Das erste Riesengewächshaus leuchtet

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Das erste Gewächshaus ist vorläufig in Betrieb. Das künstliche Licht wird abends von Rollschirmen abgedeckt. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Der Wonseeser Ortsteil Feulersdorf ist einen Schritt weiter auf dem Weg zum neuen Gemüsemekka im Landkreis Kulmbach. Eines der dort geplanten Gewächshäuser der Nürnberger Partner Scherzer und Boß steht bereits und leuchtet. Seit November läuft der Probebetrieb.

 
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Denn ohne das künstliche Licht wäre eine Ernte um diese Jahreszeit nicht möglich. "Das momentan herrschende Tageslicht empfinden die Pflanzen bereits als Nacht", erklärt Fritz Boß, der in seinem Nürnberger Betrieb bisher Erdbeeren, Chicorree und Eissalat anbaut. In Feulersdorf zieht er zum ersten Mal Tomaten und Gurken zusammen mit Stefan Scherzer. Der sammelte bereits Erfahrungen damit sowie dem Anbau von Paprika, Peperoni und Auberginen. Für Fritz Boß hingegen betritt mit der Zucht von Gemüse Neuland.

1000 Kilo Gurken am Tag

In Feulersdorf sollen die ersten unter Glas angebauten Gurken im Dezember zur Ernte bereit sein. Mit der Tomatenernte rechnet Boß Mitte bis Ende Januar. "Ich schätze, wir werden 1000 Kilo Gurken am Tag ernten", sagt Boß. Doch es müssten mehr sein: "Wenn der Probebetrieb zu Ende ist, sollten es schon 2000 Kilo täglich sein."

Noch läuft der Betrieb des rund zwei Hektar großen Gewächshauses aber vorläufig. Es dauert, bis alles genau eingestellt und abgestimmt ist und die Steuerung der Abläufe per Computer funktioniert. "Das ist ein ganz ausgeklügeltes System", sagt Boß, "und das modernste, das es gibt." Mehrere Firmen sind laut Boß derzeit damit beschäftigt, die Software zu programmieren, das Blockheizkraftwerk zum Laufen zu bringen und Leitungen für Strom, Gas und Wasser zu verlegen. Über ein geschlossenes Kreislaufsystem wird das Gewächshausklima gesteuert, die Wasser- und Nährstoffversorgung kontrolliert. Dabei wird keine Energie verschwendet, sogar die Abwärme genutzt. Warme und feuchte Luft werde dabei durch trockene und kalte ausgetauscht, so Boß.

Vier Stunden Dunkelheit

Nur zwischen 1 und 5 Uhr setzt die für die Photosynthese nötige Beleuchtung aus. Die übrigen 18 Stunden dient das Licht dazu, die Pflanzen zum Wachstum anzuregen. Ab 19 Uhr werden die Rollschirme herunter gelassen, um das Licht zu dämpfen. Gelegentlich fällt es auch aus, so dass die Unternehmer noch nachjustieren müssen. "Manchmal halten die Leute nach Einbruch der Dunkelheit an, um das Gewächshaus zu besichtigen", sagt Boß über die Anziehungskraft des Projekts.

In Zukunft soll jedoch überhaupt kein Licht mehr nach draußen dringen. "Wir machen das nicht aus Jux und Tollerei", sagt Boß zu dem damit verbundenen Stromverbrauch. Als Lieferanten des Lebensmittel-Einzelhandels wüssten sie: "Der Kunde will das ganze Jahr Gurken und Tomaten haben." Nach und nach soll die regionale Produktion von Gemüse weiterausgebaut werden. Zunächst mit einem sieben Hektar großen Gewächshaus, danach mit einem weiteren in der Größe von sechs Hektar.

Millioneninvestition in Wonsees

Um ihren Modellversuch in die Tat umzusetzen, investieren die Gemüsebauern zwischen 20 und 25 Millionen Euro in Feulersdorf. Was in Norwegen, Schweden und den Niederlanden schon umgesetzt wird, ist in Deutschland noch nicht so stark verbreitet. Weil in Fesselsdorf, einem Ortsteil der Stadt Weismain unweit von Feulersdorf, Bürger gegen die Gewächshäuser waren, gingen die Nürnberger Unternehmer auf die Nachbargemeinde Wonsees zu.Dort wurden sie mit offenen Armen empfangen.

Über das gelb-warmes Licht verströmende Gewächshaus hat sich bei Bürgermeister Andreas Pöhner jedenfalls noch keiner beschwert. Eher ist das Gegenteil der Fall: „Die Leute sind eher fasziniert davon und machen Fotos“, berichtet Pöhner. „Bei mir ist noch nichts Negatives angekommen und ich denke, dass sich keiner an der vorübergehenden Einschränkung stört.“

Arbeit, Aufträge und Steuern

Schließlich bringe das Vorhaben neue Arbeitsplätze nach Wonsees, verschaffe einheimischen Firmen Aufträge und steigere die Gewerbesteuereinnahmen. Ein ehemaliges Schulhaus werde für Saisonkräfte ausgebaut, die in der Gemeinde zudem in Pensionen und Gasthäusern unterkämen.

Wenn das Konzept vollständig umgesetzt sei, bleibe das reflektierende Licht im Raum und würde nicht mehr nach außen strahlen, erklärt Pöhner. Auch Autos aus anderen Landkreisen würden nach Feulersdorf fahren, um das Gewächshaus anzuschauen. Doch nach Ablauf des Probebetriebs ist der Blick auf das erleuchtete Glashaus vorbei.

 

Info:

Bevor ein Gewächshaus oder eine Photovoltaikanlage an der Autobahn gebaut werden dürfen, müssen die Bauherrn ein Blendschutzgutachten vorlegen. Nach Angaben der Autobahndirektion Nordbayern gab es bisher erst eine Beschwerde von einem Verkehrsteilnehmer. Daraufhin sei der Blendschutz an der Photovoltaikanlage nachgebessert worden. "Für den Gewächshausbau in Feulersdorf wurde ebenfalls vor Baubeginn ein Blendschutzgutachten vom Betreiber abverlang", schreibt die Autobahndirektion dem Kurier auf Nachfrage. Der Gutachter sei zu dem Ergebnis gekommen, dass von den Gewächshäusern keine Blendwirkung ausgehe.

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