XXXLutz: Möbler wehrt sich gegen Vorwürfe

Von Thorsten Gütling
So sieht sie aus, die Filiale von XXXLutz in Nürnberg. Wann die Niederlassung in Bayreuth eröffnet wird, steht noch nicht fest. Foto: XXXLutz Foto: red

SPD und Grüne haben vor dem Möbler gewarnt. Allenvoran was den Umgang des Unternehmens mit seinen Mitarbeitern betrifft, steht der österreichische Möbelriese XXXLutz immer wieder in der Kritik. Der Stadtrat hat dem Möbler trotzdem ein Grundstück an der früheren Markgrafenkaserne angeboten. Ein Fehler, sagt die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Das Unternehmen hingegen verspricht, die Stadt werde profitieren.

 
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Dirk Nagel sagt, dass er Lutz sehr gut kenne. Nagel war lange Zeit Verdi- Bundesbetreuer für das Unternehmen und wurde immer dann gerufen, wenn es ärger gab. Und glaubt man Nagel, gab es viel Ärger. Heute ist er in der Landesfachbereichsleitung für Handel der Gewerkschaft tätig. Sein größter Vorwurf gegenüber Lutz: Man nutze eine rechtliche Grauzone aus, die in Deutschland auf keinen Fall üblich werden dürfe. Nagel sagt: „Das Geschäftsmodell ist widerlich.“

Struktur

Das Hauptproblem, sagt Nagel, sei die Struktur, die Lutz geschaffen habe. Möbelhäuser, Waren und Logistik seien durch rund 150 Gesellschaften von den Beschäftigten strikt getrennt. Zwischen den Gesellschaften gebe es Dienstleitungsverträge, die gegen einen gewissen Prozentsatz des Umsatzes zwar Personal zur Verfügung stellten, aber über keinerlei eigene Werte verfügten. Die Personalgesellschaften seien damit vom Rest des Unternehmens abhängig, sagt Nagel. Durch die Ansiedlung in Bayreuth kämen vier weitere Gesellschaften hinzu.

Stimmt nicht, sagt Volker Michels, ein Sprecher des Unternehmens. Das Haus in Bayreuth werden von einer einzigen Gesellschaft betrieben. Überhaupt habe das Unternehmen auf die Kritik der letzten Jahre reagiert und seine Firmenstruktur Mitte des Jahres stark vereinfacht. Pro Einrichtungshaus gebe es nur noch eine Gesellschaft, dazu kämen aber zwei weitere für Auslieferung und Montage der Waren. Und: „Alle Arbeitgebergesellschaften wurden mit Finanzgarantien ausgestattet.“

Grauzone

Nagel sagt, mit der Trennung des Unternehmens in viele verschiedene Gesellschaften, habe Lutz eine Lücke gefunden, die für alle anderen gefährlich werden könne und die man von Rechts wegen verbieten müsse.

Der Unternehmenssprecher entgegnet: „Es ist eine der gängigen strukturellen unternehmerischen Möglichkeiten in Deutschland und dient ausschließlich der Optimierung organisatorischer Abläufe.“

 

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Löhne

Nagel sagt, Lutz übe einen massiven Druck auf die Beschäftigten aus. Zwei Drittel ihres Gehaltes müssten die Mitarbeiter über Provisionen, Umsatzbeteiligungen und Renditen erwirtschaften. Mit der Folge, dass Beschäftigte Teile ihrer Freizeit im Betrieb verbrachten um die nötigen Umsätze zu erwirtschaften. Die Mitarbeiter würden außerdem nicht nach Tarif bezahlt.

Nur letzteres stimmt, sagt Michels. Die Mitarbeiter verdienten nämlich in allen Bereichen über dem Branchendurchschnitt. Es gebe ein Benefitprogramm, das neben einem zusätzlichen arbeitsfreien Tag zum Geburtstag wahlweise Krankenzusatz-, Unfallversicherung oder zusätzliche Altersvorsorge vorsehe. XXXL übernehme dafür die gesamten Beiträge. Ein „Notfallprogramm“ solle Mitarbeitern helfen, die Unglücksfälle erlitten haben.
 

Betriebsrat

Nagel sagt, Betriebsräte seien in den Möbelhäusern nicht gern gesehen. Es gebe sie nur dort, wo Lutz ein Möbelhaus samt bestehenden Betriebsrat übernommen habe. Bei Neugründungen, wie in Bayreuth, werde es keinen Betriebsrat geben.

Michels widerspricht. Es obliege der künftigen Belegschaft, sich zu organisieren und eine Vertretung zu gründen. „Sofern dies geschieht, werden wir mit einem Betriebsrat konstruktiv und vertrauensvoll zusammenarbeiten wie an anderen Standorten auch.“ In der Gruppe seien 32 Betriebsratsgremien mit weit über 300 Betriebsräten aktiv.

Arbeitsplätze

Nagel sagt: Es werden 300 bis 400 Arbeitsplätze versprochen, aber ausschließlich befristete. Und recht schnell wird die Zahl dann je nach Umsatz nach unten revidiert.“

Dazu Michels: „Erfahrungsgemäß werden bei der geplanten Hausgröße dauerhaft rund 200 Arbeitsplätze in den Bereichen Verkauf, Logistik und Gastronomie entstehen.“ Und längst nicht alle würden zeitlich befristet.

Effekte

„Ich bezweifel, dass Lutz der Stadt etwas bringt. Weder Arbeitsplätze, noch Kunden. Höchstens Verkehrsprobleme, weil zum Möbelladen ja jeder mit dem Auto fährt“, sagt der Gewerkschafter. Dazu komme die Gefahr, dass wegen Lutz Geschäfte in der Innenstadt schließen müssten.

Der Unternehmenssprecher sieht das ganz anders. Er verspricht Bayreuth Arbeits- und jungen Menschen Ausbildungsplätze. Dazu würden regionale Bau- und Handwerksfirmen bei der Auftragsvergabe bevorzugt. Und ja: Es sei völlig legitim, dass sich die innenstädtischen Händler Gedanken um ihre Umsätze machten. Ob das Unternehmen sich, wie vom Stadtrat gefordert, vorschreiben lasse, die Verkaufsfläche für innenstadtrelevantes Sortiment auf 2000 Quadratmeter zu begrenzen, müssten Gespräche mit der Stadt erst noch zeigen. Doch grundsätzlich berge die Ansiedlung eines großen Einrichtungshauses für die bestehenden Geschäfte weit mehr Chancen als Risiken. Michels sagt: „Ein großes Möbelhaus ist immer ein Kundenmagnet, der Frequenz für die ganze Region bringt. Wir erleben an vielen Standorten, dass von einer Ansiedlung oft auch die kleineren Möbelhäuser und Fachgeschäfte profitieren.“ Gewerbesteuer, verspricht der Unternehmenssprecher, werde Lutz selbstverständlich in Bayreuth zahlen.

Leerstand

Der Möbelmarkt boome wegen niedriger Zinsen für Kredite. Aber was, wenn die Blase einmal platzt, fragt der Gewerkschafter. Dann stehe ein riesiger Laden leer, der nur schwer wieder mit Leben gefüllt werden könne.

Michels sagt: „Ein von uns entwickelter Standort wurde noch nie geschlossen.“

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