Ökonomen und Wirtschaftsvertreter zeigen sich besorgt, dass sich die durch das Virus verursachten Probleme in China und Italien zunehmend auch auf die deutsche Wirtschaft niederschlagen könnten. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank, warnte, dass die „jüngsten Entwicklungen bei der Ausbreitung des Virus die konjunkturellen Risiken für die Weltwirtschaft weiter deutlich erhöht haben“. Die Deka-Bank ist das Wertpapierhaus der Sparkassen-Finanzgruppe.
China ist für die oberfränkische Wirtschaft ein bedeutender Markt. Etwa 120 Unternehmen haben dort nach Auskunft der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Oberfranken/Bayreuth Wirtschaftskontakte. Betroffen seien vor allem Firmen mit Produktionsstätten vor Ort und solche, die auf Zulieferteile aus China angewiesen sind.
„Da Container rund 50 Tage von China nach Europa unterwegs sind, kommen Lieferengpässe zeitversetzt in Deutschland an“, erläuterte ein IHK-Sprecher. Geschäftsreisen von und nach China finden ihm zufolge aktuell kaum mehr statt. Der Ausbruch des Corona-Virus in Italien und Spanien verunsichere viele Betriebe zusätzlich.
Negativsog droht
Besonders die oberfränkischen Autozulieferer könnten in einen Negativsog geraten, denn deutsche Autobauer mussten wegen des Corona-Virus in China Fabriken schließen und Produktionsausfälle hinnehmen. Die Autoverkäufe im Reich der Mitte sind in der ersten Februarhälfte deutlich eingebrochen. Auch Wertschöpfungsketten sind betroffen.
Für viele hiesige Autozulieferer, deren Geschäft stark von China abhängig ist, schlage das Problem erst zeitversetzt durch, sagt Timo Piwonski. Er ist Vorsitzender des oberfränkischen Zulieferer-Netzwerkes Ofracar und Chef der Firmen Iprotex (Münchberg) und Innotect (Crimmitschau/Sachsen). ,,Das erwischt die Zulieferer in den nächsten paar Wochen.“ Die Container, die momentan unterwegs sind, seien ja schon vor der Virus-Krise verschickt worden.
Piwonski, der gerade mit einer Delegation in Indien weilt, berichtet, auch dort sei das Virus ein Dauerthema. Man müsse nun überlegen, wie man sich organisiere, damit Lieferketten auch in Zukunft funktionieren. Das allein sei schon sehr anspruchsvoll.
Die Entwicklungen in China belasten auch die Coburger Unternehmen, wie die IHK zu Coburg einräumt. So würden beispielsweise Investitionsprojekte aufgeschoben, Messe- und Delegationsreisen eingestellt und auch die Produktion von Vorleistungsgütern verzögere sich. Hinzu käme in manchen Bereichen eine Nachfrageschwäche. IHK-Präsident Friedrich Herdan: „Das Ausmaß der Auswirkungen hängt natürlich von der Dauer dieser Situation ab und lässt sich aktuell nicht seriös prognostizieren.“
Sorge bereite ihm auch die Lage in Italien. Mehr als 50 Firmen aus dem Raum Coburg – besonders aus den Bereichen Maschinenbau, Automotive, Möbel und Spielwaren – pflegen Geschäftskontakte mit italienischen Partnern. Sechs sind mit eigenen Niederlassungen vor Ort.