Eilmeldung

Bayreuth/Trockau Bayreuther Richter besuchen ein Wrack

Von Manfred Scherer
Weil der Hauptzeuge der Anklage nicht reisefähig ist, fahren Richter des Landgerichts zur vernehmung nach München. Foto: Britta Pedersen dpa-Archiv Foto: Verwendung weltweit, usage worldwide

Bayreuth/Trockau Von Manfred Scherer Ein Strafprozess gegen einen in einem Fernbus bei Trockau aufgeflogenen mutmaßlichen Heroindealer ist ins Stocken geraten. Das liegt an einem besonderen Zeugen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Dem Angeklagten, ein 49-jähriger Münchner, liegt der Besitz und der handel mit 40 Gramm Heroin zur Last. Diese Menge hatten Zollfahnder am 29. November vergangenen Jahres bei einer Routinekontrolle des Fernbusses Berlin–München–Zürich auf einem Parkplatz bei Trockau mit Hilfe eines Rauschgifthundes aufgespürt.

Angeklagt wurde der 49-Jährige aber nicht nur wegen der 40 Gramm, sondern wegen weiterer sieben Fälle, in denen er in den Wochen vor seiner Verhaftung ebenfalls in Berlin gewesen sein soll und auf die gleiche Tour Heroin eingekauft und in München weiterverkauft haben soll. Der naheliegende Grund: Zwischen München und Berlin gibt es auf dem illegalen Heroinmarkt ein starkes Preisgefälle: Während das Gramm in der Bundeshauptstadt für etwa 30 Euro zu haben sei, liege der Straßenverkaufspreis in München bei 80 bis 100 Euro, erklärten Zollfahnder und auch ein Gerichtsgutachter am ersten Verhandlungstag am vergangenen Montag.

Ein Jahr Mindeststrafe für jeden Fall

Die rechtliche Lage für den Angeklagten ist diese: Für einen Fall des Besitzes und des Handels mit derart großen Mengen Heroin droht das Gesetz eine Mindeststrafe von einem Jahr an. Den Besitz und den beabsichtigten Handel mit den in Trockau beschlagnahmten 40 Gramm gestand der Angeklagte, nicht jedoch die sieben weiteren Fälle. In diesen Fällen gibt es, anders als im 40 Gramm-Fall von Trockau, kein beschlagnahmtes Rauschgift, sondern nur die Aussage eines Belastungszeugen.

Dieser Zeuge kam in das Verfahren kurz nach der Kontrolle am 29. November. Damals ordnete ein Richter die Wohnungsdurchsuchung beim Angeklagten an, und es stellte sich heraus, dass der mit einem Mann zusammen wohnt, der mit dem Auftauchen der Münchner Polizei Redebedarf bekam: Sein in Trockau gefasster Mitbewohner sei schon mehrfach mit dem Fernbus in Berlin gewesen und habe jedes Mal 20 Gramm Heroin mitgebracht. Der Belastungszeuge konnte am Mittwoch entgegen der ursprünglichen Planung beim Prozess in Bayreuth nicht vernommen werden. Der Mann, ein ehemaliger und entsprechend vorbestrafter Heroinabhängiger, leidet an einer unheilbaren Muskelkrankheit und ist nach Aussage seines Münchner Arztes ein nicht reisefähiges Wrack.

Die brachte die Richter der Strafkammer vor diese Hürden: Die auf die erste Aussage des Zeugen fußenden Vorwürfe sind so gravierend, dass eine Einstellung im Hinblick auf den durch das Geständnis erwiesenen 40 Gramm-Fall nicht ohne weiteres in Frage komme. Nachdem der Angeklagte die weiteren sieben Fahrten abstreitet, beschloss das Gericht eine ungewöhnliche Maßnahme: Zwei der Berufsrichter sollen am Montag den Hauptbelastungszeugen kommissarisch vernehmen und dafür nach München fahren.

Prozess

Bilder