Christbaum im Wohnwagen, Sekt im Nieselregen: In Neubau wird anders gefeiert Weihnachten auf dem Campingplatz

Von Harald Judas

Camper sind scheinbar ein eigenes Volk. Weihnachten am Campingplatz bei widrigen Bedingungen? Stört nicht wirklich, zumal es in den Wohnwagen richtig kuschelig ist. Der Heiligabend selbst wird traditionell mit Bescherung für die Kleinen und – scheinbar obligatorisch – Würstchen und Kartoffelsalat begangen. Ganz wichtig: Ein geschmückter Baum und weihnachtliche Dekoration gehören dazu.

 
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Das Wetter stört dabei nicht: Das Wasser von oben mit himmlischen Tröpfchen zu kontern, haben sich beispielsweise mehrere seit langem befreundete  Familien aus Rheinland-Pfalz, Hessen und Bad-Württemberg vorgenommen, die in lustiger Runde rund um ihre improvisierte Bar im Freien stehen. „Die Ureinwohner waren wohl nicht anständig“, mutmaßt schmunzelnd Emil Pfannebecker aus Schifferstadt.

Falls es wärmer wird: „Badesachen haben wir dabei“

„Wir sind zum ersten Mal hier, es gefällt uns sehr gut“, sagt seine Frau Karin. Die derzeit acht Personen – „vier kommen noch“, erklärten sie – sind außerdem noch aus Rüsselsheim, Ludwigsburg und Esslingen. Alle sind sie schon über 70 und lassen sich die Stimmung nicht vermiesen. Beim Eintreffen vor den Feiertagen hatte sie ja auch noch richtiger Schnee begrüßt. Der war am Heiligabend dann verschwunden. „Macht nichts, wir laufen ein bisschen“, sagt sie. Falls es noch wärmer wird: „Badesachen haben wir dabei“, sagt Emil Pfannebecker und lacht.

Aber auch Boulespielen macht der Runde Spaß. Und den Heiligabend verbrachte die lustige Truppe gemeinsam im Aufenthaltsraum des Campingplatzes, neben den Pfannebeckers noch die Familien Bahnsen, Petry und Meier.

Ausprobiert und geblieben

Seit 1994 kommt nun schon Familie Pfaff aus Leipzig nach Neubau. „Wir hatten gehört, Weihnachten soll es besonders toll sein. Wir haben es ausprobiert und sind dabei geblieben“, sagt Jens Pfaff (57), der gerade mit Frau Sylvia (57) und Tochter Susann Eisenschmidt (37) in gemütlicher Runde im Vorzelt sitzt. „Der Enkel ist gerade in Weißenstadt beim Baden“, erzählt Jens Pfaff.

Ski fahren im Kunstschnee

Für einen schnellen Badebesuch vermisst er jedoch die Fichtelberger Therme. Wenn man sich länger Zeit nehmen kann, sei der Nachbarort durchaus eine Alternative. Ski fahren im Kunstschnee an der Bleamlalm oder Wandern sind andere Beschäftigungen, die für Abwechslung sorgen. „Nächste Woche kommt wieder Schnee“, davon ist er zudem überzeugt. Der Heilige Abend? Erst Kaffee trinken, dann die Bescherung – ein Schlitten gefüllt mit Geschenken. Dann wird gegrillt und Feuer gemacht. Bei den Pfaffs gab es Grillwurst mit Kartoffelsalat. Und ihren Christbaum haben die Pfaffs eigens in einer Baumschule in Fuchsmühl geholt. „Dann steht er bis Ostern, nach Weihnachten natürlich ohne Kugeln“, schmunzelt Jens Pfaff. Allein, weil sich bei viel Schnee der dann festgefrorene Baum gar nicht mehr so einfach entfernen ließe.

Wenn's schneit, kommt die Schneebar

„Das erste Jahr hatten wir keinen Baum, da haben wir uns richtig geschämt“, weiß Jens Pfaff. Er erinnert sich aber auch an Orkan Lothar am zweiten Weihnachtsfeiertag im Jahr 1999 zurück: „Da wurden wir evakuiert“. Wenn hingegen Schnee liegt, wird am Campingplatz immer eine Schneeburg gebaut. Und eine Schneebar ist obligatorisch.

Gewissermaßen zum Inventar des Platzes gehört Anna Meyer (78) aus Aidhausen im Landkreis Haßberge, die auch nach dem Tod ihres Mannes dem Platz in Neubau treu blieb. Früher sei am Heiligen Abend eine größere Gruppe immer mit Laterne durch den Wald zur Christmette gezogen. In diesem Jahr zog sie es wegen der Glätte vor, an Heiligabend auf dem Platz zu bleiben.

Gänsebrust im Wohnwagen

Doch auch ihr wird nicht langweilig: „Ich kenne viele Leute aus dem Dorf.“ Bei ihr gibt es am Heiligen Abend Bratwurst und Kartoffelsalat und an Weihnachten dann Gänsebrust mit Blaukraut. Ihren Wohnwagen hat sie stets liebevoll dekoriert. Bastelarbeiten der Enkel sind am Fenster aufgehängt und ein großer Stern. Ihr Christbaum ist aus Plastik. „Früher hatten wir einen richtigen Baum“, sagt sie bestimmt. Der Baum wird bei ihr jedenfalls schon am ersten Advent aufgestellt und bleibt bis Dreikönig stehen.

Bei Regen: Kirche, Lesen, Handarbeiten

Da Anna Meyer gut zu Fuß unterwegs ist, hat sie sich die ganze Gegend erlaufen. „Ungefähr 18 Kilometer“ hat eine Tagestour. Und wenn es regnet: Kirche, Lesen, Handarbeiten. Hilfreich: auf dem Platz lernt man sich schnell kennen. Am Anfang ihrer langen Jahre auf dem Platz in Neubau stand in den 70er Jahren die Suche nach einer geeigneten Übernachtungsmöglichkeit, wenn Besuche beim Schwiegervater anstanden. Denn der war aus Marktredwitz.

Die Kinder juckt der Regen nicht

„Seitdem wir einen Campingwagen haben, sind wir über die Feiertage unterwegs“, sagen auch Kai (38) und Ramona Dunger (34) aus Pirna. „Wir wollten Weihnachten in weiß verbringen“, sagen sie mit Blick auf die Kinder Jason (11) und Ashley (1). „Vorgestern war es auch noch weiß.“ Doch auch den Kindern macht der Regen nichts aus. Der Sohnemann zeigt stolz seinen neuen Laptop. Der Weihnachtsmann hatte anscheinend den richtigen Riecher. „Ansonsten mal faul sein, spazieren gehen oder Schlitten fahren“, so schaut der Tageslauf der Dungers aus. Denn das Rodeln geht an der Bleaml-Alm dank der Beschneiung auch dann, wenn die Temperaturen im Plus sind. Und notfalls: „Wir erfahren auf dem Campingplatz von den Veranstaltungen in der Region.“

Kartoffelsalat und Würstchen

Was bei ihnen dazu gehört, ist, den Wohnwagen zu dekorieren. Ein großer Stern hängt über dem Tisch, ein kleiner Weihnachtsbaum mit roten Kugeln steht auf dem Buffet. „Der ist echt“, betont Papa Kai. Am Heiligen Abend gingen die Dungers spazieren. Währenddessen war der Weihnachtsmann schon zu Besuch. Kartoffelsalat und Wiener Würstchen gibt es zu essen. „Ich kenne es gar nicht anders“, sagt Ramona.

Und wenn jemand gar nicht weiter weiß, hilft Campingplatzbetreiber Sigmund Langer gerne mit Tipps aus. Er stellt übrigens fest, dass die Camper zunehmend noch zu Hause feiern und erst nach Weihnachten kommen. Das Geschehen konzentriere sich inzwischen mehr auf Silvester.

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