Boni für Auszubildende Ausbilder werben mit höherem Gehalt und Mobiltelefonen

Von Christopher Michael
Symbolbild. Foto: Christin Klose/dpa-tmn Foto: red

BAYREUTH. Der erste Werktag im September, 8 Uhr morgens: Für viele junge Menschen einer der wichtigsten Tage ihres Lebens. Traditionell starten sie an diesem Datum als frischgebackene Azubis in die Lehre.

 
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In diesem Jahr nahmen fast 6000 Teenager und junge Erwachsenen in den Betrieben der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Coburg und der IHK für Oberfranken Bayreuth sowie der Handwerkskammer (HWK) Oberfranken ihre Ausbildungen auf. Doch für Betriebe wird es immer schwieriger, engagierten Nachwuchs zu finden. Immer öfter werben die Ausbildungsbetriebe mittlerweile sogar mit ausgefeilten Boni um Bewerber.

Unternehmen lassen sich einiges einfallen

Die Unternehmen lassen sich im Kampf um die talentiertesten Azubis einiges einfallen. Mal ist es das Diensthandy, das die Lehrlinge zum Ausbildungsstart in die Hand gedrückt bekommen, mal sind es Fahrdienstleistungen, die das ausbildende Unternehmen den Neulingen anbietet. Und mitunter gibt es sogar einen Zuschuss etwa zur Anschaffung eines Mofas, wie Frank Grökel, Leiter der Ausbildungsberatung und Nachwuchsförderung bei der HWK , weiß. Auch wenn dies, wie er selbst sagt „Einzelfälle, die nicht verallgemeinert werden können“ sind.

Über die Hälfte der Unternehmen fördert Mobilität oder zahlt übertariflich

Gerade im ländlich geprägten Oberfranken ist es oftmals schwierig, die Lehrlinge am Morgen von Zuhause zur Arbeit zu bringen, wie Peter Belina, Pressesprecher der IHK für Oberfranken, sagt. „In München kommt jeder irgendwie von A nach B“, sagt er. „Hier funktioniert das oft nicht.“ Wie Bernd Rehorz, Leiter Berufliche Bildung bei der IHK für Oberfranken, mit Verweis auf eine Studie des Deutschen Industrie- und Handelstages erklärt, setzt mittlerweile jedes fünfte Unternehmen auf materielle oder finanzielle Anreize. „Über die Hälfte der befragten Unternehmen fördert dabei die Mobilität oder zahlt eine übertarifliche Vergütung.“ Rehorz erklärt das für Oberfranken damit, dass „viele Unternehmen damit auch Standortnachteile ausgleichen“. Überdurchschnittlich viele Arbeits- und Ausbildungsplätze liegen dort demnach außerhalb der Kreisstädte.

Betriebe legen Wert auf Außenwirkung und Betriebsklima

Boni und Anreize für Auszubildende müssen jedoch nicht unbedingt monetärer Art sein. „Bei der Wahl ihrer Lehrstelle sind für die jungen Leute letztlich Ausbildungsinhalte, Arbeitsbedingungen und Entwicklungsperspektiven entscheidend“, teilt die IHK zu Coburg auf Anfrage unserer Zeitung mit. Und HWK-Experte Groekel ergänzt: „Viele Betriebe legen bei der Nachwuchssuche momentan besonderen Wert auf die Faktoren Außenwirkung und Betriebsklima.“

Anerkennungszahlung für "Schnupper-Lehrstelle"

Sogar von sogenannten „Schnupper-Lehrstellen“ weiß er zu berichten. Einige Betriebe würden diese anbieten, um bei den Schulabgängern „Appetit auf die Ausbildung zu machen“, wie Groekel weiter sagt. Diese seien zeitlich befristet und seien mit einer kleinen Belohnung beziehungsweise Anerkennungszahlung verbunden. Wieder andere hätten ein betriebsinternes Nachhilfe-System für ihre Auszubildenden etabliert, wenn diese in bestimmten Bereichen der Berufsschule Probleme hätten, sagt IHK-Sprecher Belina. Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW) sieht in derartigen Boni eine Möglichkeit - gerade für kleine und mittelständische Unternehmen - mehr Aufmerksamkeit von den Bewerbern zu erhalten. Bis 2025 fehlen nach Berechnungen des Verbandes allein im Freistaat 350 000 Fachkräfte. „Die Unternehmen müssen daher bei der Gewinnung von Azubis kreativ sein“, kommentiert VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt diese Entwicklung.

Sinnvoll sind Zuschüsse für Fahrtkosten oder Beihilfen zum Führerschein

Kritik an derartigen Vorhaben kommt hingegen von den Gewerkschaften. Im Gespräch mit unserer Zeitung warnt DGB-Regionsgeschäftsführer Mathias Eckardt vor zu ausgefallenen Boni. Ihm sei ein Fall bekannt, bei dem ein Unternehmen offensiv mit Autos für Azubis geworben habe. „So etwas lehne ich ab“, sagt Eckardt. „Firmen, die sich das leisten können, machen das, und kleinere Unternehmen können nicht mithalten.“ Seiner Meinung nach bringen derartige Aktionen das Tarifgefüge durcheinander.„Es ist sinnvoll, wenn Azubis gerade in unserer Gegend Zuschüsse für Fahrtkosten oder Beihilfen zum Führerschein bekommen“, sagt der Gewerkschafter. Wenn aber Azubis ein eigenes Auto bekommen, erzeuge das nicht nur Frust bei denen, die es nicht bekommen. „Was soll  denn dann der Geselle oder der Jungfacharbeiter denken“, fragt er. Eckardt zieht eine klare Linie: „Eine gute Qualität der Ausbildung, ein gutes Betriebsklima und eine angemessene Ausbildungsvergütung sind wichtiger als für ein, zwei Jahre  ein geleastes Auto vor der Haustüre stehen zu haben.“


Info: Bietet ein Unternehmen seinen Arbeitnehmern gewisse Extras oder Boni, sind diese nur in bestimmten Fällen steuerfrei. „Für Azubis gibt es grundsätzlich die gleichen steuerfreien oder -begünstigten Arbeitgeberleistungen wie für ganz normale Angestellte“, weiß Andreas Roßkopf, Fachreferent für Steuerrecht und Personalentwicklung bei der Lohnsteuerhilfe Bayern. Abgabenfrei oder begünstigt sind unter anderem folgende Leistungen: Warengutscheine bis 44 Euro, die private Überlassung von Smartphones oder PCs für die private Nutzung und der Ersatz von Auslagen, wenn Arbeitnehmer über das private Telefon auch betriebliche Gespräche führen. Unabhängig vom Steuerrechtlichen gibt es weitere Leistungen, die sich speziell an Azubis richten, zählt Experte Roßkopf auf: Grundsätzlich haben Azubis bis zum 18. Lebensjahr Anspruch auf Kindergeld, der Zeitraum verlängert sich bis zum 25. Lebensjahr, wenn es sich um eine Erstausbildung handelt. Auf Antrag kann der Azubi das Kindergeld an sich selbst auszahlen lassen. Unter ganz bestimmten Voraussetzungen kann es Stipendien für Azubis geben. Bei Abschluss einer Riesterrente vor dem 25. Lebensjahr gewährt der Staat ebenfalls einen Berufseinsteigerbonus in Höhe von 200 Euro. Die vom Arbeitgeber des Azubis einbehaltenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge können in der Steuererklärung der Eltern abgesetzt werden, wenn diese sich beim Azubi steuerlich nicht auswirken.