An Tizian, dessen Schaffen in den nachfolgenden Epochen Rubens oder Velázquez maßgeblich beeinflusst hat, wird die Bandbreite besonders augenfällig. Schließlich hat der Maler rund 60 Jahre lang in der Stadt gewirkt. Vor allem der späte Tizian arbeitet mit einem pastosen Farbauftrag, der zunehmend ein Eigenleben entwickelt. Tizian hat sogar in einem großen Gemälde - wie im Städel zu sehen ist - seinen eigenen Farbenhändler verewigt.
Thematisch beleuchtet die Ausstellung die Landschaftsmalerei, die als eines der großen Verdienste der venezianischen Renaissance gilt. Neben den Porträts nobler Männer geht es um das Idealbild der schönen Frauen ("Belle Donne"). Bis heute wird darüber gestritten, ob es sich bei den oft freizügig porträtierten Damen um die Darstellung von Edelkurtisanen handelt oder um idealisierte Formen von Schönheit.
Die Malerei in Venedig wird gerne klischeehaft auch als Antipode zu der in Florenz oder Rom gesehen, den anderen Zentren der italienischen Renaissance. Dort basierte die Malerei stärker auf der Zeichnung. Doch es gab sehr wohl Berührungspunkte. Bei der Darstellung muskulöser männlicher Aktfiguren, für die Michelangelo berühmt wurde, orientierten sich Tizian oder Tintoretto genauso an der Antike. Letzterer studierte Michelangelos Skulpturen sogar genau. Das macht die Ausstellung ebenfalls deutlich.