Bayreuhter Uni-Archiv nimmt als erste deutsche Einrichtung am Archivportal Europa teil Das virtuelle Gedächtnis der Uni

Von Norbert Heimbeck
 Foto: red

Momentan sind die Regale noch ziemlich leer – das Bayreuther Universitätsarchiv hat bislang nur wenig Papier vorzuweisen. Und trotzdem tut sich etwas: Als erstes deutsches Archiv ist die Bayreuther Einrichtung seit Oktober im „Archivportal Europa“ vertreten.

 
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Karsten Kühnel ist der Mann, der den Schlüssel zum Universitätsarchiv in Händen hält. Das ist wörtlich zu nehmen. Denn er ist seit dem 1. März damit beauftragt, das Gedächtnis der Bayreuther Hochschule zu sichern. Dabei bedient er sich der aktuellsten Methoden der Archivwissenschaft. Es gehe aber nicht in erster Linie darum, Unterlagen zu digitalisieren. Kühnel: „Wir machen zum Beispiel Bestände sichtbar, die gar nicht existieren.“

Länderübergreifend recherchieren

Was ein bisschen paradox klingt, lässt sich an einem Beispiel erklären. Weithin bekannt ist etwa das Archiv des Rot-Kreuz-Suchdienstes in Bad Arolsen, über das Vermisste aus dem Zweiten Weltkrieg aufgespürt werden können. Moderne Archive erlauben den Zugriff etwa auf Polizeiakten aus Hunderten Städten, ohne dass der Archivbenutzer auf der Suche nach passenden Dokumenten herumreisen muss.

Ähnlich ist das Ziel des Europäischen Archivportals. Am heimischen PC kann man damit sogar länderübergreifend recherchieren. Wer zum Beispiel biografische Informationen über einen speziellen Wissenschaftler sucht, tut sich leichter, wenn Dokumente über sein Wirken an verschiedenen Orten in einem Archivportal als virtuelle Einheit zusammengeführt werden. Das Archivportal Europa verfügt dazu über eine laut Kühnel „wegweisende Infrastruktur“.

Wie sinnvoll ist das in Zeiten von vermeintlich alles wissenden Internetsuchmaschinen wie Google? Kühnel: „Digitale Archivierung in wissenschaftlichem Sinne heißt nicht einfach, eine PDF-Datei per Mail zu versenden. Vielmehr muss man nachweisen können, dass das Dokument authentisch ist.“ Vertrauen heißt das Stichwort, für das Archivare bürgen: „Wir machen Aufbewahrtes nutzbar.“

Platz für Dokumente aus vielen Jahrzehnten

Die Hochschule plant, Ergebnisse der Afrikastudien einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, indem das Archiv und Datenbanksystem der Bayreuther Afrikawissenschaften als Sondersammlung ins Archivportal Europa eingestellt werden. Wer es noch nicht wusste: Die Afrikastudien der Uni Bayreuth nehmen seit Jahren international eine Spitzenposition ein, die Bayreuther Graduiertenschule für Afrikastudien (Bigsas) ist Teil der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder.

Das Universitätsarchiv ist im Gebäude des ehemaligen Eichamtes in der Leuschnerstraße untergebracht, wenige Minuten vom Campus entfernt. In einem verdunkelten Raum, in dem früher tonnenschwere Pressen geprüft wurden, erheben sich die derzeit noch leeren Regale bis unter die Decke. Bei 1100 laufenden Regalmetern ist Platz für Dokumente aus vielen Jahrzehnten. Kühnel sagt mit einem Schmunzeln: „Archivare denken in dreistelligen Jahreszahlen.“

Und sie denken offenbar auch ein bisschen wie Philosophen. Denn mit der Digitalisierung der Dokumente drängt sich die Frage auf, ob Informationen und ihr Träger zusammengehören. Anders gesagt: Wie wichtig ist zum Beispiel das Pergament, auf dem ein historisches Dokument niedergeschrieben ist, für die Forschung?
Die erste Erwerbung des Archivs war ein Stehordner mit Unterlagen des Gründungspräsidenten der Bayreuther Uni, Klaus Dieter Wolff. Inzwischen sind mehrere Kartons aus dem Nachlass des verunglückten Präsidenten Rüdiger Bormann dazugekommen. Ziel der Archivierung solcher Unterlagen ist es laut Kühnel: „Wir dokumentieren das Wesen und das Wirken der Universität, auch in gesellschaftlicher Hinsicht.“ Deswegen finden zum Beispiel auch Dokumente von studentischen Initiativen und des Universitätsvereins ihren Weg ins Uni-Archiv.

Foto: Heimbeck

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