Vollprofi Gottschalk (68) lässt sich von etwaigen privaten Turbulenzen in Augsburg freilich nichts anmerken. Bunt wie eh und je begrüßt er sein Publikum, ausgebreitete "Wetten, dass..?"-Arme inklusive. Sein buntes Outfit erinnert an diesem Abend an ein Priestergewand. Passend, hatte er doch in der Werbung für seine neue Sendung geistliche Bezüge gewählt, um sein neues Amt als Literatur-Talker zu beschreiben: "Ich bin auf keinen Fall auf dem Weg zum Literaturpapst. Ich bin und bleibe Literaturkaplan."
Als plappernder Kaplan begrüßt er seinen ersten Gast auf dem neuen Sofa: Moderatorin und Autorin Sarah Kuttner, die mit "Kurt" ein Buch über den Tod eines kleinen Kindes geschrieben hat. Um "Verlust, Trauer und das Wesen der Liebe" geht es darin, wie es in dem Beitrag heißt, der Kuttner und ihr Buch ankündigt. Es gehe um eine klassische Beziehung "nach Regeln, die wir alle kennen und so schon lange kannten", sagt Gottschalk. "War das die Frage?" fragt Kuttner irgendwann.
Gottschalks Start in die Welt der Bücher gerät holprig. Kuttner korrigiert ihn mehrfach - unter anderem weil er nicht mehr ganz auf dem Zettel hat, welche Figur nun lesbisch ist. "Flüchtigkeitsfehler", erklärt Gottschalk das - und nach einem kurzen Exkurs über das unterschätzte Kulturgut Kaffeesahne mit großem Fettgehalt ("Es gibt sogar bis 12 Prozent; der Traum!") leitet Gottschalk über zu Ferdinand von Schirach, den er im Gegensatz zu Kuttner siezt und dem er bescheinigt, lustig zu sein - "auch wenn Sie es nicht sein wollen".
"Ich glaub, das ist das größte Kompliment, das ich jemals bekommen habe, dass Gottschalk zu mir sagt: Das ist lustig", entgegnet der Ex-Anwalt von Schirach. Und: "Sie sind ja so ein Mensch, der eine Begabung zum Glück hat." Manche täten sich da schwerer.
Es folgen Gespräche mit der Autorin Vea Kaiser über ihr Buch "Rückwärtswalzer" und mit Fotograf Daniel Biskup über seinen Bildband "Wendejahre" - und dann ist die knappe Dreiviertelstunde auch schon vorbei.
Es läuft nicht alles rund in der ersten Sendung. Hier und da ruckelt der Schnitt, hier und da verlaufen Gottschalks Späße im Sande. Kritiken und Reaktionen in sozialen Netzwerken fallen teilweise vernichtend aus. Der 68 Jahre alte Moderator, so der verbreitete Vorwurf, sei schlecht vorbereitet gewesen. "Er imitiert Marcel Reich-Ranicki mit dem Satz 'Ein Buch darf mich nicht langweilen'. Gilt lustigerweise auch für Fernsehsendungen", schreibt Anja Rützel bei "Spiegel Online". "Die Zeit" sieht dagegen einen wiederauferstandenen Samstagabend am Dienstag.
Aber er hat ja noch Gelegenheit zu üben. Die drei weiteren Episoden folgen aus Franken, der Oberpfalz und Oberbayern. Die zweite Ausstrahlung ist voraussichtlich für den 18. Juni geplant. Den Satz des Abends liefert Schriftstellerin Kaiser: "Man muss die richtige Person finden, um sich zu verlieben - und so ist das mit Büchern auch."