Zoff um Christoph 20

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Symbolfoto: Andreas Harbach Foto: red

Der Rettungshubschrauber Christoph 20, der seit mehr als drei Jahrzehnten in Bayreuth und der Region Leben rettet und Ärzte zu Verletzten oder Schwerkranken bringt, soll vertraglich auf eine neue Basis gestellt werden. Was im Hintergrund läuft, sorgt für Ärger unter den Notärzten, die zum Teil seit vielen Jahren zum fliegenden Team des Hubschraubers gehören.

 
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Rückblende: Bis Ende des vergangenen Jahres hatte die gemeinnützige ADAC Luftrettung einen Vertrag mit dem Leiter der Unfallchirurgie am Klinikum Bayreuth, Prof. Walter Wagner, der auch Leitender Hubschrauberarzt war. Wagner, der schon Ende 2016 als Arzt des Klinikums aus Altersgründen ausgeschieden war, sagt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass 35 Kliniken einen Kooperationsvertrag mit der ADAC Luftrettung hätten. Das sei auch für Bayreuth wieder beabsichtigt gewesen, aber nicht zustande gekommen. Schwerpunktmäßig lag die Besetzung des Hubschraubers bislang auch in den Händen der Chirurgen. Nach Informationen unserer Zeitung waren bislang neun Chirurgen, sieben Anästhesisten und zwei Internisten als Notärzte Bestandteil der dreiköpfigen Besatzung des Hubschraubers.

Elf der 18 Ärzte fliegen bis auf weiteres nicht mehr

Die aktuelle Situation sei alles andere als erfreulich, sagt Oliver Ponsel, Chefarzt der Allgemeinchirurgie am Klinikum, der selbst bislang weit mehr als 2000 Einsätze mit dem Rettungshubschrauber geflogen ist. Und mit Stand Donnerstagmittag ist auch klar: Elf der 18 Notärzte, die mit dem Hubschrauber geflogen sind, haben die zweiten Drei-Monats-Verträge, die sie seit Dezember bekommen haben, nicht unterzeichnet und werden ab dem 1. April auch bis auf weiteres nicht mit Christoph 20 zu Einsätzen fliegen. Hintergrund ist, sagt Ponsel im Gespräch mit unserer Zeitung, dass die Notärzte den Ärztlichen Leiter der ADAC Luftrettung "zwei Mal aufgefordert haben, mit offenem Visier Verhandlungen mit dem Leitenden Hubschrauberarzt aufzunehmen, neue Verträge auszuhandeln und neue Strukturen zu schaffen". Statt dessen, sagt Ponsel, habe die ADAC Luftrettung Verhandlungen "mit von uns nicht autorisierten Personen" aus der Anästhesie "aufgenommen, um die bisherigen Strukturen aufzubrechen". Am aktuellen Leitenden Hubschrauberarzt Christian Haag, der die Leitung von Walter Wagner übernommen hatte, vorbei. Es fehle an entsprechender Transparenz bei den Verhandlungen. Deshalb hätten die neun Chirurgen und zwei Internisten nach seinem Kenntnisstand die Verträge nicht unterzeichnet.

Klinikum wollte den von der Luftrettung vorgelegten Vertrag nicht

Die Klinikum Bayreuth GmbH hatte sich gegen einen Vertrag zwischen der Klinik und der ADAC Luftrettung ausgesprochen, wie Pressesprecher Frank Schmälzle auf Anfrage sagt. Das Klinikum trage einen Teil zum Erfolg des Rettungshubschraubers bei, indem das Krankenhaus "es qualifizierten Medizinern ermöglicht, Dienst in der Luftrettung als Nebentätigkeit zu tun". Die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür hätten sich geändert, was auch die vertragliche Neuordnung nötig gemacht habe. Schmälzle: "Eine Regelung, die Ärzte 18 Monate lang für die Luftrettung vorsieht, danach eine dreimonatige Pause einplant, um dieselben Ärzte wieder für 18 Monate zu bestellen, ist laut ADAC Luftrettung zulässig und entspricht den geänderten Rahmenbedingungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Wir möchten diese Regelung aber nicht mittragen." Sie trage, sagt Schmälzle, das Risiko, "als bewusstes Umgehen der gesetzlich gewünschten Vorgehensweise interpretiert zu werden und Probleme zu bereiten". Deshalb habe sich das Klinikum mit der ADAC Luftrettung jetzt "einvernehmlich auf ein Honorarmodell geeinigt".

ADAC Luftrettung will eine Doppelspitze

Das solle ähnlich wie in der Vergangenheit funktionieren: Die ADAC Luftrettung würde direkte vertragliche Beziehungen "mit den geeigneten und motivierten Ärzten schließen", die ADAC Luftrettung würde "einen zuständigen Rettungsflugarzt benennen", der die Dienstpläne erstellt und für den Personaleinsatz verantwortlich zeichne. Das Klinikum werde "den Ärzten diese Nebentätigkeit genehmigen. Kurzum: Nebentätigkeit statt Personalgestellung", sagt Schmälzle.

ADAC Luftrettung: "Völlig normaler Vorgang"

Von einem völlig normalen Vorgang aufgrund gesetzlicher Neuregelungen spricht Jochen Oesterle, der Pressesprecher der gemeinnützigen ADAC Luftrettung mit Sitz in München. Die Luftrettung hätte, sagt Oesterle, "lieber einen Klinikvertrag gehabt". Aber: Ein Teil der 37 ADAC Luftrettungs-Stationen laufe über Klinikverträge, ein Teil über Honorarverträge. Für die Übergangsfrist, in der die Verträge neu geregelt werden mussten, habe man den Ärzten Drei-Monats-Verträge angeboten. Oesterle sagt am Donnerstag, er habe gehört, dass elf der 18 Notärzte die Verträge nicht unterzeichnet hätten, „dass die Chirurgen geschlossen zurückgetreten sind. Das ist sehr schade, dass die Chirurgen aktuell nicht mehr an Bord sind, da wir fachübergreifenden Einsatz in der Crew sehr schätzen.“ Sorge, dass der Rettungshubschrauber aufgrund fehlender Ärzte am Boden bleiben müsse nach dem 1. April, müsse man nicht haben. Und: Man sei „immer bestrebt, eine gute Lösung für alle Beteiligten hinzubekommen“. Es sei Ziel der ADAC Luftrettung, ein Notarzt-Team für Christoph 20 zu haben, das von einer Doppelspitze – aus Chirurgen und Anästhesisten – geleitet. werde. „Wenn man eine paritätische Führung will, muss man auch mit beiden Abteilungen reden.“

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