Breitbandausbau betrifft das ganzes Stadtgebiet – Europaweite Ausschreibungen verzögern den Ablauf Aufgrabstimmung in Pottenstein

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In Pottenstein stehen viele Baumaßnahmen an. Foto: Ralf Münch Foto: red

Die Stadt bekommt schnelles Internet. Offen ist jedoch, wann. Denn der Breitbandausbau in Pottenstein ist ein Sonderfall. Weil die Kommune selbst als Betreiber auftritt. Damit muss sie mit diesem Vorhaben in eine öffentliche Ausschreibung. Europaweit. Ein zäher Prozess, sagt Bürgermeister Stefan Frühbeißer im Kurier-Gespräch. Ein Prozess, von dem eine Reihe anderer Projekte abhängen. Auch die müssen warten. Wie zum Beispiel die neue Wasserversorgung für Tüchersfeld. Weil man so dem Bürger Geld sparen könne.

 
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„Ich weiß, dass es in der Bevölkerung kritische Stimmen gibt“, so Frühbeißer. Weil alles so lang dauert. Ganz nachvollziehen kann er das nicht. Sei doch im Stadtrat wie in Bürgerversammlungen wiederholt darüber informiert worden, warum es nur so geht und nicht anders. Was ihm wichtig ist: „Wir entlasten damit aus finanzieller Sicht den Bürger, nicht die Stadt.“

Das Verfahren: Im Gegensatz zu den meisten anderen Kommunen baut Pottenstein sein Breitbandnetz in Eigenregie. Unter dem Dach eines Betreibermodells. Dafür erhielt die Stadt als eine der ersten in Bayern eine Förderzusage des Bundes, der dafür ein eigenes Programm aufgelegt hat.

Da sind bis zu 3,35 Millionen Euro im Spiel. Das Problem dabei: „Wir haben den Bescheid ja noch nicht, er ist nur in Aussicht gestellt. Da gilt es noch jede Menge Vorarbeiten zu leisten.“ Aufträge ließen sich nun mal erst dann vergeben, wenn der Bescheid auf dem Tisch liegt.

Der Zeitplan: Dazu braucht die Stadt zunächst die Ergebnisse der Ausschreibung. Und hier wird es kompliziert. Nicht allein, weil sie bei solchen Projekt europaweit laufen muss. Sondern weil es sich um gleich vier Ausschreibungen handelt: für die Bauüberwachung und die Ingenieurleistungen, für die Materiallieferung, für den Tiefbau – und für den Betreiber. Letztere ist als erste dran.Weil sie am meisten Zeit beansprucht, weil allein hier schon drei Schritte zu bewältigen sind.

Frühbeißer: „Zunächst können alle Unternehmen Interesse bekunden, die die Kriterien der Ausschreibung erfüllen.“ Diese werden so gewählt, „dass sich da nicht jede Fünfmannfirma bewerben kann“. In einer zweiten Phase haben die infrage kommenden Unternehmen dann einen Monat lang Zeit, ihr Angebot konkret zu formulieren. Und zu guter Letzt folgt dann das Auswahlverfahren, bei dem sich die in die engere Wahl gelangten Firmen nacheinander vorstellen – „und dann können sie ihr endgültiges Angebot einreichen“.

Wofür sie erneut vier Wochen Zeit haben. Nur für diese eine Ausschreibung, die jetzt übrigens läuft, sind also mindestens drei Monate anzusetzen, sagt Frühbeißer.

Die anderen Ausschreibungen werden zeitlich versetzt auf den Weg gebracht, um alle vier zu einem gemeinsamen Termin abgeschlossen zu haben. Doch dann wird es noch einmal spannend: Die Stadt muss die gesammelten Ausschreibungsergebnisse beim Bundesverkehrsministerium einreichen. Dort wird schließlich entschieden, „ob alles passt und wir den endgültigen Förderbescheid erhalten“. Läuft alles rund, rechnet Frühbeißer bis Mitte oder Ende Juni mit dem Abschluss dieses Verfahrens. „Dann können wir die Aufträge vergeben, starten können wir aber erst so richtig, wenn die vierwöchige Einspruchsfrist vorbei ist.“

Die Konsequenzen: Das komplizierte Verfahren, an das die Kommune, ohne Wenn und Aber, gebunden ist, wirkt sich wie gesagt auch auf andere Vorhaben aus. Weil es ja keinen Sinn mache eine Straße zweimal aufzureißen. Etwa in Tüchersfeld. Da geht es um die Wasserversorgung. Der Anschluss an Wiesentgruppe ist bereits erfolgt (wir berichteten), die Anschlussleitung von Rackersberg bis zum Abgabeschacht in der Nähe des Feuerwehrhauses gelegt.

Doch jetzt muss noch das gesamte Kanalnetz erneuert werden. Frühbeißer: „Das machen wir aber erst, wenn dort auch die Glasfaserkabel für das schnelle Internet verlegt werden, das spart Kosten.“ Klagen, dass es im Ort noch keine Informationsveranstaltung zum Zeitablauf gab, versteht der Bürgermeister nur bedingt: „Das machen wir zeitnah. Wenn drei Monate vorher kommen, haben die Leute das doch alles wieder vergessen, bis es losgeht.“

Der Ablauf: Ziel sei es, in ganz Pottenstein den Glasfaseranschluss fast in jedes Haus zu verlegen. „Im Prinzip wird die ganze Stadt aufgegraben“, sagt Frühbeißer. Und zwar von zehn bis zwölf Bautrupps, die gleichzeitig im Stadtgebiet unterwegs sind. Was noch zu klären ist: Wann wird wo gegraben? Dahinter stecke ein enormer organisatorischer Aufwand: „Da geht es um die Umleitungen, die aufeinander abgestimmt sein müssen, um den Schulbusverkehr.“ Aber auch um den Tourismus. Denn die Urlauber sollen nicht überall einen Hindernisparcours vorfinden.

Frühbeißer ist stolz auf seine Verwaltung: „Wir haben Gottseidank sehr gute Fachleute; was die leisten, ist wirklich außerordentlich.“ Das bedeutet auch ständigen Kontakt mit den Straßenbaulastträgern. Also mit dem Bund bei Bundesstraßen, mit dem Staatlichen Bauamt bei Staatsstraßen, mit dem Landratsamt bei Kreisstraßen. „Für jeden Einmündungsbereich, für jeden Eingriff in eine Böschung müssen jeweils separate Gestattungsverträge geschlossen werden.“ Ein Riesenpensum, sagt der Bürgermeister. Rund 7,3 Millionen Euro waren ursprünglich für den Breitbandausbau in Pottenstein kalkuliert worden. Frühbeißer vermutet, dass angesichts der Preissteigerungen im Baugewerbe („fast alle Firmen haben volle Auftragsbücher“) am Ende eine etwas höhere Summe steht. Ein Grund mehr, möglichst viele Maßnahmen parallel über die Bühne zu bringen, sagt der Bürgermeister.

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