Betrugsprozess gegen Inhaber eines landwirtchaftlichen Lohnunternehmens Mit dem Schneepflug vor Gericht

Von Manfred Scherer
 Foto: red

Hin und hergerissen zwischen Pflichtbewusstsein und Geldnot: Ein Familienbetrieb aus dem Nürnberger Land geriet wegen eines dringend benötigten Schneepflugs in Betrugsverdacht. Und ein Familienbetrieb aus dem Fichtelgebirge musste lange 11500 Euro hinterher laufen.

 
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In der Hersbrucker Schweiz war für Anfang November 2016 ein Wintereinbruch angesagt. Bei einem landwirtschaftlichen Lohnunternehmen im nördlichen Nürnberger Land läuteten da die Alarmglocken. der Familienbetrieb hatte mit einer Gemeinde im dem zum Teil extrem steilen Straßengewirr der Gegend den Winterdienstvertrag. Aber: Der aktuelle Schneepflug war defekt.

Am einem Freitag Anfang November klingelte bei einem Unternehmen für landwirtschaftliche Geräte in Warmensteinach das Telefon. Die 50-jährige Mitinhaberin des Familienbetriebs aus dem Nürnberger Land war am anderen Ende der Leitung: Man brauche jetzt dringend jenen Schneepflug, den sie, die Anruferin, und ihr Ehemann erst vor wenigen Tagen besichtigt hätten. Und ob die ursprünglich vorgesehene Barzahlung umgewandelt werden könne in eine Lieferung auf Rechnung - zeitlich sei es nicht mehr zu schaffen, noch zur Bank zu gehen. Die rund 11500 Euro für den noch am Samstag abgeholten Schneepflug würden sofort am Montag darauf überwiesen.

Hartes Brot im Winterdienst

Die 42-jährige Firmenchefin aus Warmeinsteinach willigte ein. Vor Gericht sagt sie: "Leider habe ich über die Creditreform keine Vermögensauskunft eingeholt. Sonst hätte ich diesem Geschäft nicht zugestimmt."

Was die Zeugin aus dem Fichtelgebirge mit der Vermögensauskunft erfahren hätte: Das Ehepaar, das den Winterdienst in der Hersbrucker Schweiz machte, war finanziell äußerst klamm. Offene Rechnungen, Forderungen, den Gerichtsvollzieher als häufigen Gast im Betrieb. Die Staatsanwaltschaft sah die Bestellung das als Betrug an, denn: Mit der Aussage, gleich am Montag zahlen zu können, habe die Mitinhaberin des Familienbetriebes die Verkäuferin aus dem Fichtelgebirge getäuscht.

Verkäuferin muss sich Geld mühsam zurückholen

"Nicht mit Absicht", sagte die 50-Jährige im Prozess am Freitag. Sie habe gehofft, zahlen zu können, aber um ein paar Hundert Euro, die fehlten, hätten Gläubiger und Finanzamt ihr das Konto gesperrt. Ihr Ehemann, der in der Hersbrucker Schweiz den Schneepflug fährt, berichtete, er habe von der Abmachung bei der Abholung des Schneepfluges nichts mitbekommen. Dem Amtsrichter David Baasch erklärte er, wie hart das Winterdienst-Brot in seinem Familienbetrieb sei: Die Gemeinde, die sich keinen eigenen Schneepflug leiste, bezahle ihn immer erst spät: "Wir stehen in der Früh um 2 Uhr auf und machen die Straßen für die Schulbusse frei. Das ist kein Zuckerschlecken. Wir haben den Pflug dringend gebraucht."

Das Verfahren gegen den Ehemann stellte Richter Baasch wegen geringer Schuld ein. Die Ehefrau muss wegen Betruges 120 Tagessätze zu je 15 Euro bezahlen.

Nach dem Prozess bezahlte sie erst einmal 200 Euro an die Firmenchefin aus Warmensteinach: Diese Summe war noch offen. Das Eintreiben des Rest von 11300 Euro hatte die 42-Jährige der Creditreform übergeben, die wiederum den Gerichtsvollzieher losschickte, der mit zivilrechtlich erwirkten Titeln das Geld bei der Gemeinde in der Hersbrucker Schweiz pfändete, für die der Schneepflug in Auftrag gefahren war.

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