Bürger für biologische Landwirtschaft

Von Sara Rahnenführer
Professor Manfred Miosga setzt sich für die Gründung einer Regionalwert AG für den Raum Bayreuth ein. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Die Idee kommt wie gerufen: eine finanzielle Unterstützung für regionale und umweltschonende landwirtschaftliche Betriebe und Händler. Zwölf Interessenten trafen sich jetzt, um die Gründung einer Regionalwert AG (RWAG) für Bayreuth in die Wege zu leiten. 

 
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Christian Hiß, ausgebildeter Gärtnermeister der Region Freiburg, machte sich dazu bereits vor rund zehn Jahren Gedanken. Er wollte eine Möglichkeit finden betriebswirtschaftliches Handeln und sozial-ökologische Wertschöpfung zu vereinbaren. Nachdem das Bankdarlehn für eine Erweiterung seiner Bio-Gärtnerei abgelehnt wurde, ergriff er die Initiative. Er erarbeitete ein Konzept und nannte es „Bürgeraktiengesellschaft“. Hiß gründete 2006 eine RWAG und bereits zwei Jahre später beteiligten sich rund 300 Bürger. Eine Kapitalsumme von 960.000 Euro wurde eingezahlt.

Idee stammt aus Freiburg

Durch einen Vortrag des Initiators bei einem Treffen der Plattform Forum 1.5 ist die Idee nun auch nach Bayreuth vorgedrungen. Darunter Bio-Landwirte, Bio-Händler, eine Gärtnerin, zwei Geographen, ein Geoökologe und eine Stadträtin aus Creußen. Alle anwesenden Händler und Landwirte arbeiteten bereits nachhaltig und bewusst umweltschonend. Maria Zeußel, Gründerin des Bio-Bio-Marktes in Bayreuth und der Bio-Landwirt Alwin Schneider aus Veitlahm gelten sogar als Pioniere. Beide haben bereits in den 80er Jahren angefangen biologisch nachhaltige Lebensmittel zu produzieren und zu vertreiben. Auch die Familie Schleicher, die den Lindauer-Biolandhof betreibt, ist zu dem Treffen anwesend. Sie informierten sich zum ersten Mal über das Konzept der RWAG.

Finanzielle Hilfe für kleine Bio-Betriebe

Der Professor und Diplom Geograph Manfred Miosga übernahm die Leitung des Treffens und erklärte das Konzept der Bürgeraktiengesellschaft. Menschen, die die Landwirtschaft in ihrer Region unterstützen wollten, könnten Geld in diese Aktiengesellschaft einzahlen. Das Kapital wird verwendet, um kleinere landwirtschaftliche Betriebe dabei zu unterstützen, regionale Wirtschaftsstrukturen aufzubauen. Das reicht von der Herstellung von Düngemitteln bis hin zum Großhandel. Der ganze Sektor der Landwirtschaft ist damit angesprochen. Familienbetriebe, die keinen Nachfolger finden, können zudem von der RWAG erworben werden. Die Betriebe werden dann an ambitionierte Interessenten verpachtet. „Es gibt einige Menschen mit guten Ideen, die aber einfach keinen Kredit von einer Bank bekommen“, stellte Miosga fest. Der Diplom-Geoökologe Daniel Hornstein zweifelte diese Aussage an. Wenn eine Projektidee ein Konzept habe, dann würde sie auch unterstützt werden.

Investition mit gewissem Risiko

Florian Schleicher, der Nachfolger des Familienbetriebs Lindauer-Biolandhof, wirkt noch nicht ganz überzeugt von der Bürgeraktiengesellschaft: „Was passiert, wenn es nicht klappt?“. Manfred Miosga antwortet kurz und knapp: „Dann ist das Geld weg.“ Ein Betrieb, der seine Idee nicht umsetze trotz finanzieller Unterstützung, könne auch nicht zur Verantwortung gezogen werden. Die Aktionäre würden selbst die Verantwortung für ihre Kapitaleinlage tragen. Sollte ein Betrieb in Schieflage geraten, so gäbe es allerdings frühzeitig Beratung von der RWAG in Freiburg, so Manfred Miosga.

Zusammenschluss gegen große Konkurrenten

Für die Familie Schleicher wirkte das Unternehmen allerdings noch etwas konzeptlos. Ihnen fehlte eine gewisse Bestätigung Seitens der Verbraucher, dass die Ideen auch gut angekommen. Denn die Abnehmer stellten immer größere Anforderungen. Eine Schulkantine forderte zum Schluss sogar, dass die Kartoffeln bereits geschält geliefert werden sollten. Manfred Miosga versteht die Einwände. Probleme sollten zunächst aufgedeckt und anschließend gelöst werden. Mit dem gemeinsamen Kapital hätten die kleinen Landwirte und Unternehmer mehr Flexibilität und die Möglichkeit, gegen die großen Konkurrenten anzukommen. Wichtig sei allerdings auch die Vermarktung der eigenen Produkte und der RWAG. Denn der Kunde entscheide letztlich darüber, ob sich ein Betrieb erhalte.

Prinzip "Ich tue was, weil's richtig ist"

Der Bio-Landwirt Alwin Schneider fragt nach der Dividende für die Aktionäre. Doch genau darum gehe es nicht. Die Aktionäre legten nicht für einen monetären Gewinn an, sondern für einen Gewinn an Lebensqualität. Sie investieren in Natur- und Umweltschutz, in ihre Region, die Erhaltung von Arten und Kulturlandschaften und in die Nahrungsmittelqualität und natürlich auch in fair bezahlte Arbeit. Maria Zeußel sagte, es funktioniere nach dem Prinzip: „Ich tue was, weil‘s richtig ist.“ Es ginge ja schließlich um eine Solidargemeinschaft.

Grundkapital 5000 Euro

Um letzte Unsicherheiten zu klären, erläuterte Miosga die Zusammenarbeit mit der RWAG in Freiburg. Er hatte sich zuvor mit Christian Hiß in Verbindung gesetzt, um die Abläufe zu klären. Demnach sei es wichtig, dass zunächst ein Vorstand gegründet werde, in dem jeder Abschnitt der Wertschöpfungskette einen Vertreter habe. Der landwirtschaftliche als auch der betriebswirtschaftliche Bereich sollten abgedeckt werden. Um die Hilfe der RWAG Treuhand in Anspruch nehmen zu können und eine eigene RWAG zu gründen, müsse ein Betrag von 5000 Euro an die Treuhand RWAG gezahlt werden. Nach Zahlung des Betrags haben die Mitglieder Zugang zu einem Dropbox-Ordner mit allen Dokumenten, die sie für eine Gründung brauchen. Eines davon ist das Wertpapierprospekt. Zudem haben sie Anspruch auf eine Rechtsberatung.

Nur noch der Name fehlt

Nach dieser letzten Erklärung ist es soweit und Miosga fragte in die Runde: „Wer wäre bereit?“. Alle Anwesenden sagten zu. Eine schriftliche Erklärung wurde nebenbei von Miosga erstellt. Nach der letzten Unterschrift strahlte Miosga über das Erreichte. Alle waren sichtlich erleichtert. Jetzt fehlt nur noch ein Name.     

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