Klimaerwärmung drängt zu Lösungen für siechende Ortskerne Zwischen Flächenfraß und Häuserkampf

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Himmelkron Gewerbegebiet, Foto: Türk Foto: red

Für nicht wenige Städte und Gemeinden im östlichen Oberfranken ist das Siechtum ihrer Ortskerne inzwischen zur Existenzfrage geworden. Die Versuche, das komplexe Problem in den Griff zu bekommen, gelingen nur selten. Dabei ist längst klar, dass ausgestorbene Ortskerne auch mit immer neuen Wohngebieten an den Gemeinderändern zusammenhängen. Auch der Klimawandel drängt zu Lösungen.

 
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„Das Thema steht bei uns seit Jahren auf der Agenda“, sagt Harald Schlegel, Bürgermeister von Gefrees. Die Stadt hat sogar ein eigenes Förderprogramm für die Anwesen in der Altstadt aufgelegt. Eigentümer bekommen bis zu 15000 Euro Zuschuss, wenn sie ihre Anwesen dort sanieren, statt sie verfallen zu lassen. Der Erfolg hält sich jedoch in Grenzen, räumt Bürgermeister Schlegel ein. „Gerade ein Förderantrag ist bisher gestellt worden“. Dennoch ist der kommunale Häuserkampf in Gefrees nicht aussichtslos. So spricht der Bürgermeister auch von einem Glücksfall, dem Köhlershaus. Das lange leerstehende Anwesen hat einen neuen Eigentümer gefunden und soll wieder bewohnt werden.

Applaus von Expertin

Hätte Beatrix Drago,die Sachgebietsleiterin bei der Bayerischen Verwaltung für Ländliche Entwicklung vom Beispiel Gefrees gehört, dann hätte sie wahrscheinlich applaudiert. Die Architektin im Staatsdienst zieht durch die Landkreise und wirbt für das Umdenken in den Rathäusern. Ihre These: „Grün und günstig reicht nicht –Vitale Städte und Gemeinden durch Innenentwicklung!“

Die Gemeinden sollten darauf verzichten, günstiges Bauland auszuweisen. Stattdessen sollten unbewohnte Häuser und Geschäfte für neue Nutzungen verfügbar gemacht werden. Die Gemeinden sollten dafür auch finanzielle Anreize schaffen, so Beatrix Drago. Die Expertin hat für Praktiker eine ganze Reihe von Tipps, wie sie ihren siechenden Ortskernen wieder Leben einhauchen. Denn wie sie sagt, trägt auch der kommunale Flächenverbrauch zum Klimawandel bei.

Flächen für die Vegetation weg

Mit jedem Hektar überbauten Bodens gehe Platz für Vegetation verloren. Die fehle später, um Kohlendioxid zu binden, erklärt der Regionalmanager Bernd Rothammel vom Landratsamt.

Dass der Kampf um die Häuser ein beschwerlicher ist, wissen auch Hollfelds Bürgermeisterin Karin Barwisch und Bad Bernecks Bürgermeister Jürgen Zinnert. In Bad Berneck hat sich die Stadtverwaltung mit einem eigenen Kataster einen Überblick über die Leerstände verschafft. In Hollfeld ringen Bürgermeister seit Jahrzehnten um den Erhalt der historischen Bausubstanz. Doch wohnen will darin nicht jeder.

Zweigleisige Strategie

Deshalb verfolgen Gefrees und Hollfeld eine zweigleisige Strategie. „Wir schützen alte Ensembles und weisen kleine, neue Wohngebiete aus“, sagt Harald Schlegel. Denn Altbau sei nicht jedermanns Sache. Der häufig kritisierte Flächenverbrauch an den Ortsrändern wird dadurch ein wenig gebremst.

Für ihre großzügig bemessenen Gewerbegebiete im Weißmaintal musste die Gemeinde Himmelkron bereits vor 15 Jahren Kritik wegen des gewaltigen Flächenverbrauchs einstecken. Kritische Stimmen gab es auch wegen der Ausweisung von zahlreichen Bauplätzen trotz der Leerstände im Ort. „Das Problem Leerstände haben wir gelöst“, sagt Bürgermeister Gerhard Schneider. Die enorme Nachfrage nach neuen Bauflächen hätte die Gemeinde anders gar nicht lösen können, so Schneider.

Ein Kraut gewachsen

Doch ist gegen Leerstände und Flächenfraß tatsächlich ein Kraut gewachsen? Die Schwierigkeiten liegen oft ganz woanders. So wies Bürgermeister Klaus Wagner aus Kirchenpingarten darauf hin, dass den Gemeinde häufig das Geld fehle, um finanzielle Anreize für die Nutzung von Leerständen zu schaffen. Die Zuschüsse seien freiwillige Leistungen, die für Gemeinden mit Stabilisierungshilfe ausgeschlossen wären. Waischenfelds Bürgermeister Edmund Pirkelmann sieht den Schlüssel für die Lösung des Problems in der Ansiedlung neuer Arbeitsplätze. Politischen Druck auf den Gesetzgeber will die stellvertretende Landrätin Christa Reinert-Heinz machen, um das Problem Leerstände und Flächenfraß in den Griff zu bekommen.

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