Bayreuth: In Deutschland auf Platz 1

Von Thorsten Gütling
Eines der Angebote für Familien mit mindestens drei Kindern in Bayreuth: Neben Vergünstigungen bei den Kita-Gebühren gibt es verbilligte Saisonkarten für das Kreuzsteinbad. Ab Montag, 23. April, werden die Karten wieder im Rathaus II, Zimmer 138, zum Preis von 29 Euro verkauft. Foto: Archiv/Ronald Wittek Foto: red

Bayreuth zur kinderfreundlichsten Stadt Deutschlands zu machen, das hat sich Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe vor ihrem Amtsantritt vor sechs Jahren zum Ziel gesetzt. Zumindest zur familienfreundlichsten Stadt hat es Bayreuth einer Studie zufolge jetzt mit Einschränkungen geschafft.

 
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Nach einer aktuellen Studie, die verschiedene Statistiken und Online-Portale auswertet, ist Bayreuth die familienfreundlichste Deutschlands. Erste Einschränkung: Unter 107 kreisfreien Städten bis 100.000 Einwohner. Zweite Einschränkung: Für Familien mit drei Kindern. Unter allen Städten, egal welcher Größe, liegt Bayreuth auf Rang vier. Das hat die Stadt vor allem der Familienfreundlichkeit der Arbeitgeber zu verdanken. Denn wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, dann macht den Bayreuther Arbeitgebern der Studie zufolge kaum jemand etwas vor. Egal ob es um die Möglichkeit geht, von zuhause aus zu arbeiten, um flexible Arbeitszeiten oder betriebliche Altersvorsorge: Nur in sechs Städten in Deutschland haben es Arbeitnehmer zufolge besser. Diesen Eindruck vermittelt zumindest die Plattform kununu.com, auf der Arbeitnehmer ihre Arbeitgeber bewerten.

Große Arbeitgeber beauftragen die Diakonie

Unter anderem liegt das an Einrichtungen wie der Diakonie in Bayreuth. Die organisiert die Kinderbetreuung für drei der größten Arbeitgeber in der Stadt: der Universität, Medi und Tennet. Für die Kinder der Medi- und Tennet-Mitarbeiter hält sie je 15 Plätze in Kindertagesstätten vor und zwar bei Bedarf weit über die eigentlichen Betreuungszeiten hinaus. Dadurch sei es Mitarbeitern möglich, die Elternzeit zu verkürzen und sich schneller wieder in die Arbeitswelt zu integrieren, heißt es bei Medi.

Kinderbetreuung trotz Defizit

Die IHK für Oberfranken nennt auf Nachfrage noch zwei weitere Arbeitgeber, bei denen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besonders gut funktioniere: den Gesundheitsdienstleister Gedikom und den Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). Kreisgeschäftsführer Peter Herzing verweist auf das BRK-Kinderhaus, in dem Kinder von 5.30 Uhr bis 21 Uhr betreut würden und damit zu Zeiten, in denen die Betreuung unweigerlich ein Defizit verursache. Und er erzählt von einem Mitarbeiter, dem man dabei geholfen habe, 120 Kilo Gewicht zu verlieren. Bei Gedikom, sagt Personalleiterin Susanne Schinke, erfülle man den 230 beschäftigten Mitarbeitern bei der Dienstplanung nahezu jeden Wunsch. Den überwiegend weiblichen Mitarbeitern komme außerdem zu Gute, dass, wenn Angehörige gepflegt werden müssten, eine spätere Aufstockung der zuvor reduzierten Arbeitszeit leichter möglich sei, als anderswo.

1000 Kinder, 37 Plätze

Aber nicht nur die Betriebe sorgen für eine gute Platzierung der Stadt. Der Studie zufolge steht Bayreuth allgemein gut da, was die Anzahl der Kita-Plätze betrifft. Bei der Kinderbetreuung belegt die Stadt bundesweit Rang 30 von 107. Auf Nachfrage heißt es, pro 1000 Kinder seien in Bayreuth 37 Plätze in Tageseinrichtungen verzeichnet und dem Portal Betreut.de seien 664 Kinderbetreuer gemeldet.

Überdurchschnittlich gut, auf Platz 31 von 107, schneidet Bayreuth auch bei der Höhe der Mieten und dem für große Familien zur Verfügung stehenden Wohnraum ab. 78 Prozent der Familien mit drei Kindern lebten in einer Wohnung mit mindestens fünf Räumen, heißt es. Bei Mieten liege Bayreuth in Durchschnitt.

2500 Betreuungsplätze, 950 neue Wohnungen

Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe sagt, Bayreuth habe aber auch bei anderen Studien in den vergangenen drei Jahren gut bis sehr gut abgeschnitten. Mit 2500 Kinderbetreuungsplätzen liege Bayreuth zum Teil 20 Prozent über dem Landesdurchschnitt. Über das Wohnen sagt sie, das Stadtplanungsamt habe jüngst die Voraussetzung für über 950 neue Wohneinheiten geschaffen. Damit stünde auch weiterhin ausreichend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung.

Einen Kommentar dazu lesen Sie hier:

Was die Familienfreundlichkeit angeht, stellt auch Bayreuths Alt-Oberbürgermeister Michael Hohl (CSU) seiner Nachfolgerin ein gutes Zeugnis aus. Zwar habe er die Stadt schon vor Jahren als familienfreundlich wahrgenommen und deshalb hier auch eine Familie gegründet. „Wenn dieser Eindruck jetzt statistisch bestätigt wird, dann sollte die Stadt damit künftig auch werben“, sagt Hohl, der dennoch Nachbesserungsbedarf sieht: bei der Flexibilität der Kitas im Allgemeinen und beim Hort in der Saas im Besonderen. Und Hohl sagt, wegen jüngster Zuzüge seien über kurz oder lang wohl weitere Betreuungsplätze nötig.

Am Erfolg sind viele beteiligt

Thomas Bauske, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat sagt, die Studie zeige, dass Bayreuth bei Mietkosten und Wohnraum noch Luft nach oben habe. Am guten Abschneiden in der Studie seien viele beteiligt, „von Sozialverbänden bis Politik, von Kommune bis Bund“.

Warum gerade drei?

Die Studie widmet sich Familien mit drei Kindern, weil die Anforderungen an sie deutlich höher seien, als an andere Familien. So sei in Deutschland vor allem aus Kostengründen nur jede zehnte Familie eine sogenannte Mehrkinderfamilie. Zwar stiegen die Einspareffekte, beispielsweise beim Kauf von Kleidung und Spielsachen mit jedem Kind an. Dem Statistischen Bundesamt zufolge kostet ein Kind, das mit zwei Geschwistern aufwächst jeden Monat 100 Euro weniger als ein Einzelkind. Nach dem zweiten Kind stiegen die Kosten trotzdem von 1165 auf 1693 Euro. Dazu kommt: Mit dem dritten Kind steigt auch der zeitliche Aufwand. Während noch 70 Prozent der Eltern mit zwei Kindern sagen, dass sie Arbeit und Familie gut unter einen Hut bekommen, sehen das nur noch 51 Prozent der Familien mit drei Kindern so. Wieviele Mehrkinderfamilien es in Bayreuth gibt, lässt sich übrigens nicht sagen. Auf Nachfrage im Rathaus heißt es, die Einwohnerstatistik erfasse nicht, in welchen Familien die 9500 Kinder der Stadt lebten. Auch im statistischen Landesamt fänden sich keine Angaben.

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Auf der Seite familien-in-bayreuth.de gibt es viele weitere Informationen rund um alle Themen des Familienlebens in der Stadt. Unter familienpakt-bayern.de sind Arbeitgeber gelistet, die sich für die Vereinbarkeit von Familie und beruf besonders engagieren. Die Studie zum nachlesen finden Sie hier.


Korrektur: Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Thomas Bauske, hatte dem Kurier auf Anfrage mitgeteilt, am guten Abschneiden in der Studie seien viele beteiligt. Wir haben aus dieser Aussage die Schlussfolgerung gezogen, er drücke damit aus, dass das gute Abschneiden nicht alleine das Verdienst von Bürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe sei und dies so in einer ersten Version des Artikels geschrieben. Thomas Bauske legt Wert auf die Feststellung, dass er das so nicht gesagt hat.

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