Ausbau auf Basis falscher Zahlen

Von Andreas Gewinner
Hier soll es in spätestens zwei Jahren vierspurig gehen: die B 303 zwischen Schirnding und Hohenberg an der Eger. Kritiker sagen, der Ausbau wurde auf der Basis falscher Zahlen und Berechnungen beschlossen. Foto: Andreas Gewinner Foto: red

Mit dem geplanten vierspurigen Ausbau der B 303 bei Schirnding setzen sich nun auch der Bundesrechnungshof und der Bund der Steuerzahler auseinander. Die Bürgerinitiative B 303 Gefrees und die Bürgerinitiative gegen die Fichtelgebirgsautobahn Ost hatten ihnen das umstrittene Projekt gemeldet.

 
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Für elf Millionen Euro sollen, wie berichtet, 2,5 Kilometer der B 303 auf Höhe von Schirnding vierspurig ausgebaut werden. Kritiker verweisen auf die niedrigen Verkehrszahlen, auf falsche Annahmen und Berechnungen, mit denen das Projekt gerechtfertigt wird und sprechen von politischer Willkür.

Im Dezember hatte sich der Bayerische Rundfunk in seinem satirischen Nachrichtenmagazin „Quer“ mit dem Projekt befasst. Und beißenden Spott über das Vorhaben ausgegossen („sinnlose Straße“, „nutzloser Wurmfortsatz“). Bundestagsabgeordneter Hans-Peter Friedrich (CSU), ein Verfechter des Projekts, der für den Beitrag auch interviewt wurde, kontert die BR-Sendung auf seiner Facebookseite mit ebenso scharfen Worten: „Leider hat die ’Anstalt für Information und Wahrheit’ vergessen zu erwähnen, dass es sich bei der Straße um den Lückenschluss zwischen dem deutschen und dem tschechischen Autobahnnetz handelt. Ab 2022 wird man von Prag bis Schirnding/Landesgrenze vierspurig fahren. Aber es passiert schon mal, dass die Wahrheitswächter solche Nebensächlichkeiten vergessen! Wollen wir nicht so sein, ist ja bald Weihnachten.“

Projekt schon längst abgestuft

Worauf gründet sich der Vorwurf der Willkür und der falschen Zahlen? Der vierspurige Ausbau der B 303 in diesem Bereich war noch im alten Bundesverkehrswegeplan im „vordringlichen Bedarf“, also in der obersten Kategorie, in der ein Projekt die größten Chancen auf Verwirklichung hat. Im seit kurzem geltenden neuen Bundesverkehrswegeplan wurde das Projekt eine Kategorie abgestuft („weiterer Bedarf“). Was in der Praxis bedeutet hätte, dass das Projekt für die Laufzeit des neuen Plans (bis 2030) so gut wie keine Chance auf Verwirklichung gehabt hätte. Aber Bundesverkehrsminister Dobrindt hatte das Geld für die Vierspurigkeit bei Schirnding im September kur vor Ablauf des alten Bundesverkehrswegeplans freigegeben.

Doch damit nicht genug. Ausschlaggebend für die Kategorisierung ist eine Berechnung des Verhältnisses von Kosten und Nutzen eines Straßenbauvorhabens. Die hohe Kategorisierung im alten Bundesverkehrswegeplan - Grundlage für die Geldfreigabe des aktuellen Projekts - kam aufgrund einer falschen Berechnung zustande. Das hat der Münchberger Physiker Prof. Wolfgang Batrla schon vor mehreren Jahren nachgewiesen. Bei der Kosten-Nutzen-Rechnung hatte man dem Nutzen einer vierspurigen Straße die Kosten einer zweispurigen Straße statt der vierspurigen gegenübergestellt. Die Bürgerinitiative hatte schon 2003 und ein weiteres Mal 2007 auf den Fehler aufmerksam gemacht, eine Korrektur wurde versprochen, aber nie vorgenommen. Wäre die korrekte Berechnung angestellt worden, wäre das Projekt nicht in den vordringlichen Bedarf gekommen. Die Freigabe des Geldes im vergangenen September, erfolgte also auf der Grundlage nicht nur alter, sondern auch noch falscher Berechnungen, so Batrla.

Merkwürdigkeiten auch im neuen Plan

Doch auch im aktuellen, erst seit kurzem geltenden Bundesverkehrswegeplan hat Batrla Fehler ausgemacht. Wieder geht es um die vierspurige B 303 bei Schirnding. Batrla spricht von „grob unplausiblen Annahmen“, mittels derer das Nutzen-Kosten-Verhältnis „gnadenlos schön gerechnet“ sei. Vereinfacht gesagt, haben die Planer laut Batrla unterstellt, dass auch 2030 nicht mehr Fahrzeuge auf der B 303 bei Schirnding unterwegs sind als heute. Und auch dass nur unter der Annahme, dass eine fiktive Zahl von rund 3000 Fahrzeugen, die ohne weiteren Ausbau angeblich täglich die Ortsdurchfahrt von Schirnding nutzen würden, dann auch die erweiterte Ortsumgehung auf der B 303 nutzen.

Letztlich hat der nun begonnen Ausbau der B 303 auf nur 2,5 Kilometern in den Augen der BI nur einen Zweck: Es soll der Druck erhöht werden, auch den Rest der Straße zwischen Grenze und A 93 auszubauen. Doch dieser Abschnitt taucht im aktuellen Bundesverkehrswegeplan in der niedrigsten Kategorie auf: „Kein Bedarf“.

Für Bulldogs künftig verboten

Als der Bayerische Rundfunk bei Schirnding für seinen "Quer"-Beitrag drehte, suchte er auch nach den Verkehrsschlangen, die die Vierspurigkeit angeblich notwendig machen sollen. Und wurde erst fündig, als mehrere Lastzüge und Autos auf der B 303 hinter einem Bauernbulldog herfuhren. Doch damit soll Schluss sein, wenn die Straße vierspurig ist. Nicht, weil man dann Bulldogs leichter überholen kann. Sondern weil die von der dann neuen Straße runtermüssen, so wie alle anderen Fahrzeuge, die höchsten 60 Stundenkilometer fahren. Das bestätigt auf Nachfrage das Staatliche Bauamt Bayreuth: "Deshalb bestehen gerade für den landwirtschaftlichen Verkehr parallel zur B 303 Alternativwege, die im Rahmen der Baumaßnahme noch baulich verbessert werden", so Baudirektor Siegfried Beck.

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