Xavier Naidoo spielte Freitagabend vor 8000 Menschen auf dem Volksfestplatz Xavier Naidoo in Bayreuth: Der Weltverbesserer

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Mehr als 8000 Menschen begeisterte Xavier Naidoo am Freitagabend bei einem Open-Air-Konzert auf dem Volksfestplatz. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Frei sein. Frei, zu tun und zu sagen, was man will. Frei, der zu sein, der man ist. "Frei sein" heißt auch die Tour von Xavier Naidoo, einem der wohl populärsten deutschen Künstler unserer Zeit. Mit politischen Aussagen hielt er sich bei seinem Konzert auf dem Volksfestplatz in Bayreuth am Freitagabend indes zurück.

 
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Leichter Nieselregen und ein wolkenverhangener grauschwarzer Himmel empfängt die rund 8000 Menschen, die das Konzert hören wollten. Um das Gelände herum, beim Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium und auf einer kleinen Anhöhe warteten die Zaungäste auf Xavier Naidoo. Umsonst zuhören, aus der Ferne und auf Klappstühlen sitzend, das hat was.

Die Lauscher jenseits des Zauns sind auch zahlreich

Mit den Söhnen Mannheims in den Neunziger Jahren bekannt geworden, feiert Xavier Naidoo auch als Solokünstler große Erfolge, verkaufte bereits über fünf Millionen Tonträger. Auch seine Auftritte als Juror in der Sendung "The Voice of Germany" und seine eigene TV-Show "Sing my Song - Das Tauschkonzert" mit jeweils einem Millionenpublikum vergrößerten noch einmal seine Popularität.

Auch jenseits des Zauns hinter der Bühne versammeln sich Neugierige auf den Balkonen ihrer Wohnungen, um dem Konzert kostenlos zu lauschen. Den Part, das Open-Air-Publikum in die richtige Stimmung zu bringen, übernimmt Daniel Wirtz, der als "Wirtz" auftritt. Er macht gleich den Test: "Wer kennt mich?" Die Hände schnellen erst nach oben, als er auf die gemeinsame Sendung mit Naidoo in Südafrika anspielt.

Markenzeichen Mütze und Sonnenbrille

Als es dunkel ist, der leichte Regen sich immer noch im Licht der Scheinwerfer fängt, betritt der Soul-Sänger und R'n'B-Künstler pünktlich um 21 Uhr die Bühne. Perfekt gekleidet, mit Jeans und blauseidenem Blouson und natürlich mit Schirmmütze und Sonnenbrille, die der 43-Jährige wegen einer Augenerkrankung tragen muss.

Nach einer Cover-Version von "War isn't good for..." kommt Wirtz noch einmal auf die Bühne, um mit Naidoo den Song "Frei" anzustimmen. Wer will, soll dazu springen. Doch das Publikum ist noch etwas zurückhaltend. Und es wird gut zwei Stunden dauern, bis es dem Sänger gelingt, es aus der Reserve zu locken.

Das kriegt der Sänger mit der Musical-geschulten Stimme natürlich hin. Spätestens bei "Alles kann besser werden" ist das Eis gebrochen. Auch bei "Was wir allein nicht schaffen, das schaffen wir zusammen" ist der individuelle Mitsingfaktor hoch, wenngleich die Menge nicht wirklich zum Kanonsingen aufgelegt scheint. Naidoo kommt sympathisch rüber, macht den Bayreuthern Komplimente über ihre Stadt, in der er nun zum zweiten Mal auftrete. Er ist ein souveräner Entertainer, der mit fränkischem Einschlag ("Etzt wird's romandisch") den Song "Sie sieht mich einfach nicht" ankündigt. Für den Song "Danke" kommt Rapper Nico Suave mit auf die Bühne.

Nicht alles echter Soul

Dass er sich stilistisch auf musikalischer Ebene nicht weiterentwickelt, kann man Naidoo also wirklich nicht nachsagen. Von Reggae bis Dub Step reichen die verschiedensten musikalischen Einflüsse, aus denen der Künstler immer wieder Neues bastelt. Über sich selbst sagt er, was er mache sei "zwischen Volksmusik und R'n'B" angesiedelt, nicht alles sei "echter Soul". Trotzdem beherrscht Naidoo die Klaviatur der gefühlvollen, nachdenklichen, einprägsamen Songs wie kein anderer. Selbst wenn manches ins Gefühlige, Schwülstige abzutriften droht - in den allermeisten Fällen lässt man sich einfach gerne auf diese weichgespülte Grundstimmung ein. "Bitte hör' nicht auf zu träumen, von einer besseren Welt", ist so ein Lied, das man einfach nur schön finden will. Oder das vor Pathos nur so triefende "Bei meiner Seele". Und in dem Reigen von Naidoos erfolgreichsten Liedern fehlte selbstverständlich auch nicht "Dieser Weg", der Song, den Michael Mittermeier als "Wanderlied" verspottete.

Fünf Zugaben

Die allmählich aufgetauten Zusschauer forderten nach eineinhalb Stunden doch noch fünf Zugaben ein. Tanzten mit, hoben Leuchtstäbe in den Himmel und filmten und fotografierten mit ihren Smartphones um die Wette. Noch zwei Cover-Versionen von Andreas Gabalier und Christina Stürmer ließ Xavier Naidoo am Ende erklingen. Das vorletzte Lied war eines über sich selbst, warum er "betöre und zugleich verstöre".

Egal, wen der Kurier am Schluss befragte, ob Mädchen, Frauen, jüngere oder mittelalte Paare, ob aus Bayreuth, Erbendorf oder Altenkunstadt: Allen hat das Konzert sehr gut gefallen, die fantastische Stimme des Sängers gehe unter die Haut, seine Lieder berührten, ein tolles Live-Erlebnis eben, so der Tenor. Nur wenige hatten etwas zu mäkeln: der Klang vor der Bühne sei etwas übersteuert gewesen. Und leider habe "Wenn ein Lied meine Lippen verlässt" gefehlt.

Ja, warum verstört Xavier Naidoo? Weil er so herzzerreißende Liebeslieder singt und sich doch nicht allein auf die christlich, humane Botschaft in seinen Liedern reduzieren lässt. Weil er, selbst ein Mann mit südafrikanischen Wurzeln, Vorfahren in Indien und Irland, so sehr deutsch sein will, dass er sich jüngst mit seinem Antiamerikanismus in die Nähe von Rechtspopulisten begab. Und genau das alles ist einfach nicht unter einen Hut zu bringen.

Hier geht es zu einer Fotogalerie vom Konzert.

Und hier gibt es ein Video:

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