Abzocke: Schlüsseldienst auf dem Bolzplatz

Von Moritz Kircher
Nach dem Impressum auf der Internetseite Schluesseldienst-Bayreuth.de sollte sich auf dem Grundstück im Hintergrund der Schlüsseldienst eines gewissen Johannes Dorste befinden. Auf dem RWG-Sportplatz in der Dammallee können sich Kunden aber garantiert keinen Schlüssel nachmachen lassen. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Auf der Internetseite Schluesseldienst-Bayreuth.de geht ein Unternehmen auf Kundenfang, das gar nicht in Bayreuth sitzt. Die im Impressum angegebene Adresse in der Dammallee führt auf den Sportplatz des Richard-Wagner-Gymnasiums. Und wer sich bei diesem Schlüsseldienst im Notfall Hilfe besorgt, bekommt für nicht mal eine halbe Stunde Arbeit schnell eine Rechnung über mehrere hundert Euro serviert.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Christine Ritter vermietet ein Haus in Bayreuth. Es gab einen Notfall. Sie musste rein und wusste sich nicht anders zu helfen, als einen Schlüsseldienst zu rufen. Also suchte sie bei einer Internetsuchmaschine "Schlüsseldienst Bayreuth" und wurde fündig. Die Homepage Schluesseldienst-Bayreuth.de wirbt ein gewisser Johannes D. mit dem Slogan "Familienbetrieb seit 1962". Im Hintergrund ein Foto der Maximilianstraße. Doch der Schein eines alteingesessenen Bayreuther Unternehmens trügt massiv.

"Die Internetseite schaut wirklich nach einem Bayreuther Unternehmen aus"

Auf der Internetseite steht sogar eine lokale Telefonnummer. Das Gesamtbild machte auf die hilfesuchende Vermieterin einen vertrauenswürdigen Eindruck. "Die Internetseite schaut wirklich nach einem Bayreuther Unternehmen aus", sagt sie. Auch beim Blick ins Impressum der Seite kommt ihr kein Verdacht, dass es sich möglicherweise um eines der Schwarzen Schafe der Branche handeln könnte. Dammallee 13, dort soll sich der Schlüsseldienst befinden.

Dumm nur: Dort kann man den vermeintlichen Schlüsselfachmann Johannes D. nicht besuchen. Auf dem Grundstück in der Dammallee 13 steht gar kein Haus, wie die Stadt auf Kurier-Anfrage bestätigt. Es ist der Sportplatz des benachbarten Richard-Wagner-Gymnasiums. Nebenan, in einem alteingesessenen Bayreuther Unternehmen, weiß niemand was von einem Schlüsseldienst in der Straße. Johannes D.? Nie gehört.

Die Rechnung: 438,99 Euro - für die Anfahrt und 20 Minuten Arbeit

Offenbar bauen die Betreiber der Seite darauf, dass Kunden im Notfall nicht ins Geschäft kommen, sondern anrufen. So wie Christine Ritter. Schon am Telefon sei es "ein fürchterliches Rumgetue" gewesen sagt sie. Erst will der Schlüsseldient sie vertrösten, dann ist er doch früher da. Drei Schlösser im Inneren des Hauses wollte sie öffnen lassen. Mit einem Sicherheitsschloss ist lediglich die Haustür ausgestattet. Also drei einfache Schlösser. Trotzdem wollte man ihr auch auf mehrfache Nachfrage am Telefon keinen Preis nennen - nicht mal eine Preisspanne. Offenbar eine gängige Masche, wie mehrere Testanrufe des Kuriers zeigen.

Dann fährt ein dunkles Auto mit Essener Kennzeichen vor. Aus dem Auto steigt kein Johannes D. sondern ein Herr A., wie später auf der Rechnung von Christine Ritter steht. Die Schlösser, die Ritter öffnen lassen will, "die hat er ruiniert", sagt sie. Am Ende präsentiert er eine Rechnung über 438,99 Euro - für die Anfahrt und 20 Minuten Arbeit. Nicht einmal neue Schlösser hat er dafür eingesetzt. Bevor es noch teurer wurde, schickte Christine Ritter den Mann lieber weg.

Stadt bestätigt: In der Dammallee 13 steht seit Jahren kein Haus

Auf telefonische Anfrage des Kuriers versteigt sich ein Mitarbeiter des Schlüsseldienstes in Ausflüchte. Ob Herr D. zu sprechen sei? "Der ist im Urlaub und erst in drei Wochen wieder da." Ob er sein Geschäft in der Dammallee 13 habe? "Ja." Auf den Hinweis, dass da gar kein Haus steht, lügt der Mitarbeiter: "Das Haus befindet sich im kompletten Umbau. Da ist nur noch die postalische Adresse." Tatsächlich? Dort ist doch seit Jahren ein Schulsportplatz? "Na sehen Sie, da wohne ich", sagt der Mann und legt auf. Auf eine weitere schriftliche Anfrage reagiert das Unternehmen nicht.

Nach Kurier-Recherchen handelt es sich um das gleiche Unternehmen, das im Netz unter Schlossfachmann.de auf Kundenfang geht. Auch auf dieser Seite wird Hilfesuchenden suggeriert, es handele sich bei dem Angebot um ein lokales Unternehmen. Sucht man im Netz beispielsweise mit den Schlagworten "Schlüsseldienst" und "Weidenberg" erscheint die Seite mit einer Weidenberger Telefonvorwahl. Anrufe werden aber umgeleitet in eine Telefonzentrale. Sitz des Unternehmens ist offenbar Geldern in Nordrhein-Westfalen.

Falsches Impressum könnte zu einer Abmahnung führen

Nur den Eindruck zu erwecken, ein lokales Unternehmen zu sein, das ist zwar nicht gerade die feine Art, wie Esther Jontofsohn von der Verbraucherzentrale Bayern sagt. Das sei bei gewissen Schlüsseldiensten jedoch gängige Praxis. Aber bei einem falschen Impressum kann es für einen Anbieter eng werden. "Das ist abmahnwürdig", sagt die Expertin. Die Verbrauchezentrale werde sich mit dem Angebot von schluesseldienst-bayreuth.de näher befassen.

Gut möglich, dass das falsche Impressum in die Irre führt. Das wäre wahrscheinlich ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Auf Kurier-Anfrage teilt das bayerische Verbraucherschutzministerium mit, dass irreführend handelt, wer eine geschäftliche Handlung vornimmt, "die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte".

Hätte Christine Ritter gewusst, wer hinter der Seite steckt, hätte sie diesen Schlüsseldienst nicht gerufen. "Die ganze Sache war für mich ein Novum", sagt sie. Beim nächsten Mal will sie noch genauer hinschauen.

 

Jetzt kostenfrei anmelden und die Top-News aus Bayreuth und dem Landkreis per WhatsApp direkt auf Ihr Smartphone. 

Bilder