Auf Bindlacher Berg stationiert US-Soldat kehrt nach 53 Jahren zurück

Von Peter Engelbrecht

BINDLACH. Ein bisschen irritiert ist Larry Horton schon, als er sich in der früheren US-Kaserne auf dem Bindlacher Berg umschaut. Vor 53 Jahren hat er die Militäreinrichtung verlassen, doch sein Dienstgebäude steht noch immer. Er hat es gleich wiedererkannt.

 
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Von September 1964 bis September 1965 war Horton in der Kaserne oben auf dem Berg stationiert, später dann in der Kaserne am Röhrensee mitten in Bayreuth. Im Postbüro (Army Post Office) war er der einzige Mitarbeiter, und damit der Chef. Sein Rang war Specialist 4, also ein Mannschaftsdienstgrad. Das Büro gehörte zum 27th Base Post Office, das in der William-O.-Darby-Kaserne in Fürth stationiert war. Als junger Kerl absolvierte er wie Tausende anderer Männer die zweijährige Wehrpflicht. Die Grundausbildung erfolgte in den USA, dann wechselte er 18 Monate nach Deutschland.

Lebhafte Erinnungen

„An die Kaserne in Bindlach habe ich lebhafte Erinnerungen“, erzählt der heute 76-Jährige bei seinem viertägigen Besuch in Bayreuth und Umgebung. Begleitet wurde er bei der Tour in die Vergangenheit von seinen Freunden aus der damaligen Zeit, Rudolf Sommerer (73), der heute in München lebt, von Günther Winkler (72) sowie Wolfgang Stingl (73), der nahe Würzburg wohnt. Die vier jungen Leute lernten sich 1964/65 zufällig in Bayreuth kennen, sind heute noch miteinander verbunden.

"An der Frontlinie"

„Jeden Tag fuhren Panzer aus der Kaserne“, schildert der Veteran seine Erinnerungen. Bei der Rückkehr auf den Bindlacher Berg habe er „keine schlechten Gefühle“. Das Aussehen der Kaserne – die Amerikaner zogen 1992 ab – habe sich dramatisch verändert. Heute gibt es dort ein Wohn- und ein Gewerbegebiet. „Es ist schwer, sich zurechtzufinden“, seufzt Horton. Dennoch sei er froh, noch einmal hier zu sein. Das Gebäude, in dem die Post untergebracht war, existiert noch. Horton hat es gleich gefunden. Damals waren in dem großen Bau noch ein Kino und der Service Club für die US-Soldaten untergebracht. Heute dient das gelb verputzte Gebäude als Lager. „Ich wusste, wir waren an der Frontlinie“, erinnert sich Horton an die Zeit des Kalten Krieges und die Nähe zur DDR und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik, die zum kommunistischen Ostblock gehörten.

Nie an der Grenze

Ost und West standen sich waffenstarrend gegenüber, die Menschen im früheren Grenzland saßen auf einem Pulverfass. Im Kriegsfall wären die US-Soldaten aus Bindlach nach Osten an die Front verlegt worden, erinnert sich Horten. Doch auch für sein Postamt gab es im Eskalationsfall einen Plan: Das Büro wäre nach Frankreich evakuiert worden. „Ich dachte nicht an einen Atomkrieg“, blickt er zurück. An der einstigen Grenze zum Ostblock war er nie, das gruselige Gefühl von Stacheldraht und Sperranlagen hat er nie kennengelernt. Kämpfen war nicht seine Sache, er musste Briefe sortieren.

Besuch beim Oktoberfest

Horton will auf seiner Deutschlandtour auch das Oktoberfest in München besuchen. „Ich trinke gerne Bier und esse Bratwürste mit Sauerkraut“, räumt er in lächelnd ein. Auch die Blasmusik gefällt ihm. Der studierte Historiker war an der Stanford Universität nahe San Francisco Vizepräsident, zuständig für Regierungsbeziehungen. Ende 2013 ging er in den Ruhestand. Gerne erinnert er sich an das legendäre Café Corso am Luitpoldplatz in Bayreuth, „das war eine laute, wilde Disco“. Seine drei Freunde schmunzeln, auch sie waren Stammgast im Corso. Im Oktober 1965 verließ Horton von Fürth aus Deutschland und kehrte in die USA zurück – der Militärdienst war zu Ende.

Vom Vietnamkrieg verschont

In Vietnam war er nicht eingesetzt. Der Krieg eskalierte mit starken Truppenverlagerungen aus den USA erst später, berichtet Horton. In Stanford habe es massive Proteste gegen den Krieg gegeben. Der aktuellen Trump-Regierung in den USA steht Horton kritisch gegenüber. Trump sei nur wegen des speziellen US-Wahlsystems an die Macht gekommen. Ausschlaggebend sei die Zahl der Wahlmänner, nicht die Zahl der absoluten Stimmen. Er glaubt, dass sich das politische System in den USA „wieder selbst korrigiert“. Dann ist der Besuch auf dem Berg beendet.