Denkmaltag: Reiche Stadt, mageres Angebot

Von Michael Weiser

„Macht und Pracht“: Unter diesem Motto steht heuer der „Tag des offenen Denkmals“ am 10. September. Ein Motto, wie gemacht für Bayreuth. Nur wird dort gar nicht so viel passieren. Ein mageres Programm, das wir mit Tipps anreichern.

 
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Der Mann ließ es krachen, im Kriege wie im höfischen Leben: Christian Ernst, Markgraf von Bayreuth, war eine der schillerndsten Gestalten seiner an schillernden Gestalten nicht armen Zeit. Durstig nach Ruhm und Geltung, war er Bayreuths wahrhaftiger Kriegsfürst, der sein Land durch seine Waffentaten, aber auch seine aufwendige Hofhaltung schier ruinierte. Nichts Unübliches in einer Zeit, die das Motto des „Tages des offenen Denkmals“ geradezu mustergültig zusammenfasst: Pracht war Macht im Barock – und umgekehrt. „Wie nur wenige andere Persönlichkeiten seiner Zeit evoziert Christian Ernst das Bild des idealen Barockfürsten“, stellte der Historiker Rainald Becker einmal fest. „Ideal“ heißt: zeittypisch, nicht unbedingt ideal nach den Vorstellungen eines guten Regiments.

Von Christian Ernst zeugt in Bayreuth ein Brunnen vor dem Neuen Schloss, der diese zeittypische Ambivalenz schön in Stein fasst. Auf voranspringendem Ross sehen wir den gewappneten Fürsten, zu seiner Rechten reitet er einen Türken nieder, zur Linken schaut der Hofzwerg zum Herrscher auf. Antikisierende Selbstüberhöhung, Hof und Krieg, Größe und den Kleinsten findet man so in Stein vereint.

Glanz und Abstieg

Was für eine Gelegenheit, über Schein und Sein und Wechselfälle im Leben der Mächtigen nachzudenken: In gut zwei Dutzend Feldzüge führte Christian Ernst die Truppen des fränkischen Reichskreises als Befehlshaber. Am Ende hatte er für die ganz große politische Bühne nichts vorzuweisen außer Titel, mit denen ihn der Kaiser in Wien abgespeist hatte. Geboren wurde er im Dreißigjährigen Krieg; als sich sein Leben dem Ende zuneigte, tobte der Spanische Erbfolgekrieg in Europa. Das eine wie das andere ein Unglück apokalyptischen Ausmaßes, verschuldet auch durch die Geltungssucht solcher Fürsten wie Christian Ernst.

Des abenteuerlichen Christian Ernsts Stern ging auf, als er 1683 mit den Truppen des Kaisers, des bayerischen Kurfürsten und des polnischen Königs die Türken vor Wien vernichtend schlug. Seine Laufbahn endete, als er 1704 im Spanischen Erbfolgekrieg entscheidende Positionen vorschnell räumte – und kurz danach seinen Posten als Befehlshaber. Macht und Pracht: Am Ende blieb ihm Letzteres. Sein Sarg in der Gruft der Stadtkirche ist tatsächlich prächtig. Ganz wichtig in einer Zeit, die alles als Theater sah: Repräsentation übers Ende hinaus. Noch im Tode muss der Fürst etwas darstellen. Im Dienste der Dynastie und des Nachruhms. Ehre und Reputation – bare Münze im Barock.

Es hätte mehr sein dürfen

Den Sarg wird man am Tag des offenen Denkmals sehen können, so wie sonst auch. Das Besondere ist, dass man den überaus kundigen Stadtkirchenhistoriker und Stadtheimatpfleger Wilfried Engelbrecht am Sonntag als Begleiter haben wird. Engelbrecht aber wird natürlich auch auf den prächtigen Sakralbau hinweisen: „Schließlich war die Kirche im Mittelalter und der frühen Neuzeit eine Macht an sich.“

Und sonst?

Die Markgrafen haben Bayreuth geprägt wie keine andere Zeit mit Ausnahme des lieblosen 20. Jahrhunderts und vielleicht der Kaiserzeit. Führungen der Bayreuth Marketing- und Tourismus-Gesellschaft werden Interessierte auch an den Sternplatz und vor das Markgräfliche Opernhaus der Wilhelmine leiten. An seine Schwelle, aber nicht davor – das Opernhaus bleibt geschlossen. Direkt gegenüber gibt es etwas zum Wittelsbacherbrunnen zu erzählen. Mit ihm wollten die Bayreuther 1910 hundert Jahre Zugehörigkeit zu Bayern feiern. Wegen diverser Querelen wurde der Brunnen erst am 29. Juli 1914 eingeweiht. Ein Angehöriger der Königshauses war eingeladen, sagte aber ab – der Erste Weltkrieg stand vor der Tür.

Auch Wahnfried ist ein Prachtbau

Insgesamt aber hätte es mehr sein dürfen als ein paar Führungen. Ausgerechnet das geschichtsträchtige Bayreuth sei, anders als etwa Regensburg und Erlangen, nie, nun ja, ein Gravitationszentrum des Denkmaltages gewesen, sagt eine Sprecherin der Stiftung für Denkmalschutz. Was auch daran liegen könne, dass man starke Konkurrenzveranstaltungen zu berücksichtigen habe, so etwas wie die Residenztage der Schlösserverwaltung am Wochenende darauf. Die Schlösserverwaltung bietet übrigens auch für den Tag des Offenen Denkmals Führungen an, die allerdings nicht auf der Programm-Homepage der Stiftung auftauchen.

Leider gar nicht im Programm: der große, prächtige Jugendstilsaal im Gebäude der Regierung von Oberfranken und der Sitzungssaal im Justizpalast. Oder so schmerzhafte Punkte wie das stark überbaute frühere „Haus der deutschen Erziehung“ am Luitpoldplatz: dass sich der Geschmack von uns Heutigen hoffentlich stark vom düsteren Protzprunk der Nazis unterscheidet, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der verhinderte Architekt Hitler seinen Machtanspruch mit dem untermauern ließ, was er für gute Architektur hielt. Aktionen hätte man sich vom Richard-Wagner-Museum gewünscht. Wagners Prachtvilla diente schließlich der Repräsentation und dem Netzwerken – darauf beruhte Wagners riesiger Einfluss. Dagegen wird das Kunstmuseum für Sonderaktionen öffnen. Es ist nicht das prächtigste aller Gebäude, aber als altes Rathaus ein Ort städtischer Macht.

Macht und Mammon

Eine Sehenswürdigkeit, die Besuchern fast durchgehend offensteht, ist das Iwalewahaus. Königliche Filialbank war dieses Gebäude mal, geradezu mustergültig verbindet es Macht des Geldes mit dem historisierenden Prunk der Prinzregentenzeit. So viel Mühe gibt man sich mit Geldinstituten heutzutage nicht mehr, wie man am Luitpoldplatz sehen kann.

Bayreuths Macht- und Prachtpunkte: Eine Auswahl sehen sie in unserer Fotostrecke. Als Anregung, denn ein Großteil davon lohnt den Besuch auch außerhalb von Gedenktagen. Es sei denn (siehe Justizpalast), man hat dort gegen Sie zu verhandeln.

Das Programm in Bayreuth und der Umgebung

Neues Schloss, geöffnet 9 bis 18 Uhr, um 14 Uhr, Führung „Fürstliche Gewebe – Tapisserien im Neuen Schloss“.

Altes Schloss und Hofgarten Eremitage, geöffnet 9 bis 18 Uhr, um 14 Uhr Führung für Kinder „Wasser marsch – ganz ohne Strom und Pumpen!“ mit Workshop zur barocken Wassertechnik.

Innenstadt: Um 11 und um 14.30 Uhr an der Tourismuszentrale Führungen durch Innenstadt. Schwerpunkt auf Skulpturen, Fassaden, Brunnen.

Spitalkirche: Führungen um 13 und 15 Uhr.

Stadtkirche: Führungen 14 und 16 Uhr.

Kunstmuseum: Führung durch das Alte Rathaus zum Motto Markgräflicher Glanz 14.30 Uhr.

11 Uhr Führung durch die Ausstellung „Paul Eliasberg - Seelenlandschaften“ durch Beatrice Trost, 14 Uhr russischsprachige Führung durch die Ausstellung durch Natalia Plietsch. Im Anschluss Möglichkeit zum gemeinsamen Malen mit Aquarellfarben in der Museumswerkstatt. 14 bis 16 Uhr Postkarten-Collagen-Workshop mit Denkmal-Postkarten in der Museumswerkstatt für Kinder und Erwachsene.

Thurnau

14 Uhr Führung zu den ehemaligen Tonstollen, mit Geopark-Rangerin Isabelle Stickling.

Neudrossenfeld

Bräuwerck: Brauereiführungen 11 und 14 Uhr.

Himmelkron

Ehemaliges Zisterzienserinnen-Kloster und Markgräfliche Sommerresidenz: Führungen 14, 15 und 16 Uhr. Baille-Maille-Lindenallee: Führungen 14, 15 und 16 Uhr.

Kulmbach

Plassenburg: Christiansportal, 10 - 12 und 14 - 16 Uhr (sonst nicht geöffnet).

Bindlach

Bartholomäuskirche: 12 - 18 Uhr (sonst 10 - 17 Uhr geöffnet), Führungen stündlich ab 13 Uhr.

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