Der automatische Metzger

Von Andreas Gewinner

Einen seiner jüngsten Mitarbeiter hat Florian Kleinheinz auf einer Fachmesse kennengelernt. Er war nicht billig in der Anstellung, aber nun kostet er nur etwas Strom und Zuwendung. Seine Kolleginnen finden ihn toll. Und er löst ein uraltes Problem, das jeder Geschäftsmann hat, in dessen Laden mit Geld und offenen Lebensmitteln umgegangen wird.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Wer in der Metzgerei Kleinheinz im Gasthof Alexander von Humboldt einkauft, der bekommt Wurst und Fleisch wie gewohnt von einer der Fachverkäuferinnen überreicht. Doch sein Geld bezahlt er an einem Automaten.

Jeder, der beim Metzger oder beim Bäcker einkauft weiß: Es ist eher die Regel als die Ausnahme, dass Ware und Geld durch die selben Hände gehen. In der Theorie ginge das so, erläutert Kleinheinz: Mit der einen Hand wird die Ware angefasst, mit der anderen das Geld. Alternativ müsste sich die Verkäuferin regelmäßig die Hände desinfizieren. Oder ständig Einmalhandschuhe an- und wieder ausziehen. „Wir haben vieles versucht, aber in der Praxis funktioniert es nicht.“

Auf der sicheren Seite

Und als Kleinheinz vor einiger Zeit auf einer Fachmesse den Bezahlautomaten der Firma DCSI Perfect Money sah, entschloss er sich, das neue Gerät auszuprobieren. „Seit Jahren gibt es in der EU eine Diskussion“, weiß der Kulmbacher Metzger, „und wenn nun doch mal eine Richtlinie zur getrennten Handhabung von Geld und Lebensmitteln kommt, sind wir auf der sicheren Seite.“

DCSI-Vorstand Christian Dieterich ist überzeugt von seinem Produkt. Er ist nicht der einzige Anbieter, bezeichnet sich aber als Marktführer. Eine „dreistellige Zahl“ der Automaten hat er in den vergangenen Jahren verkauft, zuletzt seien die Zahlen “extrem angezogen“. Außer in Goldkronach hat er weitere in Altenkunstadt, Hof, Münchberg und Weißenbrunn verkauft.

Mancher Kunde fremdelt

Billig war der neue Mitarbeiter nicht, Kleinheinz hat rund 20 000 Euro investiert. Und er spart nicht mal Personal damit, „das war nicht der Gedanke dahinter“. Dabei ist Kleinheinz durchaus ein Risiko eingegangen: Wie würden vor allem ältere Kunden den Automaten annehmen? Die Wert legen auf den sozialen Kontakt beim Einkauf, den netten Plausch mit der Verkäuferin? Und würden sie mit der Technik zurechtkommen? Es kam schon mal vor, dass eine Kundin den Kassenzettel nicht an den Scanner hielt. Sondern in den Schlitz schob, der eigentlich für Geldscheine gedacht ist. Dann ging der neue Kollege erst mal in die Knie, und die Kolleginnen mussten wieder auf die altmodische Weise kassieren.

Aber auch diese Erfahrung machte Kleinheinz: Wenn der Automat mal eine Weile nicht in Betrieb war, fragten Kunden nach, wann er wieder läuft, weil sie die saubere Trennung von Geld und Essen schätzten.

Dazulernen mussten aber auch die Verkäuferinnen, rudimentäre PC-Kenntnisse sind nun vonnöten. Aber sie haben sich schnell an den neuen Kollegen gewöhnt. Christine Böhner zum Beispiel muss sich seither nicht mehr mit offenen Händen wegen der Desinfektionsmittel plagen: „Den geben wir nicht mehr her“, lautet ihr Resümee.

Der Bayreuther Innungsmeister Martin Imhof kennt den Bezahlautomaten, selbst hat er keinen und weiß auch von niemand anderem in der Region außer in Goldkronach, der ihn hat: „Ist an sich keine schlechte Sache, aber es geht halt nur da, wo Platz ist für den Automaten und wo es mit den Abläufen zusammenpasst“, sagt Imhof. Bei seinem eigenen Geschäft sähe er da Probleme. Seine Mitarbeiterinnen waschen sich öfter die Hände und benutzen wann immer möglich eine Gabel.

Verband gibt keine Empfehlung

Seitens des Fleischerverbandes Bayern gibt es keine Empfehlung für oder gegen den Automaten: „Das muss immer eine Entscheidung des Unternehmers vor Ort sein, mit Blick darauf, was seine Kunden wünschen und akzeptieren“, so Pressesprecher Stefan Ulbricht, „aber es werden immer mehr aufgestellt.“ Eine mögliche Verschärfung der Hygienevorschriften, was den Umgang mit Geld und offenen Lebensmitteln betrifft, steht nach Kenntnis des Verbandes derzeit nicht im Raum, so Bettina Kraus, die beim Verband für technische Beratung zuständig ist.

Für Florian Kleinheinz – er hat 35 Mitarbeiter in vier Ladengeschäften und einem Imbiss – ist die Testphase längst vorbei: „Für uns ist es einfach schlüssig.“ Er denkt über die Anschaffung weiterer Bezahlautomaten nach.

Und die Entwicklung geht bereits weiter. Verbandssprecher Stefan Ulbricht weiß von einem Testlauf in Frankfurt. Wo man in einer Metzgerei mit dem Handy bezahlen kann.

Bilder