Gleich zu Beginn der Versammlung gab es heftige Buhrufe und Gelächter. Und das nach einer durchaus ernsten Mitteilung: Sowohl Eva Wagner-Pasquier, die nach massiven Kreislaufproblemen sogar zur Beobachtung ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, als auch Katharina Wagner (Nasenbluten, Schwindelanfälle) konnten an der gestrigen Sitzung nicht teilnehmen. Und nachdem auch das Team der („Lohengrin“-)Neuinszenierung im Unterschied zu früheren Jahren nicht präsent war (Regisseur Hans Neuenfels las zur gleichen Zeit in der Markgrafenbuchhandlung aus seinem neuen Buch), gab es in diesem Jahr also weder einen Bericht der Festspielleitung noch eine Diskussion zwischen Geldgebern und Künstlern.

„Unruhige Zeiten“

Dass einige der „Freunde“ so schroff auf die Absenz vor allem der Festspielleitung reagierten, ist dadurch begründet, dass es zwischen dem neuen Vorstand und der aktuellen Festspielleitung offenbar Spannungen und Unstimmigkeiten gibt. So sprach selbst der Vorsitzende der Freunde, Georg Freiherr von Waldenfels, von „unruhigen Zeiten“ – und vielen Gerüchten.

Von Waldenfels beteuerte, wie schon tags zuvor im Kurier-Interview, dass es bei den Freunden keinerlei Paradigmenwechsel zum Nachteil der Festspiele gebe. Die Unterstützung der Festspiele sei unverändert das Anliegen der Mäzene: „Seit mehr als 60 Jahren ist es unsere Aufgabe, alles, was am Grünen Hügel notwendig ist, finanziell zu begleiten.“

Allerdings sehe er es als Selbstverständlichkeit für einen eingetragenen Verein an, das, was an Projekten zur Finanzierung anstehe, eingehend zu prüfen. „Auf Zuruf“ gebe er jedenfalls keine Millionenbeträge aus, beteuerte von Waldenfels unter Hinweis auf den anstehenden Bau einer neuen Probebühne. Dass er zudem versuche, bei Projekten dieser Größenordnung – die Probebühne soll rund 5,6 Millionen Euro kosten – auch die übrigen Gesellschafter mit ins Boot zu holen, sei „das Normalste der Welt“. Den Vorwurf, dass die Mäzene bei der Prüfung solcher Anträge zu bürokratisch vorgingen, wollte von Waldenfels nicht auf sich sitzen lassen: Man könne erst über die Finanzierung einer Probebühne befinden, wenn ein genehmigter Bauantrag vorliege. Und das sei nicht der Fall. Bayreuths Oberbürgermeister Dr. Michael Hohl bestätigte dies, kündigte aber an, dass das Thema aus Sicht der Stadt im Oktober im Stadtrat behandelt werden könne. In diesem Zusammenhang bestätigte Hohl die Notwendigkeit eines solchen Neubaus ausdrücklich: „Der derzeitige Zustand ist nicht mehr tolerabel.“ Unmissverständlich auch diese Aussage an die Adresse von Waldenfels’: „Die Stadt kann sich aufgrund der schwierigen Haushaltslage in den nächsten Jahren mit Sicherheit nicht an der Finanzierung einer solchen Probebühne beteiligen.“ Anders gesagt: Wenn nicht die „Freunde“ oder andere Gönner das Projekt schultern, dann, so Hohl, „wird es so schnell nicht umgesetzt werden können“.

Ähnlich kritisch bewertete der Ehrenvorsitzende der Freunde, Dr. Ewald Hilger, den Plan des neuen Vorstands, die Gesellschafter in die Finanzierung von Bauvorhaben am Grünen Hügel einzubeziehen: „Das ist nicht deren Aufgabe. Wenn wir so verfahren wären in der Vergangenheit, dann würde heute hier oben gar nichts stehen. Kein Chorsaal, keine Probebühnen.“ Es sei der falsche Weg, bei diesen Vorhaben auf die öffentliche Hand zu setzen. Im Übrigen wehrte sich Hilger gegen den Vorhalt, in früheren Jahren seien solche Investitionen im Hopplahoppverfahren durchgedrückt worden: „So eine Aussage ist eine ausgemachte Unverschämtheit. Wir haben alles genau geprüft – und haben uns natürlich auch von der Notwendigkeit solcher Vorhaben überzeugt.“ Von Waldenfels beteuerte, solche Aussagen nie gemacht zu haben. Allerdings hat er sich beispielsweise gegenüber dem Kurier dahingehend geäußert, dass er nicht bereit sei, solche Entscheidungen auf Zuruf zu treffen. Und am 25. Juni stand in dieser Zeitung – nachträglich übrigens nie dementiert – folgendes Zitat des Freunde-Chefs: „Wir sind nicht gegen eine Probebühne – aber gegen jedes Hopplahopp.“ Und dieser Satz fiel eindeutig mit Blick auf frühere Zeiten. Auch der zweite Ehrenvorsitzende, Dr. Karl Gerhard Schmidt, beteuerte vor den Mitgliedern, niemals Hopplahoppentscheidungen getroffen zu haben.

Kein Automatismus

Zwar blieb von Waldenfels bei seinem Standpunkt, dass es in Sachen Investitionen mit ihm „keinen Automatismus“ geben werde und er das Thema auch im Rahmen der Festspiel-GmbH erörtern wolle, grundsätzlich aber sei auf die Freunde auch bei diesem Thema Verlass: Man wolle und werde die Probebühne mitfinanzieren – „entsprechend unseren finanziellen Möglichkeiten“. Offenbar sieht der frühere bayerische Finanzminister vor allem beim Freistaat Bayern noch deutliche finanzielle Spielräume. Zitat von Waldenfels’: „Bevor ich einen vierten Konzertsaal in München finanziere, kann ich auch einige Millionen Euro nach Bayreuth stecken.“

In der Diskussion sprach der ehemalige Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) von einer „sehr traurigen Veranstaltung“. Er regte an, dass von Waldenfels eine Absichtserklärung zur Finanzierung der Probebühne abgeben möge – unter der Voraussetzung, dass diese fünf bis sechs Millionen koste und genehmigungsfähig sei – „dann wäre vieles leichter“. Das freilich lehnte von Waldenfels ab: „Ich kann mich doch hier und heute nicht hinstellen und Ja sagen – ohne die Details der Planung zu kennen.“ Nur eines stellte von Waldenfels in Aussicht: Man werde das Vorhaben „nach unseren Möglichkeiten mitfinanzieren“. Manfred Jung, früher Solist bei den Festspielen und heute Leiter der Stiftung Junge Musiker, forderte unterdessen den Vorstand auf, Visionen für Bayreuth zu entwickeln. Und Projekte wie einen dringend erforderlichen Probenraum für das Orchester mitzudenken.

Bekenntnis zu den Freunden

Thema war – natürlich – auch die Gründung einer zweiten Mäzenatenvereinigung für die Bayreuther Festspiele. Grundsätzlich, betonte von Waldenfels, sei jeder Cent, der für die Festspiele gesammelt werde, ein positiver Cent. Und wenn TAff – so heißt der neue Verein, an dessen Spitze in Kürze pikanterweise Ulrich Andreas Vogt rücken soll, der bis vor kurzem noch bei den Freunden im Vorstand saß und dort nach vorstandsinternen Differenzen den Hut nahm – die Probebühne mitfinanziere, sei das nur positiv zu bewerten. Von Waldenfels erwartet freilich ein klares Bekenntnis seitens der Festspielleitung zu den „Freunden“. Die Geschäftsführung der Festspiele müsse „wissen, wo sie hingehört“ – und wer ihr Partner sei. Die Basis des Miteinanders zwischen Festspielleitung und den Freunden seien die Karten. Und an dem Kartenkontingent für die Freunde, so von Waldenfels, könne auch nicht gerüttelt werden. Gegebenenfalls soll die Kartenzuteilung auch vertraglich geregelt werden, sagte Waldenfels.