Zickzack durch die Region

Von Michael Weiser

Eine Kultureinrichtung blickt zurück: Vor 19 Jahren gab es das erste Mal Oberfränkische Malertage. Anlass für ein Buch mit dem Titel "BUNTLANDbildschön. 20 Jahre Malertage". Es ist schön bunt.

 
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Das, um was es hier geht, kann man entfernt mit den Vorgängen vor gut 160, 170 Jahren in Barbizon vergleichen. Barbizon ist ein kleines Dorf, nahe am Wald von Fontainebleau und weit genug entfernt von Paris. Dort fielen seinerzeit Maler ein, um im lockeren Freundes- und Kollegenkreis, ganz ohne eine bestimmte ästhetische Ausrichtung, ihrer Kunst nachzugehen.

Das taten sie, und es war unerhört, draußen zu malen, nicht in den Ateliers. Und so, in der frischen Luft, entstanden schlichte Landschaftsbilder, nichts Komponiertes oder Idealisiertes, einfach die Umgebung und der Maler, in einem ganz intimen Moment nur aufeinander bezogen. „Schule von Barbizon“ nannte man das irgendwann und stellte fest, dass die Barbizonniers dem Impressionismus der Weg bereitet hätten.

Erinnerungswerk

Ob die Oberfränkischen Malertage (OMT) dereinst mit einem Ismus in Verbindung bringen wird und wenn ja, mit welchem, ist noch völlig ungewiss.

Sicher ist, dass wir es auch bei OMT mit einer lockeren Gruppe von Künstlern zu tun haben, die zu bestimmten Zeiten im Jahr vor allem im östlichen und nordöstlichen Oberfranken ihrer Passion nachgehen, fernab der ganz großen Städte. Seit 1998 tun sie das nun schon, 20 Auflagen der Malertage gingen in 19 Orten über die Bühne. Runden Geburtstag könnte man also nächstes Jahr feiern, doch sind 20 Auflagen ja auch irgendwie so etwas wie ein Jubiläum. Mitbegründerin Christel Gollner jedenfalls hat jetzt ein Buch herausgegeben, das ebenso Bildband wie Klassenbuch, Erinnerungswerk wie Reiseführer ist, ein Band, der neben vielen Bildern auch Ortsportraits versammelt, geschrieben von Godehard Schramm.

Hier gilt's dem Schönen

Die Kreativität der Künstler erhält einen klaren Fluchtpunkt gewiesen: „BUNTLANDbildschön“ heißt der topographisch gewagte Titel, der womöglich Assoziationsräume öffnen soll, es aber nicht tut. Was für ein Wurf, wenn das Buch einfach OMT geheißen hätte. Oder 20 Jahre Malertage. Oder meinetwegen auch „Stadt, Land, Fluss“.

Beschweren kann man sich nicht, die Bilder der vielen über die Jahre Beteiligten (mit einem sehr hohen Anteil von Christel Gollner selbst) sind bunt und zeigen schöne Ecken in Städten wie Creußen oder Forchheim oder Münchberg oder Bayreuth. Weil diese Schönheit aber  so plakativ auf dem Titel behauptet wird, neben einem stilisierten fränkischen Rechen, fragt man sich schon, ob bewusst nur Postkartenansichten ausgewählt wurden. Wo bleiben die schattigeren Ansichten von Oberfranken, die Ecken mit dem rauheren Charme?

Bruckner an der Orgel

Godehard Schramm wiederum ist der Flaneur, der seine Besuche der Malertage und seine Touren durch die OMT-Städte beschreibt. Das ist manchmal für Eingeweihte, manchmal geradezu poetisch, ab und an so versponnen, als seien bislang unbekannte Texte von Jean Paul eingewoben. Schramm scheut auch den gepflegten Kalauer nicht, beschreibt Lichtenfels zum Beispiel, den Ort der jüngsten Malertage, als „Hahn im Korb. Das steht der Deutschen Korb-Stadt auch zu: schließlich hat sie den Malern ja keinen Korb gegeben.“

Manchmal ist Schramm einfach ungenau. Natürlich wurde Cosima Wagner nicht 1709 geboren (wohl aber Wilhelmine). Und Anton Bruckner hat nicht, anlässlich des Todes von Richard Wagner“ in der Schlosskirche auf der Orgel gespielt, sondern erst beim Requiem für Franz Liszt. Bruckners Anwesenheit im winterlichen Bayreuth, da sein heiß verehrtes Idol Wagner gerade in Venedig verschied, hätte auch nur ein großes Missverständnis sein können.  

Der bunte Halbmond

Ist aber auch nicht so wichtig, es gilt immerhin 20 Etappen abzuschreiten, ohne das große Ganze aus dem Blick zu verlieren. Man sieht, dass die Malertage auf der Landkarte Nordbayerns einen Halbmond übers östliche Oberfranken gezogen haben. Von Weidenberg bis Lichtenfels zogen die Maler im Zickzack, Bamberg haben sie ausgespart.

Die Künstler blieben sich treu

Über all den Touren durch das Land haben sich die meisten nicht wirklich wegbewegt, sie blieben sich treu, haben ihre künstlerische Position gehalten und damit das Schöne im Blick. Vorteilhafter kann auch ein Tourismusmanager seinen Auftraggeber kaum ins Licht rücken. Ob dieses Buch das letzte Wort über die OMT sein wird? Abwarten: Bei Barbizon dauerte es ein halbes Jahrhundert, bis man sie als Impulsgeber begriff und ein Buch die lose Gruppe als „Schule“ fasste. Dieses Buch war dann aber auch von niemandem aus der Gruppe geschrieben.

Bilder