"Wolf lacht über den Elektrozaun"

Von Peter Engelbrecht
Norbert Böhmer (rechts) hat sich Herdenschutzhunde (hier mit Welpen) angeschafft, seitdem gibt es keine Angriffe mehr auf seine Rinder. Die SPD-Bundestagsabgeordneten Anette Kramme (Mitte) und Ute Vogt informierten sich über das Projekt. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Norbert Böhmer ist Rinderzüchter mit Leib und Seele. Um so mehr schmerzt ihn der Verlust von fünf neugeborenen Kälbern und eines Jungrindes auf der Weide. Er vermutet den Wolf hinter den mysteriösen nächtlichen Attacken, beweisen kann er es aber nicht. Seit er sich vier französische Pyrenäenberghunde zum Schutz seiner Weiderinder angeschafft hat, ist Ruhe.

 
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Böhmer betreibt einen Biobauernhof in Schrenkersberg 1 hoch über Plankenfels. Er züchtet Simmentalrinder, die Kühe und die Kälber leben draußen auf der Weide. Das Fleisch vermarktet er direkt auf dem Hof.

Die mysteriösen Attacken begannen im August 2009: Ein „großer Beutegreifer“ tötete ein neugeborene Kalb, es gab keine DNA-Probe des Angreifers. Vier weitere neugeborene Kälber sind inzwischen spurlos verschwunden.

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Und: Ein Jungrind lag im Herbst 2016 angefressen auf der Weide, musste getötet werden. Auch hier fand kein entsprechender DNA-Test statt. Eine staatliche Entschädigung habe es nicht gegeben. Die fließt nur, wenn es einen Wolfsnachweis gibt.

Massiver Kampf auf der Weide

Böhmer vermutet, dass Wölfe aus dem 45 Kilometer entfernten Truppenübungsplatz Grafenwöhr die Verursacher waren. „Ein Wolf lacht über den Elektrozaun“, kommentiert er voller Sarkasmus. Selbst einen 1,60 Meter hohen Zaun überspringt er oder gräbt sich unten durch.

Deshalb hat er sich vier Herdenschutzhunde angeschafft, die sich inzwischen mit neun Welpen vermehrt haben. Im Frühjahr wurden zwei der Hunde nachts auf der Weide verletzt, „es muss ein massiver Kampf stattgefunden haben“.

Die Ausbildung der Tiere zahlte das Bayerische Landesamt für Umwelt in Hof, das für das Thema Wölfe zuständig ist. Für die Umrüstung auf neue Weidezäune und den Kauf der Hunde investierte Böhmer nach eigenen Angaben insgesamt 25.000 Euro. Die Hunde vertragen sich mit Menschen, „aber sie versuchen mit Druck, den Feind von der Herde fernzuhalten.“

Kramme fordert Entschädigung

Anette Kramme, die Bayreuther SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin im Bundessozialministerium, informierte sich bei einem Besuch auf dem Bauernhof über die Wolfsproblematik. Mit dabei war die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ute Vogt aus Stuttgart.

„Es gibt ein Bekenntnis der Bundespolitik, dass Wölfe in Deutschland möglich sein müssen“, erklärt Kramme. Sie fordert einen Zuschuss für den Bau von Weideschutzzäunen und den Kauf von Herdenschutzhunden sowie die Begleichung der vollen Schäden durch das Reißen von Weidetieren durch Wölfe.

„Wir fühlen uns von der Politik alleingelassen“, sagt Gernot Pohl, Geschäftsführer des Vereins Deutscher Simmentalzüchter. Der Verein fordere nicht das Verbannen aller Wölfe aus Deutschland. Allerdings wünsche man sich ein pragmatisches Herangehen, dass der Wolf „wie ein Jagdtier bewirtschaftet werden soll“. Er ist streng geschützt.

Forstamtsleiter: Nicht alles dem Wolf zuschieben

Bürgermeister Harald Wich sind keine weiteren Schäden durch vermeintliche Wolfsangriffe bekannt. Es sei falsch, Wölfe aus dem Truppenübungsplatz „als Schuldige“ hinzustellen, sagt Ulrich Maushake, Leiter des Bundesforstamtes Grafenwöhr, auf Anfrage.

Auf dem militärischen Areal gibt es einen männlichen und einen weiblichen Wolf, Nachwuchs wurde bislang nicht gesichtet. Deutschland sei von Wölfen besiedelt, es streiften immer wieder Tiere durch einzelne Regionen. „Auf dem Übungsplatz gibt es für Wölfe genug zu fressen“, zeigt sich Maushake überzeugt.

Er warnt vor Pauschalurteilen: „Alles, was an gerissenen Tieren nicht geklärt ist, wird dem Wolf zugeschoben.“

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