Auf der Tattoo-Convention surren die Nadeln und schnaufen die Kunden Tattoo-Convention: "Hör’ auf zu heulen"

Von Thorsten Gütling

„Stichhexe Ini“ hat es geschafft. Gegen 61 Mitbewerber hat sie ihren Titel aus dem Vorjahr verteidigt. Auf der Tattoo-Convention, der größten Tätowiermesse der Region, hat Ines Kühn, wie die Stichhexe im wahren Leben heißt, zum zweiten Mal den ersten Platz in der Kategorie Farbe belegt. Quasi nebenbei hat die Berlinerin auch noch das drittbeste Tattoo der Messe gestochen. Dafür musste Matthias Brauer am Samstag siebeneinhalb Stunden leiden.

 
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Brauer gehört zum Team. Hätte er das preisgekrönte Tattoo bezahlen müssen, er wäre jetzt um 800 Euro ärmer. Freilich geht es auch billiger. Tattoos gibt es in der Bindlacher Bärenhalle an diesem Wochenende bereits ab 80 Euro. Entscheidend ist neben der Größe des Motivs vor allem die Zeit, die es dauert, es zu stechen.

Die Kniekehlen, besonders heikel

Und die kann lange vorkommen. Wenige Meter entfernt lässt sich ein Mann den Unterarm tätowieren. Er blickt verbissen drein, bläst die Backen auf, atmet mehrmals hörbar aus. Der Unterarm gilt als sensible Stelle. Wenige Stunden zuvor hatte Matthias Brauer einen ähnlichen Gesichtsausdruck. Als sich die Tätowiernadel seinem Schlüsselbein näherte sei es besonders schmerzvoll gewesen, erzählt er. Je weiter es unter die Achseln ging auch. Vom Solar Plexus, dem Übergang von Brustkorb zur Magengrube, ganz zu Schweigen. Aber es hätte auch schlimmer kommen können. Die Kniekehlen gelten unter Tattoo-Freunden als besonders heikel. Die Innenseite des Oberarms, die Gegend rund um die Kniescheibe und der Rippenbogen auch.

Frauen bekommen Kinder ....

Mitleid sucht man in der Szene aber vergeblich. Wer sich an solchen Stellen tätowieren lässt, der macht das entweder, um später zu zeigen, welch harter Hund er ist. Oder weil der Körper keine anderen freien Flächen mehr bietet. Entsprechend rau ist der Ton. „Hör’ auf zu Heulen“, sagt Mathias Trenner zu Männern, die winseln. Trenner ist ein Mitarbeiter und der Lebensgefährte der Stechhexe. In seiner Freizeit und auf der Bühne der Tattoo-Convention spielt er Dudelsack. Mit einer Gasmaske auf dem Kopf.

Bei wem die Aufforderung nicht fruchte, den versuche er mit Witzen abzulenken. Und mit einem Hinweis darauf, dass Frauen, die Kinder gebären, viel stärkere Schmerzen auszuhalten hätten. Das Unangenehmste stehe den Tätowierten sowieso erst nach Beendigung der Prozedur bevor. „Ein paar Tage später, wenn der Schorf über dem Kunstwerk verschwunden ist“, sagt Trenner, „dann kann das jucken wie verrückt und man darf nicht kratzen.“

Termine erst wieder in einem Jahr

Der Berliner Laden der Stichhexe soll auf ein Jahr im Voraus ausgebucht sein. Wer sich dazwischen drängeln möchte, für den sind Messen, wie die Bindlacher Tattoo-Convention, eine gute Gelegenheit. Vier große Tattoos hat Ines Kühn am Samstag gestochen. Vielmehr gehe nicht an einem Tag. Außerdem seien die Auftragsbücher noch voller geworden. Rund 2000 Besucher sollen an zwei Tagen in der Bärenhalle gewesen sein. Bayreuth, sagt die Stichhexe, sei schließlich immer eine Reise wert.

 

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