich machen“, sagt Grasser. Soll heißen: Wenn der 1,60 Meter lange Heli im Flug, hundert Meter entfernt, auch nur um ein halbes Grad zur Seite kippt, muss Grasser das erkennen und mit seiner Fernbedienung korrigieren. Noch bevor es einer der fünf Punktrichter sieht, nur dann gibt es keinen Punktabzug. Damit Grasser im nächsten Jahr wieder Deutscher Vizemeister wird.

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