25 Jahre nach dem Mord an Melanie P.

Von Stefan Linß
Eine kleine Tafel erinnert an die ermordete Melanie P. Foto: Stefan Linß Foto: red

Der „Keller“ ist beliebt bei jungen Leuten. In der Kneipe in der Oberen Stadt treffen sich Freitagabend am 8. Januar 1993 auch Melanie P. und ihre Schwester mit Freunden. Es wird spät, Melanie ist müde und will heim. Die 16-Jährige wartet nicht, bis ihre Schwester die Cola ausgetrunken hat, sondern macht sich schon mal alleine auf den Weg. Dort wird Melanie das Opfer eines Gewaltverbrechens, das die Bevölkerung in Kulmbach schwer schockiert. Bis heute, 25 Jahre danach, ist es vielen Menschen in schlimmer Erinnerung geblieben. Und erst elf Jahre danach konnte der Mord aufgeklärt werden.

 
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Wer hat Melanie umgebracht? Zeugen teilen der Polizei mit, dass ein Mann dem Mädchen gefolgt ist. Einen merkwürdigen Gang soll er gehabt haben. Er trug Jeans und dunkle Kleidung. Die Zeugen hören, dass Melanie ihn aufgefordert hat, sie in Ruhe zu lassen. Eine genauere Beschreibung des Verdächtigen gibt es aber nicht.

Melanie P. stirbt wenige hundert Meter von ihrem Elternhaus

Eine Frau sieht den Mann, wie er nach der Tat wegrennt. Er entkommt, bleibt unerkannt und lebt sein Leben weiter. Wie sich erst viel später herausstellen soll, handelt es sich um einen zum Tatzeitpunkt 17-jährigen Schüler, der gar nicht weit vom Ort des schrecklichen Mordes entfernt wohnt. Er gerät nie ins Raster der Ermittler. Es dauert elf Jahre, bis der Fall eine unerwartete und nicht minder furchtbare Wendung nimmt.

Melanie liegt in der kalten Januarnacht 1993 um kurz vor 24 Uhr auf dem kleinen Fußweg zwischen der Bayreuther Straße und der Gabelsbergerstraße, wenige Hundert Meter von ihrem Elternhaus entfernt. Die Zeugin ruft die Polizei.

Der Mörder sticht 25 mal auf sein Opfer ein

Der Notarzt kann Melanie nicht helfen. Die 16-Jährige stirbt. Ihre Schwester und die Eltern eilen an den Ort des Verbrechens. Sie machen sich schwere Vorwürfe. Denn sie haben zugelassen, dass sich Melanie alleine auf den Heimweg begibt.

45-mal hat der Mörder auf den Körper des Mädchens eingestochen. Offenbar wollte er sie vergewaltigen und Melanie hat sich gewehrt. Die Menschen sind entsetzt. Angehörige und Freunde organisieren für die Ermordete einen Trauerzug durch die Stadt. Ganz Kulmbach fragt sich: Wer ist zu solch einer Tat fähig?

Ein erster Verdächtiger wird freigesprochen

Die Polizei präsentiert einen vermeintlich Schuldigen. Ein paar Wochen nach der Tat verhaftet die Kripo einen 31 Jahre alten Nachbarn. Der Arbeiter streitet alles ab. Eine einzelne Faser, die an der Kleidung des Verdächtigen gefunden wird, soll von der Jacke stammen, die Melanie an dem Abend ihrer Ermordung getragen hat. In einem Indizienprozess spricht das Landgericht Bayreuth den Angeklagten frei.

Melanies Eltern wollen sich damit nicht abfinden. Für sie ist der Nachbar der Mörder. Sie fordern Gerechtigkeit. Der Mann, der mit seiner irren Tat die Familie auseinandergerissen hat, ist immer noch auf freiem Fuß. Die Eltern ziehen aus Kulmbach weg, weil sie es nicht mehr ertragen können.

Zweite Bluttat - das Opfer identifiziert den Mörder

2004 kommt es schließlich zu einer zweiten Bluttat. Gut elf Jahre nach der Tötung von Melanie ereignet sich auf einem Feldweg in der Nähe von Untersteinach ein Mord, der einige Parallelen zu dem Fall in Kulmbach aufweist. Die 14 Jahre alte Julia H. wird erstochen.

Kurz vor ihrem Tod kann sie Leuten, die zu Hilfe eilen, den Namen ihres Mörders mitteilen. Es ist Stephan K., ihr eigener Onkel. Zum Tatzeitpunkt ist er 28 Jahre alt. Er arbeitet als Krankenpfleger, hat eine Frau und ein Kind. Die Polizei nimmt ihn kurze Zeit später fest.

Ein überraschendes Geständnis

Er gesteht den Mord an seiner Nichte. Er wollte sie vergewaltigen. Sie hat sich gewehrt, ist aus dem Auto des Onkels geflohen, wurde von ihm eingeholt und niedergestochen. Sechs Mal rammte er ihr das Butterflymesser in den Rücken.

Im Gefängnis macht K. ein überraschendes zweites Geständnis: Elf Jahre zuvor hat er auf dem Nachhauseweg von der Kneipe Melanie P. ebenfalls vergewaltigen wollen. Er sei der gesuchte Mörder. Die Bayreuther Schwurgerichtskammer verurteilt ihn für die beiden Bluttaten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe.

Eine kleine Tafel erinnert an Melanie

Am Tatort in Kulmbach steht viele Jahre lang ein kleines hölzernes Kreuz mit dem Namen der Ermordeten und erinnert an das Verbrechen. Auch Blumen und Grablichter sind dort zu finden. Heute ist nur noch eine Gedenktafel aufgestellt.

Sie stammt von der damaligen Klasse 9b der Max-Hundt-Schule. Einen Steinwurf entfernt ist Melanie zur Schule gegangen. Wer den kleinen Weg unmittelbar neben der vielbefahrenen B 85 geht, den beschleicht immer noch ein mulmiges Gefühl. Der Mord bleibt unbegreiflich.

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