Zu wenig Ansprechpartner für Schuldner?

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Das Konto permanent im Minus, die Kredite kaum mehr zu bedienen. Schnell kann einem die finanzielle Situation über den Kopf wachsen. Foto: Archiv/Jens Büttner/dpa Foto: red

Die Zahl der überschuldeten Menschen steigt. Doch gibt es genug Anlaufstellen für jene, die ihren finanziellen Pflichten nicht mehr nachkommen können?

 
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Denn längst nicht jeder bayerische Landkreis verfügt über eigene Beratungsstellen. Die Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas Bayreuth ist neben Stadt und Landkreis Bayreuth zugleich für den Landkreis Kulmbach und teils für Hof und Wunsiedel zuständig. Drei Berater teilen sich diese Aufgabe. Ein Mal in der Woche bieten sie eine einstündige Telefonsprechstunde an. Termine gibt es ansonsten nur nach Vorvereinbarung.

Langes Warten auf einen Termin

Dass die Nachfrage in Kulmbach in letzter Zeit tendenziell gestiegen ist, bestätigt Caritas-Berater Rainer Keller. Aber Keller ist bis Ende Dezember bereits ausgebucht. "Eine Wartezeit von vier Wochen plus x ist leider üblich", sagt der seit 1990 für die Caritas tätige Schuldner- und Insolvenzberater. Dabei handle es sich nur um die Zeit, die überschuldete Menschen für einen Ersttermin einrechnen müssen. In anderen Regionen im Bundesgebiet betrage die Wartedauer sogar vier bis zehn Monaten, sagt Keller. Mehr Geld wäre natürlich hilfreich. "Das ist allerdings schon seit Jahrzehnten ein Problem. Offenbar gibt es von Seiten der Politik noch immer keine Bereitschaft, daran etwas zu ändern."

SPD fordert flächendeckende Beratung

Einen Versuch unternahm Anfang Oktober die SPD im bayerischen Landtag. Auf ihre Anfrage bei Sozialministerium stellte sich heraus, dass in 18 Landkreisen und der kreisfreien Stadt Schweinfurt keine Anlaufstellen für Schuldner und von Privatinsolvenz bedrohte Menschen vorhanden sind. Fraktionschef Markus Rinderspacher fordert deshalb: "Wir brauchen endlich flächendeckend eine zuverlässige Beratung für überschuldete Personen."

Mit Häuserkauf übernommen

Wie der Landkreis Kulmbach wird der Kreis Forchheim von außerhalb, also von Bamberg, mitversorgt. Dabei ist die Zahl derer gestiegen, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Ein verschlechtertes Einkommen nach einer Trennung oder Arbeitslosigkeit gehört zu den häufigsten Ursachen für eine drohende Zahlungsunfähigkeit, weiß Berater Keller. Häufig würden sich Menschen bei Häuserfinanzierungen und anderen Krediten überfordern. Oft versuchten sie bis zuletzt, die finanziellen Löcher irgendwie zu stopfen. Dabei würden oftmals wieder neue aufgerissen. "In der Regel kommen die Leute viel zu spät zu uns."

Bis zur Pfändung und Räumungsklage

Statt eine vorausschauende Finanzplanung zu betreiben, verdrängten viele die zu hohe Zahl an Rechnungen, bis es nicht mehr gehe. Wenn Pfändungen und Räumungsklagen drohten, die Bank das Girokonto sperre und den Dispokredit zurückfordere. "Man macht es sich leicht oder ist überfordert", so die Erfahrung Kellers. Die Hemmschwelle zur Schuldnerberatung zu gehen, sei für die meisten sehr hoch. "Wir haben eine Schweigepflicht, aber für viele bedeutet das, sich persönliches Versagen eingestehen zu müssen."

Landratsamt sieht keine Nachteile

Während für die Schuldnerberatung die Kommunen zuständig sind, kümmert sich der Freistaat um die Insolvenzberatung. Nach Angaben des Landratsamts Kulmbach zahlt der Landkreis jährlich 17.600 Euro als Zuschuss an die Caritas. Für die Bürger entstünden keine Nachteile, heißt es aus der Fachabteilung Soziale Angelegenheiten. Sie könnten in Kulmbach anrufen und Beratungsgespräche vereinbaren. Die durchschnittliche Wartezeit beziffert die Caritas auf sieben bis acht Wochen.

Wenn Gläubiger leer ausgehen

Wie hoch der Beratungsbedarf tatsächlich ist, darüber führt die Caritas Statistik. In Kulmbach meldeten sich im Vorjahr 175 Menschen wegen zu hoher Schulden. Mehr als in Hof und Wunsiedel, aber weniger als in Bayreuth Stadt und Land. Zur Beratung gingen zudem mehr Männer als Frauen, die meisten in der Altersgruppe zwischen 30 und 50 Jahren. 247 Vermieter traten als Gläubiger auf. Wenn der Schuldner eine sogenannte Nullinsolvenz beantragt, bleiben sie in der Regel auf den Kosten sitzen. Sie können den Fehlbetrag allerdings von der Steuer absetzen, so Keller.

Sozialministerium arbeitet an Gesetzentwurf

Die SPD wirbt für eine Reform und eine Bündelung der Zuständigkeiten. Die staatliche Unterstützung für die 109 Insolvenzberatungsstellen in Bayern sei seit 2009 mit 4,2 Millionen Euro gleich geblieben. Das Sozialministerium gibt an, an einem Gesetzesentwurf zu arbeiten. Einen konkreten Zeitplan für die Umsetzung gebe es nicht. Würden die Kommunen die Verantwortung alleine übernehmen, kämen jährlich acht Millionen Euro Zusatzkosten auf den Freistaat zu.

Info:

Rainer Keller, Berater für Kulmbach Stadt und Landkreis sowie Hof (Insolvenzberatung), Telefon: 09 21/7 89 02 26 E-Mail: keller@caritas-bayreuth.de, Telefonsprechzeiten: Montag 16 bis 17 Uhr; Kulmbach, Bauergasse 3 und 5; Telefon: 0 92 21/9 57 40; Hof, Marienstraße 56, Telefon 0 92 81/1 40 17.

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