Züge neigen sich bald wieder

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 Foto: red

Bahnreisende in Richtung Nürnberg können aufatmen: Die Dieseltriebzüge der Baureihe 612, deren geschwindigkeitssteigernde Neigetechnik derzeit wegen eines defekten Bauteils abgeschaltet ist, funktionieren bald wieder wie vorgesehen – bis Ende Februar will die Bahn das Problem in den Griff bekommen.

 
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Uwe Domke, der Geschäftsleiter des Eisenbahnverkehrsunternehmens DB Regio Nordostbayern, war sichtlich geknickt. So gut wäre das Jahr 2015 aus seiner Sicht gelaufen. Verspätungen? Kein Thema. Sogar im Qualitätsranking der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) hat sein Unternehmen einen kleinen Hopser nach oben gemacht, nicht einmal Pönale – Strafzahlungen an die BEG wegen nicht oder schlecht erbrachter Leistungen – waren in Aussicht, erklärte Domke gestern vor der Presse in Hof. Und dann kam der 19. Dezember.

Eine Fehlneigung

„Ende des Jahres geriet ein Fahrzeug der Baureihe 612 in eine Fehlneigung“, erklärte Domke. Das heißt, der Wagenkasten des Zuges, der sich sonst für höhere Fahrgeschwindigkeiten wie ein Motorradfahrer in die Kurve legt, neigte sich an einer Stelle, wo er es nicht solle. Und, was schlimmer ist: Er blieb in dieser geneigten Stellung hängen. Unangenehm für die Fahrgäste. Theoretisch gefährlich, wenn zufällig ein Fahrzeug mit dem gleichen Defekt auf der Strecke entgegenkommt. Die einzig mögliche Konsequenz: Die Neigetechnik ist seit dem 19. Dezember 2015 bei allen Triebzügen dieses Typs abgeschaltet. Allein in Nordostbayern betrifft dies 52 Fahrzeuge, vor allem auf den Strecken zwischen Hof, Bayreuth und Nürnberg sowie in der Oberpfalz. Verspätungen von bis zu zehn Minuten sind die Folge; in Einzelfällen auch deutlich mehr. In Nürnberg und Hof wackeln seitdem so manche Anschlüsse bedenklich.

Defektes Lager

Ursächlich für diese Fehlfunktion, so Domke, ist das Versagen eines speziellen Lagertyps im Linearantrieb, der für die Neigung zuständig ist. Dumm: Der Hersteller des Antriebs – ein in Hamburg ansässiger Zulieferer der Bahnindustrie – weiß nicht, in welchen Zügen dieser betreffende Lagertyp verbaut ist. Jeder Zug besitzt vier dieser Antriebe. „Wir müssen jetzt vor Ort selber die Antriebe ausbauen, auseinandernehmen, nachsehen, wo welches Lager verbaut ist“, sagte Domke. Das sei wegen des hohen deutschlandweiten Materialbedarfs nicht von heute auf morgen lösbar. Domke: „Da hängt ein ganzer Rattenschwanz dran.“ Ärgerlich, weil die Fahrgäste Verspätungen in Kauf nehmen müssen.

Die Lösung

„Allerdings haben wir für die wichtigsten Strecken und damit für die meisten Reisenden nun eine Lösung damit keine Verspätungen mehr entstehen“, so Domke. Ab dem 29. Februar 2016 werden die Fahrzeuge, bei denen sicher ist, dass der betreffende Lagertyp nicht verbaut ist, mit eingeschalteter Neigetechnik gebündelt und gezielt auf den Linien von Hof über Bayreuth in Richtung Nürnberg und von Nürnberg über Bayreuth nach Lichtenfels eingesetzt. Benötigt werden für diesen Umlauf 21 Fahrzeuge. Über Marktredwitz geht es vorerst ungeneigt weiter.

Öfters Ärger

Der aktuelle Ärger mit der Neigetechnik ist nicht der erste bei der Baureihe 612: Bereits im April 2015 versagte bei einigen Fahrzeugen ein ähnliches Bauteil. Nur dass sich damals der Wagen wieder aufrichtete und das Problem schnell auf eine bestimmte Bauserie eingegrenzt werden konnte, so dass sich das Ganze in Grenzen hielt.

Mehr Platz für Fahrräder

Gute Nachricht für Freizeitradler: Zu Beginn der neuen Fahrradsaison sollen alle neun Fahrzeuge der Baureihe 641 („Walfisch“) des Main-Saale-Express’ zwischen Bayreuth/Hof und Bamberg für die Mitnahme von bis zu zehn Fahrrädern umgebaut sein. Bis Ende September – dem Ende der Vollsperrung zwischen Bamberg und Lichtenfels – verkehren jedoch auf diese Verbindung vor allem 612er-Züge. Aber die haben ein ähnliches Fahrrad-Fassungsvermögen. Zwischen Lichtenfels und Bamberg werden ab Ende März Kleintransporter mit Fahrradmitnahmemöglichkeit eingesetzt.

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