Chefin von "Ich bin ein echter Pegnitzer"

Von
Renate Schneider gründete die Facebookgruppe "Ich bin ein echter Pegnitzer". Foto: Ralf Münch Foto: red

„Mir hat die Bindung nach Pegnitz gefehlt“, sagt Renate Schneider. Vor fünf Jahren hat die 59-Jährige, die jetzt in Eschenbach wohnt, die Facebook-Gruppe „Ich bin ein echter Pegnitzer“ gegründet.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Mittlerweile hat die Gruppe 4063 Mitglieder. „Ich hätte nie gedacht, dass das so explodiert“, sagt Schneider. Der Entschluss zur Gründung war kurzfristig und gleich darauf piepste ihr Handy ständig, weil es Mitgliedsanfragen gab.

Ein Stück Heimwehbewältigung

Renate Schneider ist gebürtige Pegnitzerin. Kinder, Enkel, die Mutter und Schwester sowie zahlreiche Bekannte leben hier, sie hat ihren Hausarzt in Pegnitz. „Für mich war die Gruppengründung ein Stück Heimwehbewältigung“, sagt sie. Sie lebt inzwischen zwar seit 18 Jahren in der Oberpfalz, aber ihre Heimat ist Pegnitz. Wenn sie im Ruhestand ist, will sie auch dorthin zurückkehren. „Zweimal die Woche bin ich bestimmt dort“, sagt Schneider. Als sie damals wegzog, hatte sie eine Zeit lang noch die Zeitung. Dann hat sie sie gekündigt, weil sie mit dem Lesen nicht mehr nachkam. „Aber mir fehlte etwas“, sagt sie. Und so entstand die Idee mit der Facebook-Gruppe. „Das war eine Sekundenentscheidung und Umsetzung“, sagt Schneider lachend.

Kommunikation mit der Stadt

Am Anfang hieß die Gruppe „Ich bin ein echter Pegnitzer, weil...“. Und es wurden viele alte Bilder und Geschichten ausgetauscht. Die Mitglieder erinnerten sich an Erlebtes zurück und sie selber stand wieder in Kommunikation mit Pegnitz. Man tauschte sich aus, wie die Stadt früher ausgesehen hat, wie es mit Rathaus, dem Springbrunnen und den Straßen ausgeschaut hat. Und es ging auch viel um Menschen, um typische Pegnitzer Originale, es ging um die Dörfer außen herum. Schneider erzählt von einem ganz persönlichen Erlebnis. Schon lange war sie auf der Suche nach ihrer Nachbarsfreundin aus Kindertagen, hatte sie auf Facebook gesucht, aber nicht gefunden. Sie wusste nur, dass sie in Amerika lebte. „Und wie es das Schicksal will, hat sie die Seite gefunden“, sagt Schneider. Inzwischen haben die beiden Frauen wieder regen Kontakt per Skype und Whatsapp.

Manchmal dubiose Anfragen

Manchmal gibt es auch seltsame Einträge bei der Gruppe hat Schneider festgestellt. „Meist sind die von jüngeren Leuten, die nicht wirkliche Pegnitzer sind“, sagt sie. Darum stellt Schneider vor der Aufnahme jetzt immer Fragen, um den Bezug zu Pegnitz, ob sie etwas mit der Stadt verbindet, festzustellen. „Viele haben da gar nicht drauf geantwortet“, sagt Schneider. Sie wurden dann nicht aufgenommen. Es gab einige dubiose Anfragen, eine kam mal aus China.

Inzwischen gibt es unter anderem in Auerbach und Creußen Nachahmer der Gruppe. Aus der Pegnitzer Gruppe ist vor drei Jahren ein Stammtisch entstanden. Alle vier, sechs Wochen trifft sich ein fester Kern aus etwa zehn Leuten, manchmal sind auch Neue dabei. Es sind Freundschaften entstanden.

Nicht politisieren

Gibt es auch Probleme mit der Gruppe? „Ja“, sagt Schneider, „es gibt immer mal wieder Einträge von Jüngeren, die die rechte Szene verfolgen.“ Da heizen sich, wie zuletzt bei der Festnahme des jungen Syrers mit IS-Hintergrund, die Diskussionen gegenseitig hoch. Da hat Schneider dann schließlich die Kommentarfunktion gelöscht. „Es kann jeder seine Meinung kundtun, aber man darf nicht ausfällig werden“, sagt sie. Sie versuche, mit allen Leuten auszukommen, aber es soll nicht politisiert werden. „Aber es gibt schlimmere Gruppen, bei uns sind alle Mitglieder brav“, lobt sie.

Manchmal lachen, manchmal weinen

An einer Hand kann Schneider abzählen, wie viele Mitglieder sie schon gelöscht hat. Eben bei der Sache mit dem jungen Syrer oder als es mal rassistische oder menschenverachtende Einträge gab. Das war für Renate Schneider schon etwas nervenaufreibend. Ansonsten ist die Gruppe und ihre Aufgabe als Administratorin für sie eher eine Ablenkung von einer schwierigen privaten Situation. „Ich habe bei manchen Einträgen gelacht, bei manchen geweint“, erzählt sie. Wenn zum Beispiel bekannt wurde, dass jemand gestorben ist, den man gut kannte. Oder auch, als der Abriss des PPP-Hotels thematisiert wurde, ist ihr das schon nahe gegangen.

Positiver Nebeneffekt

Mittlerweile hat sie noch zwei weitere Gruppen gegründet. Auf der einen können Verkaufsanzeigen geschaltet werden, die andere ist für den Wohnungsmarkt. Gewerbetreibende können weiter in überschaubarem Rahmen auf der „Ich bin ein echter Pegnitzer“-Seite posten. „Sie gehören doch zu Pegnitz, haben einen Bezug zur Stadt“, sagt Schneider. Und das hatte jetzt einen positiven Nebeneffekt. Weil das Posten für die Gewerbetreibenden eine kostenlose Möglichkeit der Werbung ist, haben sie zu Weihnachten Geld und Sachgeschenke für Bedürftige gespendet. „Das ist doch toll“, sagt Schneider. Demnächst wird sie dafür Dankesbriefe schicken.

Autor

Bilder