Zwei Jahre Kampf um Rente

Von Peter Engelbrecht
Nach zähem Kampf mit den Behörden hat Hans-Jürgen Eckert aus Bühl bei Creußen Erfolg. Er bekommt nun Erwerbsminderungsrente. Foto: Ralf Münch Foto: red

Nach einem fast zweijährigen Kampf wird Hans-Jürgen Eckert aus Creußen nun doch eine Erwerbsminderungsrente erhalten. Der  58-Jährige, der 42 Jahre seines Lebens gearbeitet hat, ist schwer krank - doch eine entsprechende Rente wurde ihm verweigert.

 
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Arbeitslos ist der Maschinenbediener wegen seiner starken Wirbelsäulenschäden seit Dezember 2014. Eckert hat nach zwei Operationen an der Wirbelsäule im April und Mai 2017 immer noch Schmerzen. Er soll sich nach dem Ratschlag der Ärzte nicht bücken und seitwärts drehen. Ob er jemals wieder schmerzfrei sein wird, ist unklar.

Als letzten Strohhalm hatte er am 23. Oktober 2017 eine Petition an den Bayerischen Landtag gerichtet. Er habe 42 Jahre in die sozialen Sicherungssysteme eingezahlt, schrieb Eckert, seit dem 1. September 2017 sei er mittellos. „Armes Deutschland!“, lautete sein Kommentar.  

Kein Arbeitslosengeld, kein Hartz IV

Arbeitslosengeld wurde letztmals Ende August 2017 gezahlt. Hartz-IV-Leistungen gab es nicht, da Eckert Hausbesitzer ist. Das Landtagsamt antwortete ihm wenig später, es habe in dieser Sache eine Stellungnahme der  Staatsregierung angefordert. Doch die Petition schlug Wellen bis Bayreuth. Der Sachbearbeiter der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern (DRV) forderte ihn barsch auf, die Eingabe zurückzuziehen – er weigerte sich.

Die Wende brachte letztendlich ein Gutachten des Krankenhauses Rummelsberg, das Ende Oktober 2017 bei der Rentenversicherung eintraf. Laut dieser Expertise kann Eckert maximal drei Stunden täglich arbeiten, abzüglich der Pausen höchstens zwei Stunden. Drei Wochen später: Der Gutachter der Rentenversicherung schloss sich dieser Einschätzung an.

Auf Kosten sitzen geblieben

Die Rentenversicherung teilte Eckert am 29. November 2017 überraschend mit, er sei seit dem 10. Januar 2017 weniger als drei Stunden täglich auf dem Arbeitsmarkt einsatzfähig und damit „auf Dauer voll erwerbsgemindert.“ Dies habe die „Überprüfung der ärztlichen Befunde ergeben“. Die Rentenversicherung bot folgenden Vergleich an: Ihm werde ab 1. Februar 2017 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer gezahlt. Eckert nahm den Vergleich an, Mitte Dezember erhielt er einen Vorschuss von drei Monatsrenten überwiesen. Doch auf den „außergerichtlichen Kosten“ blieb er  sitzen.   

„Wer sich nicht wehrt, wird untergebuttert“, kommentiert Eckert seinen beinahe zweijährigen Kampf. Insgesamt zählt er neun Gutachten und fachärztliche Stellungnahmen, fast alle kommen zum Schluss, er könne höchstens noch drei Stunden am Tag arbeiten.

Unheimliche Macht

Doch ausschlaggebend bisher war eine Gutachterin, die im Auftrag des Sozialgerichtes arbeitete. Sie kam zum Ergebnis, Eckert könne sechs Stunden am Tag leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten. „Die war schuld am ganzen Zinnober“, kommentiert Eckert bitter. Die Gutachter haben eine unheimliche Macht, können über die Existenz von Menschen entscheiden – das zeigt auch sein Fall.

„Das hat Nerven gekostet“, blickt Eckert zurück. „Ich habe immer gedacht, sowas gibt es nur im Film“, fügt er hinzu. Ohne Rechtsschutzversicherung hätte er es finanziell nicht geschafft. „Viele müssen aufgeben, weil sie sich Gutachter- und Rechtsanwaltskosten nicht leisten können“, lautet seine bittere Bilanz. 5000 Euro kann ein Gutachten kosten. Er wirft der Rentenversicherung vor, sie habe ihn zermürben und finanziell aushungern wollen.

Die gesundheitliche Verschlechterung, die letztendlich zur Gewährung einer Erwerbsminderungsrente geführt hat, habe sich erst „im Laufe des Verfahrens ergeben“, erläuterte DRV-Pressesprecherin Sandra Skrzypale. Dabei hatte ein Gutachter im Auftrag der Arbeitsagentur Bayreuth bereits im Mai 2017 festgestellt, Eckert könne aus gesundheitlichen Gründen nur weniger als drei Stunden am Tag arbeiten.

Keine Zermürbungstaktik

Dass es drei Wochen gedauert habe, bis die Rentenversicherung das aktuelle Gutachten zur Kenntnis genommen und dem Vergleich zugestimmt hat, bezeichnete Skrzypale als „angemessene Zeitspanne“ in einem Verwaltungsverfahren. Die Entscheidung sei nicht von der laufenden Petition beeinflusst worden.

Die Vorwürfe des Zermürbens und finanziell Aushungerns wies die Rentenversicherung zurück. Die Sachbearbeitung des Falls sei „stets sehr schnell erfolgt“. Seit November 2016 habe sich der Fall im Klageverfahren beim Sozialgericht befunden. Ein Jahr später sei dort der Vergleich  geschlossen worden, sagte Skrzypale.

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