Täuschend echtes Schreiben an Eva Wagner-Pasquier – Die Polizei ermittelt „Zwangsräumung“: Fax an die Festspiele

Von Frank Schmälzle
Zwangsräumung des Festspielhauses? Wohl kaum. Aber das Schreiben, das Unbekannte an die Festspielleitung richteten, sieht täuschend echt aus. Foto: Wittek Foto: red

Das Fax trägt den Briefkopf des Finanzamtes München, auf den ersten Blick sieht es täuschend echt aus. Adressat ist die Bayreuther Festspiele GmbH, gerichtet ist es an Festspielleiterin Eva Wagner-Pasquier. Es erreicht sie an ihrem 70. Geburtstag. Der Inhalt: Am Donnerstag, 16. April, soll das Festspielhaus zwangsgeräumt werden. „Auf Antrag eines Gläubigers“, wie es heißt. Doch das Schreiben ist eine Täuschung.

 
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 Im letzten Absatz des orthografisch und grammatikalisch nicht fehlerlosen Schreibens wird klar: Da schreibt mit Sicherheit nicht das Finanzamt München. Wörtlich heißt es: „Da der neue Besitzer in das von Ihnen geräumte Gebäude, nach vollständiger Desinfezierung, einen internationalen und weltberühmten Männerklub eröffnen wird, bitten wir Sie darauf zu achten, dass die von Ihnen hinterlassene braune Verfärbungen an den Wänden ebenfalls neu gestrichen werden müssen.“

Die Geschäftsführung der Bayreuther Festspiele GmbH hat das Schreiben, das einen offiziell aussehenden Stempel trägt, an die Polizei weitergegeben. „Das kann in Richtung Urkundenfälschung gehen“, sagt Pressesprecher Peter Emmerich. Und er sagt: „Dass dieses Schreiben ausgerechnet am 70. Geburtstag von Frau Wagner-Pasquier auftaucht, wird wohl kein Zufall sein.“

Im Mai vor zwei Jahren hatten die Festspiele schon einmal mit gefälschten Schreiben zu tun. Damals erhielten Bayreuther Postwurfsendungen, mit denen sie bei freiem Eintritt zur Festspielpremiere eingeladen wurden. Und das in ganz großen Stil: 50 000 vermeintliche Freikarten waren damals verteilt worden. „Das war natürliche eine Täuschung“, sagt Emmerich. „Auf den ersten Blick sah aber auch dieses Schreiben sehr professionell aus.“ Aber nur auf den ersten Blick – auch hier verriet der Text die Absicht. „Im Geiste der Wegbereiter von Freiheit und Demokratie (Richard Wagner, Johann Gottlieb Fichte, Adolf Hitler) müssen auch heute undemokratische Strukturen aufgebrochen werden.“ Deshalb verschenke die Festspielleitung Premierenkarten.

Dahinter steckte eine Künstlergruppe, die sich „Frankfurter Hauptschule“ nannte. Die Künstlergruppe hatte damals erklärt, sie wolle gegen die Verharmlosung von Wagners Antisemitismus protestieren. Ob die Frankfurter Hauptschule auch für das gestrige „Zwangsräumungsschreiben“ verantwortlich ist? Eine Anfrage blieb bislang unbeantwortet.

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