Bayreuther Trio beim Langstreckenrennen Paris-Brest-Paris unter selbst gesetzten Zeitlimits 70 Stunden auf dem Rad mit zwei Stunden Schlaf

Von seiner Schwester Sabine wurde Bernd Rücker im Ziel empfangen. Seine Kraft reichte sogar noch für ein Lächeln auf dem Erinnerungsfoto. Foto: red Foto: red

„In vier Jahren will ich wieder hier starten.“ Dieser Satz von Bernd Rücker zeigt am deutlichsten, dass er mit seinem Debüt beim traditionsreichen Langstreckenennen Paris-Brest-Paris zufrieden war. Daran ändert auch der andere Kernsatz nichts: „Das war ganz klar das Härteste, was ich jemals gefahren bin.“

 
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69 Stunden und 45 Minuten hat der 44-Jährige von Team Icehouse benötigt, um die 1230 Kilometer und mehr als 11 500 Höhenmeter auf der hügeligen Strecke zwischen der französischen Hauptstadt und der bretonischen Atlantikküste zu bewältigen. Abzüglich der Pausen zum Essen oder für die Formalitäten an den Kontrollpunkten geht er von einer Netto-Fahrzeit von rund 52 Stunden aus, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 24 Stundenkilometern entspricht. Damit blieb er ebenso deutlich unter seinem selbst gesetzten Zeitlimit wie Martin Lehner vom SV Bayreuth und der vereinslose Helmut Meßmer in knapp 72 bzw. rund 77 Stunden.

Für Schlaf blieb da nicht viel Zeit übrig. „Nur in der zweiten Nacht habe ich einmal an einer Kontrollstelle für zwei Stunden die Augen zugemacht, dann das Gesicht gewaschen und die Zähne geputzt“, erklärt Rücker. Zu diesem Zeitpunkt habe er gemerkt, dass es wegen der nachlassenden Konzentration gefährlich werden könnte: „Ich habe einen Fahrer aus Japan neben mir gefragt, wie viele Lichter vor uns zu sehen sind. Er antwortete, dass vor uns eine Gruppe mit etwa zehn Fahrern sei – aber ich sah gut und gern 100 Rücklichter!“

So viel Vernunft bei der Selbsteinschätzung sei durchaus nicht für alle Teilnehmer selbstverständlich gewesen. „Viele Fahrer fielen vor Müdigkeit und Erschöpfung buchstäblich vom Rad und schliefen im Straßengraben“, berichtet Rücker. „Wenigstens schafften es die meisten noch zum Grünstreifen.“ Fahrer mit sichtlich aufkommender Orientierungslosigkeit habe er zu einer Pause regelrecht genötigt: „Mancher fuhr schon auf der falschen Straßenseite. So etwas ist verantwortungslos.“ In der zweiten Nacht kam der Bayreuther sogar an einem schweren Unfall vorbei: „Ein russischer Fahrer war vermutlich auf einer Abfahrt eingeschlafen. Ich blieb eine Zeit lang dort, um bei der Verständigung mit den Sanitätern zu helfen. Das sah gar nicht gut aus.“

Trotz dieses moralischen Dämpfers war Rücker auch zu diesem Zeitpunkt etwa auf der Hälfte des Rückwegs immer noch fit: „Ich fühlte mich weder müde, noch schwach und hatte genug Kraft, die vielen Steigungen mühelos zu überfahren.“ Zusätzlich motiviert habe es ihn auf dem letzten Viertel der Strecke, dass er immer mehr der lange vor ihm gestarteten Fahrer überholen konnte: „Ich war in der letzten Gruppe Z am Montagmorgen gestartet, aber ich schloss bis zu Sonntagsstartern der Gruppe H auf.“ Auf den verbleibenden 55 Kilometern nach dem letzten Kontrollpunkt sei er sogar noch „wie der Teufel gefahren“, um die 70-Stunden-Marke zu unterbieten: „Trotzdem sagte meine Schwester im Ziel: Von allen Finishern, die ich gesehen habe, siehst Du noch am besten aus.“⋌es

Info: Genaue Ergebnisse liegen noch nicht vor. Bis die allein maßgeblichen Kontrollkarten der 6000 Teilnehmer ausgewertet sind, können einige Wochen vergehen.

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