Hat der Miteigentümer eines Seniorenheims versucht, die weit fortgeschrittene Demenzerkrankung einer Bewohnerin auszunutzen? Der Gesellschafter des Heims hatte die Immobilie der Frau und ihres Ehemanns erworben – obwohl die Frau laut Gutachter nicht geschäftsfähig war. Der Miteigentümer und der Sohn der inzwischen verstorbenen Bewohnerin einigten sich nun vor dem Landgericht auf einen Vergleich, wonach der Kaufvertrag ungültig ist.
Die damals 80-Jährige sei zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen, „ihren freien Willen zu bilden“, hatte Klante sein Gutachten vor dem Landgericht zusammengefasst.
Zur Frage, ob die Frau eine gesetzliche Betreuung braucht, hatte sie Klante bereits im Februar 2016 untersucht. Dies geschah in dem Seniorenheim im Beisein des Leiters. Dieser habe berichtet, dass die Frau Hilfe und Unterstützung brauche, die Nahrungsaufnahme erfolge noch selbstständig. Sie hatte wegen diagnostizierter Demenz wenig später einen Betreuer erhalten.
Im Kaufvertrag finden sich keine Hinweise des Notars, ob und in welcher Weise von ihm die Geschäftsfähigkeit der Frau geprüft wurde. Dabei ist es dem Notar vor der Beurkundung von Rechtsgeschäften vorgeschrieben, zu prüfen, inwieweit sein Gegenüber tatsächlich geschäftsfähig, also geistig in der Lage ist, das bevorstehende Geschäft vollumfänglich zu erfassen.
Richter Jan Köhler zeigte sich in der Anhörung im Beweisverfahren offenbar wenig erstaunt über den Vorgang. „Wenn man weiß, wie es bei Notaren läuft“, meinte er. Er habe schon Leute hier gehabt, bei ihnen wisse er nicht, wie die Beurkundung beim Notar zustande gekommen sei. „Ich will nicht alle Notare über einen Kamm schweren“, sagte Köhler, „aber viele Notare schlampen bei ihren Pflichten.“
Der Rechtsanwalt des Klägers, also des Sohnes, Johannes W. Schlegel, schlug einen Vergleich vor, wonach der Kaufvertrag für ungültig erklärt werden soll. Der bereits an den Sohn überwiesenen Teil des Verkaufspreises, nämlich 100.000 Euro, sollten zurückgezahlt werden. Und: Der Sohn übernimmt die eigenen Anwaltskosten des zweieinhalb Jahre dauernden Verfahrens von 11.000 Euro.
Schlegel erinnerte daran, dass der Heimbetreiber nach eigenen Angaben weitere 50.000 Euro bar an die Frau in ihrem Zimmer im Heim übergeben haben will, doch die Angehörigen wissen nichts davon.
Die Anwältin der Gegenseite, Dorothea Großestreuer, stimmte dem Vergleich unter Gewährung einer Widerrufsfrist zu.