Boos soll Baur in die digitale Welt führen

Von Roland Töpfer
 Foto: red

Die Baur-Gruppe (Weismain/Burgkunstadt) ist flott unterwegs: Gute Gewinne und mit 740 Millionen Euro zwölf Prozent mehr Umsatz im Geschäftsjahr 2017/18 (28.2.). Das soll so weitergehen. Auch für die kommenden Jahre rechnet Patrick Boos, seit November neuer Geschäftsführer für Marke und Vertrieb, mit zweistelligen Zuwächsen. 2022 soll die Umsatzmilliarde geknackt werden. Digitalisierung  ist auch hier das Zauberwort. Wichtigster Auftrag für Boos: die digitale Transformation des Unternehmens.  

 
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In der analogen Welt ist Boos auch noch unterwegs. Der gebürtige Hamburger – wie könnte es anders sein – segelt gerne. Übers Mittelmeer, vor Kroatien oder Mallorca. Dieses Jahr versucht er es mit Familie und Freunden mal auf einem Katamaran. Der hat weniger Tiefgang, und man kommt leichter in die erste Reihe in der Bucht.

Digital auf allen Ebenen

Bei Baur sitzt Boos nun in der ersten Reihe, wenn es um den (digitalen) Kulturwandel geht. Nach innen wie nach außen. Das Digitale soll von den Beschäftigten auf allen Ebenen gelebt werden. Und der Kunde soll mit einer für ihn sympathischen Online-Plattform ans Unternehmen gebunden werden.

90 Prozent der Bestellungen kommen übers Internet, der Rest über Telefon oder Bestellkarten. Kataloge gibt es auch noch. Sie sind dünner und kleiner als früher, aber immer noch unverzichtbar. Denn, sagt Boos: Kataloge bringen Inspiration, wecken Bedürfnisse, fördern Bestellungen. Der Katalog wird nicht völlig verschwinden, so Boos. Es werde immer Leute geben, die das schätzen. „Analog wird der neue Luxus.“

Nicht im Dschungel verloren gehen

Doch der digitale Kanal ist die Lebensader von Baur. Auf was kommt es an? Die Checkliste ist lang: Suchen und Finden, Preise, sichere Bezahlung, Navigation, Erfahrungen mit dem Callcenter, Pünktlichkeit der Lieferung, Verpackung, Retouren-Prozesse und vieles mehr. „Man muss den Kunden verstehen“, sagt Boos. Wissen, wie er angesprochen werden will. Aufpassen, „dass er sich nicht im Dschungel verliert“.

Online-Erfahrung hat Boos reichlich. Nach VWL-Studium in Bonn und einigen Berufsjahren bei Sat.1 in Mainz und Berlin gründete er zwei Online-Start-ups. Mit dem zweiten, Webmiles, ein internetgestütztes Kundenbindungsprogramm, wollte er eigentlich an die Börse gehen. Dann kam der Zusammenbruch des Neuen Marktes. Webmiles wurde an Bertelsmann verkauft und schließlich nach vielen Jahren eingestellt. Boos wurde unterdessen Geschäftsführer bei eBay Deutschland, arbeitete später auch als Vorstand eines Joint Ventures für Axel Springer.

Seit wenigen Monaten ist er nun in Oberfranken. Unter der Woche wohnt er in Bamberg, am Wochenende fährt er zur Familie nach Berlin. Dort lebt seine Frau, eine Kinderbuchautorin, mit den drei Kindern. „Kein idealer Zustand“, sagt Boos, aber er versuche eben möglichst viel Kontakt zur Familie über die modernen Medien zu halten.

Franken wie Hamburger

Mit den Oberfranken kommt der 50-Jährige gut klar. „Die Hamburger sind ja auch ein bisschen reserviert“, meint er. Die Franken bräuchten auch einen Moment, bis sie warm werden und anfangen zu reden. „Ich find das gut.“

Pilot wollte er mal werden, hat auch die Prüfung bei der Lufthansa gemacht. „Ich bin durchgefallen.“ Heute ist er froh darüber, denn die Faszination des Piloten-Berufes ist verflogen.

Bei Baur wird er wohl die nächsten Jahre bleiben, aber „ab einem gewissen Punkt“ möchte er dann auch mal wieder was Neues machen. „Meine Leidenschaft ist nicht, zu verwalten, sondern Dinge zu verändern.“

Einfach mal an nix denken

Da hat er die nächsten Jahre gut zu tun. Der digitale Wandel wird sich noch beschleunigen und das große oberfränkische Unternehmen Baur mit 4100 Beschäftigten, davon 3700 in der Region, muss für die neue Zeit umgebaut werden. Der Kulturwandel im Unternehmen ist für Boos Dreh- und Angelpunkt für gute Geschäfte in den kommenden Jahren. Die digitale Transformation könne man nicht nur mit Beratern von außen machen. „Das muss intern passieren.“

Auftanken kann Boos am besten als Skipper auf dem Boot. „Am Ruder, aufs Meer schauen, einfach mal an nix denken.“


Zur Person

Patrick Boos (50) ist seit November 2017 einer von drei Geschäftsführern bei Baur. Schwerpunkt seiner Arbeit: die digitale Transformation der Kernmarke Baur und die strategische Weiterentwicklung der Baur-Gruppe (Online-Handel und Dienstleistungen/Logistik). Als Chief Digital Officer war Boos von 2010 bis 2013 bei der Ringier Axel Springer Media AG für die digitalen Aktivitäten in Mittel- und Osteuropa verantwortlich. Bis zum Eintritt in die Baur-Gruppe war er Managing Director Consumer Goods & Retail bei der Accenture GmbH. Boos wohnt unter der Woche in Bamberg, die Familie mit drei Kindern lebt in Berlin.